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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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einige Wochen zuvor mit Robbie dort gewesen, um die letzten Papiere zu unterschreiben und die ausstehende Summe zu übergeben, und erst da erfaßten wir die riesige Lücke, die zwischen unserem Traumhaus, das wir beim ersten Mal gesehen hatten, und dessen Fertigstellung klaffte. Bis dahin hatte keiner von uns so recht bemerkt, wieviel tatsächlich fehlte. Jetzt pflegte Robbie seinen todkranken Vater in Schottland, und es war an mir, mit der Restaurierung der Villa zu beginnen. Ich sah keine Möglichkeit, eine Aufgabe dieser Größenordnung anzugehen, ohne dort irgendwie zu campieren. Das bedeutete, daß die Kinder auf ihre üblichen Sommerferien am Meer verzichten und mit mir campen mußten.
    Da ich einen beachtlichen Teil meines Lebens in Zügen zugebracht habe, sollte ich über das Streckennetz besser informiert sein, aber leider ist dem nicht so. Ein Freund versicherte mir, die nächste Station von unserem neuen Haus aus sei Cortona, also machten wir uns nach Cortona-Camucia auf. Ausflüge, die geplant sind, um den Kindern Spaß zu machen, sind meist zum Scheitern verurteilt, und dieser war keine Ausnahme. Unsere erste Enttäuschung war das Fehlen von Taxen, die zweite das Fehlen von Erfrischungen. Nach fast einer Stunde freundlichen Zuredens kam ein ramponierter Kombi den heißen, staubigen Hügel herunter auf uns zu ge
rattert. Wir hatten nur einen zweitägigen Ausflug geplant, aber unser Gepäck hätte für eine zweimonatige Safari gereicht. Unsere Kisten wurden ordnungsgemäß in ein sehr angenehmes Hotel im Zentrum von Cortona gebracht und unser Fahrer überredet, zu warten, bis wir zu Mittag gegessen hatten, um uns dann nach Città di Castello zu bringen.
    Auf einer Nebenstraße durch die Berge, die unser Fahrer nach eigenen Angaben gut kannte, fuhren wir Richtung Umbrien. Eine Stunde später, nachdem wir im Schneckentempo zahllose schwindelerregende Kurven genommen hatten, ließen wir unsere pappardella mit Kaninchen und Petersilie am Wegesrand, und nur zwei Stunden später standen wir tatsächlich vor der Tür des örtlichen geometra -Büros. Wir brauchten keine Schlüssel zu holen, es gab keine Türen. Wir hatten beschlossen, uns von dem Taxifahrer an der Villa absetzen zu lassen, und den geometra hatten wir gebeten, uns zwei Stunden später abzuholen, so daß wir dort etwas Zeit für uns haben würden.
    Ich hatte dem Kind Iseult von Marchesa Casatis ungedecktem venezianischem Palast erzählt, daß sie riesige Partys gegeben habe und eine schrille Avantgardistin in Sachen Mode gewesen sei, um die zwanzig Meter Dach, die in San Orsola fehlten, zu romantisieren, wie auch den klaffenden Spalt, wo die beiden Teile der Villa, einer aus dem achtzehnten, der andere aus dem neunzehnten Jahrhundert, nie ganz verbunden worden waren. Ich hatte Allie erzählt, er könne seinen eigenen Fußballplatz haben und dort nach Herzenslust spielen, ohne daß die alten Venezianerinnen ihn und seine Freunde fortschimpften. Die vierzig Minuten von Città di Castello nach San Orsola bestritt ich mit Überredung, dann Bestechung und schließlich Schweigen, und ich bedauerte zum
ersten Mal, mich auf dieses Abenteuer eingelassen zu haben.
    Bei unserer Ankunft war der Taxifahrer derjenige, den der Anblick der Familienruine am tiefsten erschütterte. Er setzte sich einige Minuten lang auf die Kühlerhaube seines Autos, schüttelte den Kopf und fluchte. Dann sagte er, er brächte uns lieber kostenlos in die Sicherheit Cortonas zurück, als uns in einem derart verlassenen Gemäuer zurückzulassen. Die erste Reaktion des Kindes auf das Haus war Enttäuschung. Sie war die wahrhaft palastartigen Ausmaße venezianischer Gebäude gewohnt und beschuldigte mich, die Villa riesig genannt zu haben, was sie aber, wie sie sagte, nicht sei. Allie hingegen fand das ganze Haus hinreißend, hatte gar nichts daran auszusetzen und nahm es auf sich, seine große Schwester herumzuführen und sie auf die Möglichkeiten des Hauses hinzuweisen. Im dritten Stock fanden sie einen Karton mit sechs neugeborenen Kätzchen. Dann veranstaltete Allie draußen ein Rennen, fiel über die Kante eines terrassierten Feldes und landete auf dem Kopf.
    In der letzten halben Stunde unserer Besichtigung zeigte ich Iseult die Schuttberge, die eines Tages unser Garten sein würden. Ich zeigte ihr, wo der kunstvoll angelegte Blumengarten sein würde und Pergolen, ein Rosengarten, eine Glyzinienallee, Lilienteiche, Zierbüsche. Sie lauschte mit der freundlichen, nachsichtigen
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