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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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Kaminfeuers und nach einem Ort, wo wir uns setzen könnten. Alle drei wünschten wir uns, daß wir in der Villa Orsola, die immerhin uns gehörte, geblieben wären und dort campiert hätten, statt bei Dunkelheit unser Glück in einem Städtchen versuchen zu müssen, dessen Schönheit kein Trost war.
    In jener Nacht schliefen wir schlecht, wir teilten ein klammes Bett in einem Vorort. Dann holten wir unser Gepäck aus dem Hotel in Cortona, kehrten nach Venedig zurück und planten einen neuen Feldzug, zu dem gehörte, daß wir die Villa besetzen und so lange dort bleiben würden, bis sie bewohnbar wäre. Wir beschlossen, so bald als möglich zurückzufahren, ausgerüstet mit soviel überlebensnotwendigen Dingen, wie wir tragen konnten (ich fahre nicht Auto), und unser Lager im ersten Stock aufzuschlagen, dort, wo eines Tages die große Küche sein würde. Allie sollte zwei Wochen später mit den beiden irischen Au-pair-Mädchen nachkommen, da die Villa dann fließendes Wasser, eine Toilette und etwas sicherere Böden haben würde, jedenfalls im ersten Stock.
    Die beiden irischen Au-pairs hatten ein mehr als schmeichelhaftes Foto der Honigseite der Villa gesehen, aber keine der beiden wußte, in welch betrüblichem Zustand sie sich tatsächlich befand. Ich hatte nicht gewagt, es ihnen zu sagen,
aus Angst, sie könnten fliehen. Ich hatte sie warnend darauf hingewiesen, daß immens viel Bauarbeiten nötig sein würden, vermutete allerdings, daß das Wort »immens« die vor uns liegende Aufgabe nicht zutreffend beschrieb.

3. Kapitel
    W ir packten unsere Koffer mindestens ein dutzendmal um. Wir hatten zwei Schaumgummi-Strandmatten, ein Kofferradio und eine Decke, das beanspruchte den meisten Platz. Zweimal vollzog ich das vertraute Ritual, aus unserem Gepäck Teile von Iseults Garderobe sowie zahllose Flaschen, die aus dem Badezimmerschrank stammten, zu entfernen und sie durch Teller, Tassen, Mäntel und Werkzeug zu ersetzen. Zweimal war einmal zu wenig. Als unser Taxi schließlich auf das Trümmergrundstück der Villa Orsola einbog, nachdem es die Bergstraße vom vermeintlich nahen Arezzo mit einer Geschwindigkeit von fünf Stundenkilometern zurückgelegt hatte, war mir zu speiübel, um irgend etwas zu überprüfen. Der Taxifahrer fuhr wieder fort, um viel Geld, aber auch einige Sorgen reicher. Es war ein warmer, sonniger Nachmittag, auf der gemähten Wiese vor dem Haus blühten Löwenzahn und Ehrenpreis. Als wir auspackten, kamen immer mehr Kleider, Schuhe, Stiefel und Gesichtsmasken meiner Tochter zum Vorschein.
    Ich hatte gedacht, ich sei gegen die Wechselfälle des Lebens gewappnet nach Umbrien gekommen, als ich uns von Feueranzünder über Zeltbodenplanen, Thermodecken, Taschenlampen bis zu Dutzenden von nützlichen Kleinigkeiten mit allem bewaffnet hatte, womit ich uns die ersten Tage und Wochen des Campings in unserem Landhaus erträglich machen wollte. Aber das Kind Iseult war unschlagbar unpraktisch, sie lebte völlig rücksichtslos der Welt ihrer Phantasie
sowie der Pflege ihrer bereits beträchtlichen Schönheit. Sie war von Natur neugierig und vertrauensselig, was sie überaus gesellig machte. Das rutschte aber rasch in Leichtgläubigkeit ab, sobald es in irgendeiner Weise um ihren Teint, ihre Figur oder ihre Kleidung ging. Niemals verwarf sie eine Substanz als zu dubios für Haar oder Haut, wenn nur eine Zeitschrift oder Freundin deren Anwendung empfohlen hatte.
    Wo also die übliche Gesichtsmaske in einem kleinen Tütchen angeboten wird, das problemlos in der Seitentasche eines Koffers Platz findet, bestanden die Gesichtspackungen des Kindes aus einer Sammlung Tiegel voller Schleim und Matsch in den unterschiedlichsten Stadien: Verrührtes aus Lebensmitteln, Lehm und Kräutern, das sein Verfallsdatum so weit überschritten hatte, daß Anfänge eines Biotops erkennbar waren. In Venezuela, wo sie zur Welt gekommen war und die ersten, prägenden Jahre verbracht hatte, ist es üblich, auf jedem Fensterbrett und unter jedem Möbelstück Schüsseln mit modernder Einweichlauge stehen zu lassen. Ob diese Sucht nach Fermentierungsprozessen nun zum Nationalcharakter gehört oder nicht, ich habe jedenfalls fast zwei Jahrzehnte damit gelebt, ohne mich auch nur im geringsten dafür erwärmen zu können. Als ich in Umbrien auf dem gefliesten Küchenboden um den offenen Kamin unsere Taschen auspackte, waren es besonders diese Töpfe voller Pampe, die mich rasend machten. Es fehlte fast alles, was ich als für unser
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