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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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Miene einer Irrenärztin. Obwohl sie meine Gartenpläne ganz offensichtlich für unerreichbaren Quatsch hielt, hatte ihr der Gang um das Haus einen Eindruck von dessen tatsächlicher Größe vermittelt, und langsam begann sie sich auf die Aussicht, daß sie wieder in einem großen Haus wohnen würde, zu freuen. Mit Ausnahme der letzten vier Jahre hatte ich mit ihr immer in geräumigen Häu
sern gelebt, und sie sehnte sich häufig nach mehr Platz. Auf diese früheren großen Häuser waren Überseekoffer und Züge gefolgt, und häufig hausten wir in, wie sie fand, schmuddeligen (wie ich fand, malerischen) Pensionen. Hier bot sich die Chance, sich auszubreiten, Freunde einzuladen und ihre Stereoanlage so weit aufzudrehen, wie sie wollte.
    Um fünf Uhr sollte der anstrengende Teil des Tages vorüber sein. Der geometra holte uns wie geplant ab, brachte uns nach Città di Castello und spendierte uns Eiscreme. Wir saßen am Eckfenster eines caffè , das über den Platz auf einen Taxihalteplatz blickte. Der geometra hatte einen Termin (das haben geometra immer, da sie wie Hamster im Rad leben), aber er würde uns gern irgendwo absetzen, falls das nötig sein sollte. Wir waren zufrieden mit unserem Eis und fühlten uns angesichts der wartenden Taxen sicher, daher trennten wir uns.
    Binnen Minuten begann es zu regnen. Ein großer grauer Vorhang senkte sich unvermittelt über den Nachmittag. Der Platz leerte sich wie nach einer Bombendrohung, und rund um uns wurde es sehr kühl. Die beiden brummenden Taxen waren verschwunden, und obwohl wir ewig warteten, kehrten sie nicht zurück. Wir durchkämmten das Telefonbuch nach Taxinummern und sprachen mit zahlreichen Ehefrauen und Schwestern. In Città di Castello gab es nur zwei Taxen, das eine war nach Rom gefahren, das andere zu einer Hochzeit in die Nähe von Florenz. Keines würde an diesem Abend zurückkommen. Der Fahrer aus Cortona, wirklich unser allerletzter Notnagel mit seiner selbstauferlegten Geschwindigkeitsbegrenzung von acht Kilometern pro Stunde, war fort. Es sah ganz so aus, als seien alle fort und amüsierten sich woanders.
    Wir wollten uns die Laune nicht verderben lassen und be
stellten einen Berg Eclairs und noch mehr Eis. Die Kellnerin brachte uns alles mit vollendeter Anmut an den Tisch und bat uns dann, es schnell aufzuessen, da sie gleich schließe. Wir erkannten, daß wir uns in das Unabwendbare fügen mußten, gaben die Idee auf, nach Cortona zurückzukommen, zogen los, um ein Hotel zu suchen und aus dem restlichen Abend das Beste zu machen. Sowohl Iseult als auch Allie war übel. Eine nichtrepräsentative Umfrage ergab, daß 70 Prozent der Bevölkerung glaubten, daß es kein Hotel in der Stadt gab, mindestens die Hälfte davon aber wußte, daß es einmal eines gegeben hatte. Sie konnten auch den Weg zu den stehengebliebenen Grundmauern beschreiben. Weitere 10 Prozent konnten den Weg zu einer pensione beschreiben, die über den Winter geschlossen hatte und erst im Juni wieder öffnen würde. Weitere 10 Prozent schienen die Frage als solche belästigend und unsittlich zu finden und wichen jeder Antwort aus, allerdings nicht ohne darauf hinzuweisen, daß Allie sich erkälten würde. Dann waren da noch die unvermeidlichen Männer, die ihren Kurs in passenden Balzgesten und Posen absolviert hatten (oder auch nicht) und die von einem Hotel im engeren Sinne nichts wußten, aber mit dem allergrößten Vergnügen ihre Büros wieder aufschließen und dort so unterhaltsam sein würden, wie nur sie es könnten. Schließlich gab es eine Handvoll Leute, die von einem gewissen Hotel America sprachen, als handele es sich um einen entlegenen Kontinent jenseits der klammen Geborgenheit der mittelalterlichen Stadtmauer. Letztere teilten sich in diejenigen, die uns in Richtung Kathedrale und Park schickten, und solche, die uns in die entgegengesetzte Richtung schickten, die hügelige Hauptstraße hinunter, vorbei an allen geschlossenen Geschäften und Bars.
    An diesem Abend, als wir auf dem Pflaster von Città di Castello entlangtrotteten, kam uns als Alternative dazu die Villa Orsola zum ersten Mal wie ein Zuhause vor. Mit fortschreitendem Abend waren die Temperaturen drastisch gesunken, und es regnete nicht mehr, es goß. Wir waren im warmen Sonnenschein zu einem Nachmittagsausflug aufgebrochen und hatten keine Mäntel dabei, ich trug Strohsandalen. Als wir diese uralten Straßen zwischen geschlossenen Fenstern auf und ab patschten, sehnten wir uns nach der Wärme eines
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