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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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    Da wir kein Haus fanden, zogen mein Mann, Robbie Duff-Scott, und ich mit meiner halbwüchsigen Tochter, Kind Iseult genannt, und meinem kleinen Sohn Allie nach Venedig. Eine geräumige Villa war nicht mehr so dringend, daher wurde die Suche zeitweilig ausgesetzt. Meinen Traum von einem italienischen Garten lebte ich auf den acht Fenstersimsen unserer Wohnung aus, um die ich mich mit einigen kränklichen und inkontinenten Tauben stritt. Zum ersten Mal seit vier Jahren hatten wir ein eigenes Heim. Wir lebten beengt, aber glücklich. Robbie ist Maler großformatiger Gemälde und braucht viel Atelierraum. Und ich habe das Zeug zu einer
Obdachlosen mit zahllosen Plastiktüten, denn ich neige zum Horten. Die Kinder nahmen, wie gute Venezianer, für ihre Bedürfnisse die übrige Stadt in Besitz, aber unsere Wohnung war mit Möbeln und Krimskrams so vollgestellt, daß wir uns kaum bewegen konnten. Dinge, die ein dutzendmal verpackt und transportiert worden waren, wurden schließlich ausgepackt und gesichtet, und so tauchte auch das Heilige Römische Bauwerk in Umbrien wieder auf.
    Venedig erwies sich als idealer Ort, um unser schwindendes Familienvermögen durchzubringen. Wir requirierten einen Ecktisch im caffè Florian, wo wir dann ganze Nachmittage mit Blick über den Markusplatz saßen und beobachteten, wie Treibgut und haute couture Europas vorbeiflanierten. Als ich so viele unterschiedliche Gruppen bemüht sah, ihr Reisepensum zu absolvieren, mußte ich an mein Hab und Gut denken, das wie die Samen einer Pusteblume über Großbritannien und Italien verstreut war. Das Schlößchen in England aus meiner vorigen Ehe war verkauft, mein Teil der Inneneinrichtung verschwand in einem Schuppen in Norfolk langsam unter Vogelkot. Durch die gesprungenen und unbenutzten Kamine der Jagdhütte im äußersten Norden Schottlands (gekauft für einen Spottpreis und dann aufgegeben) ächzten noch immer Klagelieder. Ich liebte diese schottische Narretei, aber meine Familie mochte die Abgeschiedenheit nicht; und so lagerten wir angeknackste Eßservices, Manuskripte und Bücherkisten in den einsamen Zimmern und unter den Betten und in den Besenschränken von Freunden und Verwandten.
    Meine Leidenschaft für das Sammeln von Nippes hatte bei den Aylsham-Sales ihre Erfüllung gefunden, einer Auktion in East Anglia mit reicher Beutemöglichkeit für Hortende.
Jeden Montag stand ein solches Überangebot an Gegenständen so wenigen Bietenden gegenüber, daß ich Möbel und Kerschel für zahllose Zimmer erwarb. Bis ich ein palastartiges Haus haben würde, um alles unterzubringen, fühlte ich mich durch die Einrichtung dafür getröstet. Einer meiner engsten Freunde war ein ortsansässiger Spediteur, der die Lastwagenladungen mit dem Zeug nicht nur transportierte, sondern auch lagerte. Ein weiterer regelmäßiger Besucher dieser Auktionen war der Tenpenny Man , der jedes unverkaufte Stück für 10 Pence kaufte. Im Vergleich dazu bewegte ich mich in finanziellen Stratosphären, denn ich bot zwei Pfund für jedes Möbelstück, fünfzig Pence für alles andere.
    Jedesmal wenn ich von England nach Italien fuhr, nahm ich in meinen Koffern einiges davon mit. Über die Jahre schaffte ich es, einige hundert Dinge unterschiedlichster Größe zu transportieren, wobei sich allerdings an Möbeln nur Stühle und Klapptische in Schrankkoffer quetschen ließen. So kam es, daß ich in Italien in der Provinz Genua, nur fünfzig Bus-Minuten von der Küste entfernt, ein Haus voll mit Gegenständen, Papieren und Strandutensilien hatte. Der Vermieter hatte das alles weggesperrt und requiriert und drohte, mich vor Gericht zu bringen. Für ihn war Streit das reine Lebenselixier, und wie eine Figur in Bleak House nahm er die Aufregung des Gerichtssaals als Medizin gegen das Leben. Vier Jahre später wartete ich immer noch darauf, daß er Vernunft annehmen und mir meine Sachen zurückgeben würde.
    Weiter südlich, Richtung Toskana und näher an der Küste, lag »Raguggia« – eine schöne Ruine landeinwärts ohne nennenswerte sanitäre Anlagen und ohne jeden modernen Schnickschnack, aber mit einer wunderbaren Aussicht. Auch »Raguggia« war voller Bücher, Papiere, Leinzeug, Teppiche
und viel gekonnt geklebtem Porzellan. Zu einer Zeit, als Robbie und ich keine andere Wohnung hatten, war es unser erstes italienisches Liebesnest gewesen, und wir hatten die schweren Kastanienholzmöbel des Vermieters, unsere eigenen Koffer und das Spielzeug der Kinder über
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