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Ein Hauch Vanille (German Edition)

Ein Hauch Vanille (German Edition)

Titel: Ein Hauch Vanille (German Edition)
Autoren: Heike Berg
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Leben in der Stadt hinter uns gelassen? Mir
wurde ganz schlecht und ich hatte überhaupt keine Lust mir noch irgendetwas
anzusehen, geschweige denn mich hier häuslich niederzulassen. Hier würde ich
mich niemals wohl fühlen. Alles in mir sträubte sich. Am liebsten wäre ich
gleich wieder ausgezogen, bevor ich auch nur einen Karton ausgepackt hatte.           
Robert jedoch schien sich langsam mit dem Gedanken anzufreunden oder wenigstens
damit abzufinden hier zu wohnen, denn er hatte schon damit begonnen seine
Kartons in sein Zimmer zu tragen. Er verhielt sich, als hätte jemand einen
Schalter bei ihm umgelegt. Das gefiel mir ganz und gar nicht, wie konnte er
sich dem nur so schnell fügen? Ich trauerte noch immer um den Verlust meiner
besten Freundin Petra, mit der ich schon im Kindergarten gespielt hatte und mit
der ich über kurz oder lang brechen würde. Am liebsten hätte ich laut
losgeheult, aber was würde das nützen? Es gab kein Zurück. Die alte Wohnung war
längst leer geräumt und Michael und Christian bereits mit dem Ausladen unserer
Sachen beschäftigt. Eine neue Schule, eine neue Klasse warteten auf mich.
Darauf hatte ich schon gar keine Lust.   
Ich nahm das Zimmer, das neben Robert und Michi lag. Nicht weil es besonders
schön war, denn das war es absolut nicht. Sondern einfach nur, weil es neben
den wichtigsten Menschen in meinem Leben lag. Als einziges verfügte es über
einen kleinen Balkon mit Blick in den Garten, der aber  alles andere als eine
Augenweide war. Das hügelige und steile Areal war so groß wie ein Fußballfeld,
aber völlig verwildert.
„Von wegen idyllisch…“, murmelte ich mürrisch vor mich hin, während ich mit dem
Finger durch die dicke Staubschicht der weiß lackierten Fensterbank aus Holz
strich. Als ich die riesigen Brennnesselbüsche im Garten sah, fragte ich mich,
wie lange das Haus wohl schon unbewohnt war. Sicher hat es ewig gedauert
hierfür einen Käufer zu finden. Jeden Tag steht ein Dummer auf, man muss ihn
nur finden , dachte ich. Und wir waren definitiv die Dummen!  
Wenn ich schon mein Dasein in dieser Bude fristen musste, so wollte ich doch wenigstens
diesen modrigen Gestank aus meinem Zimmer verbannen. Deshalb versuchte ich
eines der zwei Fenster zu öffnen. Doch die alten Holzfenster, durch die der
Wind ein Liedchen pfiff und an denen nur noch spärlich weiße Farbe vorhanden
war, hatten solch grazile Fenstergriffe, dass ich sie kaum greifen konnte. Die
Leute vor hundert Jahren mussten viel kleinere Hände als wir gehabt haben,
mutmaßte ich, als ich den Griff betätigte und der Haken sich nur schwer aus der
Arretierung löste. Mit Augen und Ohren folgte ich dem ratternden Mechanismus
des Gestänges, doch als ich am Griff zog um das Fenster zu öffnen, tat sich
nichts. Das Fenster war wie festgeklebt. Das kam mir gerade recht! Wutentbrannt
riss ich mit all meiner Kraft daran. Der heftige Ruck löste das Fenster dann
plötzlich so abrupt, dass ich beinahe nach hinten umgefallen wäre. Am offenen
Fenster stehend nahm ich einen tiefen Atemzug und hätte mich daraufhin fast
übergeben. Frische Landluft , nannte es meine Mutter, doch es war
schlicht und einfach Gülle Gestank, der nun tief in meine Lungen drang und mich
ein paar Mal husten ließ, bevor ich mich wieder davon befreien konnte.               
„Das grenzt an Körperverletzung!“ protestierte ich mit Tränen in den Augen,
schloss das Fenster wieder und begann  lustlos damit, meine Sachen auszupacken.          
Jetzt konnte ich wirklich eine Aufheiterung gebrauchen! Während ich die Kommode
mit meinen Socken füllte, musste ich an Petra denken. Ihre gute Laune steckte
mich jedes Mal an, egal wie schlecht es mir ging. Bei dem Gedanken an ihr
herzliches Lachen, ging mir sofort das Herz auf und bevor ich mich versah, drückte
ich auch schon die Kurzwahltaste auf meinem Handy. Es klingelte genau zwei Mal,
dann vernahm ich ihre sanfte, beruhigende Stimme, die richtig melodisch klang.    
„Petra Müller“ trällerte sie.     
„Hast du schon auf meinen Anruf gewartet?“ fragte ich überrascht, weil sie so
schnell abgenommen hatte.          „Quatsch, ich hab das Telefon mit auf dem
Klo“, sagte sie, als wäre es die normalste Sache der Welt. In der Tat war es
das auch für sie, denn im Hintergrund hörte ich sie urinieren. Überhaupt gab es
nichts, was ihr peinlich gewesen wäre. Ich konnte über alles mit ihr reden, ihr
alles
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