Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
Vom Netzwerk:
Orsola. Das Leben ist komisch. Wo fängt man bei so etwas an«, sagte er und wedelte mit der Kippe über seinem Kopf. »Und wieso sprechen Sie Italienisch, wenn Sie gerade erst angekommen sind?«
    Ich erklärte, daß wir in Venedig und Siena gewohnt hatten. Einer langen Tradition folgend, überging er die Erwähnung von Siena völlig und sagte zu mir und seinen Kollegen: » Venezia é bella , aber nirgends ist es so schön wie in San Orsola.« Dieser Gedanke schien ihn ausgesprochen zu ernüchtern, und er schüttelte seinen Tagtraum ab, indem er Iseult spielerisch in den Magen boxte. Dann unterzog er die Ecken des Raums einer letzten, flüchtigen Überprüfung, vermutlich nach Hinweisen auf meinen Ehemann, und fragte lauernd: »Und Ihr Ehemann?«
    »Er ist noch nicht da. Er kommt später.«
    Imolo lächelte empörend vielsagend, als bewiese Robbies Abwesenheit die Absurdität meiner Geschichte, und ging.

4. Kapitel
    S obald sie fort waren, fegten, riefen, sowie Staubwolken und Bauschutt aus den Fenstern des obersten Stockwerks kippten, machten das Kind Iseult und ich uns auf den Weg hinunter ins Dorf. Wir folgten dem staubigen Weg mit seinen Kurven und Biegungen zwischen Gräben voller Schilfrohr, das nistende Vögel zu Flaum gemacht hatten. Auf beiden Seiten bereitete man die Felder für die Tabakpflanzen vor. Berge von Schweinemist wurden in die Furchen gepflügt. Obwohl wir eigentlich nur unterwegs waren, um uns zu waschen, zu frühstücken und Vorräte einzukaufen, betrachtete das Kind diesen Ausflug als Debüt ihres, wie sie hoffte, angeregten gesellschaftlichen Lebens. Trotz der Morgensonne, die alle Spuren von Kälte der vergangenen Nacht vertrieben hatte, machte sie sich in voller Montur auf den Weg, einschließlich des grünen Samtcapes. Lange bevor wir den anderthalb Kilometer langen Weg mit seinen scharfkantigen Steinen zurückgelegt hatten, waren ihre hochhackigen Satinschuhe zerfetzt.
    Was wir für eine kleine Bar am Ende unserer Straße gehalten hatten, war geschlossen und verrammelt. Wir saßen einen Augenblick lang im Schatten eines Walnußbaums in einem Graben voller Schachtelhalm und halbverbrannten Mülls und rangen darum, unsere Enttäuschung zu überwinden. Ein neugieriger Traktorfahrer unterbrach seine Arbeit, fuhr seinen Traktor praktisch vor unsere Füße und fragte, wer wir seien und ob er uns helfen könne. Die wettergegerb
te Haut des Bauern spannte über seinen hellen etruskischen Gesichtszügen, das rötlichblonde Haar war sorgfältig zu einem Pilzkopf geschnitten.
    »Wir suchen eine Bar.«
    »Kein Problem«, sagte er, und deutete auf eine Steinhütte, die hinter uns am Berghang klebte. »Rufen Sie nach Regina, und Sie werden bedient. Ich würde Sie begleiten, aber ich arbeite. Ich komme später nach, wenn Sie möchten.«
    Regina reagierte auf unser Rufen, als seien wir schon lange Kunden ihrer getarnten Wirtschaft. Sie tauchte aus einem dunklen Weinkeller im Erdgeschoß auf und murmelte etwas zu einem Huhn, das sie mit der linken Hand an den Füßen hielt. Als wir cappuccino bestellten, guckte sie kurz etwas verdutzt. Nach wenigen Sekunden Nachdenkens knallte sie das Huhn beiläufig gegen eine Benzinpumpe neben uns, klemmte es sich unter den Arm, um die Zuckungen seines Todeskampfes zu beenden, und ging dann die Stufen zum ersten Stock hinauf. Zehn Minuten später war sie mit einem Emailtablett, zwei Tassen cappuccino und einem großen Schlüsselbund wieder da.
    Die Bar selbst war ein kleiner dunkler Raum mit Terrazzoboden und einer großen Theke. Vier Tische mit Stühlen standen recht verloren drumherum. Hinter der Theke und einem Spülstein waren Pfirsichsaft-Fläschchen zu Pyramiden aufgebaut. An beiden Enden der Theke hingen auf Spießen Pistazien und Melonenkerne in Zellophantüten. Ansonsten bestand die Bar aus einer Sammlung großer, unetikettierter Flaschen mit trübem gelbem und schwarzem Wein und mehreren Kisten Orangenlimonade.
    Regina setzte sich zu uns, während wir unseren lauwarmen Kaffee tranken, froh, wie sie sagte, über die Pause. Ihre
aufgerollten Ärmel enthüllten erstaunlich gut ausgebildete Bizepse. Ihre Finger trommelten ungeduldig auf der Resopaltischplatte. Sie war ermutigend freundlich, erklärte uns die Geographie des Dorfes, fragte wenig und gab uns nicht nur Informationen, sondern auch Geschenke, frische Eier und ein belegtes Brötchen mit Mortadella, für das sie extra fortging, um es für Iseult zu kaufen. Sie ergänzte die Geographie durch etwas
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher