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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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doppelt traurig schien.
    Wir aßen Nudeln, die über dem offenen Feuer gekocht waren. Unsere einzige Flasche stilles Wasser war durch einen flauschigen Hausmantel ersetzt worden, so daß wir unser Sprudelwasser nahmen und Sprudelnudeln aßen, die Iseult loyal als wohlschmeckend lobte. Als ich den heißen Sprudel in den Spülstein abgoß, stellten wir fest, daß er nicht nur keinen Wasseranschluß hatte, sondern nicht einmal einen Abfluß primitivster Art, und ein dicker, dampfender Kleister floß über den Küchenboden. Er bewegte sich auf uns und unsere Strandmatteninsel zu und drohte, uns die gute Laune zu verderben.
    Wir fütterten das Feuer mit den langen Eichenästen und zogen uns in unsere Betten zurück. Gegen die heranrückende Pastapaste ließ sich nichts tun, in unserer verbarrikadierten Küche war nichts zu tun. In der Dämmerung ringsum wurden Nachtgeräusche laut. Eine Schleiereule hatte unmittelbar neben unseren offenen Fenstern offenbar sowohl Partner als auch Verstand verloren. Auf den Hügeln und im Tal jaulten und kläfften Hunde und tauschten halb-hysterische Grüße unter Artgenossen aus, während ein Grillenchor beharr
lich gegen die Stille vorging. Bäume stöhnten, Balken ächzten, Füchse keckerten, halbvermoderte Fensterläden knallten, und unsere Phantasie ging mit uns durch. Im Feuer- und Kerzenschein vervielfachten sich die Geräusche, bis die einzig mögliche Rettung der Schlaf schien.
    Unsere Matratzen, die am Strand von Venedig so komfortabel waren, wirkten lächerlich dünn, als sie auf dem nackten Stein lagen, aber wir schliefen dennoch und erwachten beide frierend und verrenkt nach einer, wie uns schien, langen, harten Nacht, nur um festzustellen, daß es halb elf war und die Nacht noch gar nicht begonnen hatte. Jedesmal wenn die Eichenäste ausbrannten, erstarb das Feuer zu einem Häufchen Holzkohle. Wir spielten Karten und knallten die neapolitanischen Bilder mit aller uns zur Verfügung stehenden Kraft auf, in der Hoffnung, damit die unheimlichen Geräusche um uns zu exorzieren und die Stechmücken in Schach zu halten.
    Als das Kartenspiel langweilig wurde, redeten wir und tranken Sprudeltee. Wir erzählten uns, wie hübsch die Loggia am Morgen aussehen würde, denn ihre hohen Steinsäulen waren terrakottaverziert und von einem Glyzinienspalier umrankt. Dort würden wir frühstücken und über die Löcher hinwegsehen, die bis in den Keller gingen, wir würden die heilen Stellen im Fußboden finden und uns an einige der vielen hundert Aufgaben machen, die inzwischen auf unseren Listen standen. Für die L-förmige Loggia hatten wir:
     
     1.
Sprungfedern, Fahrräder, Autoteile usw. wegtragen, auf einen Haufen schichten.
 2.
Glasscherben aufsammeln.
 3.
Alles Holz, Stühle, Butterfässer usw. sammeln und verbrennen.
 4.
Unsichere Stellen im Fußboden mit Bojen markieren, wie Lagune.
 5.
Spinnweben entfernen, fegen.
 6.
Skorpione töten.
 7.
Töpfe oder Dosen suchen und Farn sammeln.
 6.
Tisch und Stühle zimmern.
 7.
Schön machen.
 8.
Hängematten finden und aufhängen.
 9.
Fußboden ausbessern, unterlegen, neu verlegen usw.
10.
Licht.
11.
Ein paar Statuen, Mauern, Brunnen usw.
     
    »Undsoweiter« war unser liebstes Wort, damit konnten wir durch die Villa streifen und sie in unserer Phantasie restaurieren. Die Listen wurden länger, der Holzstapel kleiner. Wir schliefen in Abschnitten, die von unserem schwindenden Feuer bestimmt wurden. Bald waren wir sehr müde und froren. Der gefräßige Kamin wollte offenbar keine Schößlinge, er verlangte nach Baumstämmen. Sobald das Anmachholz verbrannt war, wärmte er kaum noch.
    Keine von uns brachte den Mut auf, sich vor die verbarrikadierte Tür zu wagen, um unser Holz vom Stapel draußen aufzufüllen. Die disharmonische Symphonie aus Geräuschen und Schreien hielt die Nacht über an. Wir wickelten uns in Iseults beste Kleider und warteten auf den Morgen. Die Sonne ging um sechs auf, kletterte mit blassem Schein über die Hügel und brachte in den Wäldern die Blüten der wilden Kirschbäume zum Leuchten.
    Als wir Zweige von den Ginsterbüschen pflückten, die rund um das Haus wuchsen – der süße Duft der ersten Blüten hing in der Morgenluft –, schwanden die Ängste der Nacht
und wirkten absurd. Wir machten wieder Feuer und wärmten uns, während die Berge trockner Ginsterzweige mit zahllosen Funken in den Kamin aufstiegen, wie primitive Wunderkerzen. Schwalben flogen mit Lehm und Flaum für ihre Nester um
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