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Ein Hauch von Seide - Roman

Ein Hauch von Seide - Roman

Titel: Ein Hauch von Seide - Roman
Autoren: Penny Jordan
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Familie. Wie leicht und entspannt die Worte Oliver über die Lippen kamen, und wie richtig sie aus seinem Mund klangen. Die Familie, ihre Familie, ihre gemeinsame Familie. Sie liebte sie natürlich, aber die wahre Familie ihres Herzens waren sie drei: Oliver und Olivia und sie.
    Die Krankenschwester war hereingekommen und hatte, da Jay jetzt außer Gefahr war, darauf bestanden, dass Amber ins Wartezimmer ging und die Mahlzeit zu sich nahm, die die Schwester für sie dorthin hatte bringen lassen.
    »Es hat keinen Sinn, dass Sie auch noch krank werden«, hatte sie erklärt, »besonders nicht, da Mr Fulshawe jetzt das Schlimmste überstanden hat.«
    Über diese Worte musste Amber immer noch lächeln – »… da Mr Fulshawe das Schlimmste überstanden hat« –, als sie die Tür zum Wartezimmer öffnete und ihr zufriedenes Lächeln sich in eine Miene des Unglaubens und der Freude verwandelte, als sie sah, was oder, genauer gesagt, wer dort auf sie wartete.
    »Rose. Oh, Rose. Mein liebstes, liebes Mädchen.«
    Von ihren Gefühlen überwältigt hielt Amber sich nicht zurück, sondern umarmte Rose, so fest sie konnte, und ihre Tränen benetzten Roses Gesicht.
    Der vertraute Mandel-und-Rosen-Duft ihrer Tante, ihre Wärme und vor allem die Gefühle, die sie verströmte, versetzten Rose augenblicklich zurück in eine Zeit, da ihre Welt keine größere Freude gekannt hatte, als von den Armen ihrer Tante gehalten zu werden. Wie naiv sie damals gewesen war.
    »Der Arzt hat gesagt, dass Jay wieder auf die Beine kommt«, war alles, was sie herausbrachte, als Amber sie schließlich losließ.
    »Ja. Gott sei Dank. Oh, Rose, du weißt ja nicht, wie viel es mir bedeutet, dass du hier bist.«
    »Emerald meinte, eine von uns sollte hierbleiben, obwohl ich weiß, dass es dir lieber wäre, wenn Emerald hier wäre. Schließlich ist sie deine Tochter.«
    Rose hatte diese Worte kühl, teilnahmslos, ruhig sagen wollen, um zwischen Vergangenheit und Gegenwart eine deutliche Demarkationslinie zu ziehen, doch sehr zu ihrem Verdruss klangen sie eher wie der eifersüchtige, vorwurfsvolle Ausbruch eines kleinen Kindes.
    Amber sah ihre Nichte an, ihr Herz sehnte sich schmerzlich nach der Beziehung, die sie einst gehabt hatten, bevor Rose sich zurückgezogen hatte. Sie verabscheute emotionale Erpressung, und doch konnte Amber nicht anders, als wahrheitsgemäß zu sagen: »Ja, Emerald ist mein Kind, meine leibliche Tochter, Rose, und ich liebe sie so, wie ich euch alle liebe, aber du bist und warst immer die Tochter meines Herzens, und als solche bist du für mich etwas ganz Besonderes.«
    Das war mehr, als Rose ertragen konnte.
    »Wenn das stimmt, warum hast du mir dann nie gesagt, dass John mein Halbbruder sein könnte?«
    Ambers Herz pochte so wild, dass es ihr vorkam, als müsste es schier zerreißen. Sie sank auf einen Stuhl und fuhr sich mit der Hand an die Brust. Das alles, diese schreckliche Zeit und ihre schrecklichen Konsequenzen, schien so lange her zu sein. Sie sprach nie darüber, nicht einmal mit Jay.
    »Ellas und Janeys Tante Cassandra hat es mir erzählt, falls du dich fragst, woher ich es weiß«, fuhr Rose fort. »Sie hat mitbekommen, dass ich mich ein wenig in John verliebt hatte, und natürlich wollte sie sichergehen, dass ich mich nicht für etwas Besseres halte. Nicht dass sie sich darum hätte Sorgen machen müssen. Ich war es ganz zufrieden, aus der Ferne für John zu schwärmen. Ich wusste, dass ich mit meinem Hintergrund einem Lord Fitton niemals etwas bedeuten könnte.«
    »Oh, Rose …«
    Als sie den Schmerz und die Bitterkeit in Roses Stimme hörte, verflogen Ambers Ängste, ihr Herz schlug wieder regelmäßig und ruhig, und das Einzige, was sie wollte, war, die Hand nach ihrer Nichte auszustrecken. Das war natürlich Cassandras Rache für das, was vor langer Zeit geschehen war. Die Zerstörung eines sehr kostbaren Bands, ein Leben voller Schmerz für ein unschuldiges Opfer, und für Cassandra selbst die Befriedigung, die Schläge ausgeteilt zu haben.
    »Cassandra hat mir erzählt, dass ihr alle gehofft habt, ich würde nicht überleben, dass es für alle besser gewesen wäre, wenn ich gestorben wäre.«
    »Rose, das ist nicht wahr.«
    »Dass mein Vater mich gehasst und sich gewünscht hat, ich wäre nie geboren worden.«
    Mitleid und Liebe schnürten Amber die Kehle zu. »Komm und setz dich. Bitte«, flehte sie.
    Rose gab klein bei und setzte sich auf einen Stuhl.
    »Die ganze Situation ist sehr kompliziert, Rose.
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