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Ein Hauch Vanille (German Edition)

Ein Hauch Vanille (German Edition)

Titel: Ein Hauch Vanille (German Edition)
Autoren: Heike Berg
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unter
Drogen. 
In ihrem kinnlangen, blond gesträhnten, dünnen Haar, das wie leblos herunter
hing, konnte man noch die letzten Reste einer Dauerwelle erkennen. Sie
schminkte sich nicht und trug so gut wie nie Makeup, weshalb ihr Teint fahl
aussah und sie kränklich wirkte. Ihr verärgerter Gesichtsausdruck verriet mir sofort,
dass sie sich trotz allem eine positivere Reaktion erhofft hatte. Ich wiederrum
erhielt nun endlich die Antwort auf meine Frage, warum sie aus diesem Ort ein
so großes Geheimnis gemacht hatten. Denn sie wussten ganz genau, dass es uns
hier nicht gefallen würde. Deswegen hatten sie nichts gesagt. Was hätten sie
auch schon erzählen können? Hier gab es schließlich nichts. Endstation traf die Sache nämlich ganz genau, denn die Straße ging hier einfach nicht
weiter. Man konnte lediglich eine Schleife durch den Ort fahren und ihn dann
wieder verlassen. Was meiner Meinung nach auch das einzig Vernünftige war!               
Gerade wollte ich mich zu Robert nach vorn beugen, da drehte er sich wortlos zu
mir um. Den Schock hatte er noch immer nicht überwunden, denn er sah aus, als
hätte er gerade einen Geist gesehen. Die Augen weit aufgerissen, war sein Blick
nun noch leerer als sonst. Ich weiß nicht was er erwartet hatte, ich weiß ja
nicht einmal genau was ich erwartet hatte. Jedenfalls war das hier der reinste
Albtraum, aus dem ich so schnell wie möglich wieder erwachen wollte.
    Anne
stieg aus dem Auto aus und ging zum Umzugswagen, mit dem Michael und Christian
gerade rechts neben uns in die Einbuchtung gefahren waren, während Robert und
ich noch immer wie versteinert im Wagen saßen. Nur Michi bewegte sich. Seine
volle Windel war ihm jetzt unangenehm. Der Geruch, über den sich Robert gerade
eben noch beklagt hatte, machte ihm jetzt scheinbar nichts mehr aus.       
„Hast du das Ortsschild gesehen?“ fand Robert jetzt zwar seine Stimme, aber
nicht die Kontrolle über seinen Körper wieder. Er regte sich noch immer nicht.
Seine Worte klangen monoton, ohne Höhen oder Tiefen. Mit dem Kopf deutete er
auf das orangefarbene Schild am Ortseingang hin, welches ich beim Vorbeifahren
gar nicht gesehen hatte . Kaltenbach stand in schwarzer, fett
gedruckter Schrift darauf. Mit dickem schwarzem Filzstift stand handschriftlich
genauso groß darunter geschrieben:       
89 Einwohner .         „Shit!“ rief ich fassungslos, während mir die Kinnlade hinunter klappte
und ich einen Moment lang den Atem anhielt. Vor meinem geistigen Auge sah ich
schon, wie jemand die Zahl auf 95 korrigierte.       
„Das kann doch alles nicht wahr sein!“ platzte es aus mir heraus. Freiwillig wären
wir hier nie gelandet, aber wen interessierte das schon? Wer hätte hier überhaupt
wohnen wollen, in dieser Einöde? Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten, wo
selbst die Kühe über die Straße getrieben werden mussten…
    Anne
und Michael hatten dies ganz allein entschieden. Hier wollten sie einen
Neuanfang wagen. Gemeinsam hatten sie vorab allein das Haus besichtigt und uns
einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Irgendwie hatten sie völlig
vergessen zu erwähnen, dass es sich hierbei nicht um eine Stadt handelte und
auch nicht um ein Dorf, sondern das es ein Kuhkaff war, in das sie uns
verschleppten. Denn tatsächlich gab es hier mehr Kühe als Einwohner.                                                                            
Ein altes Fachwerkhaus war schon immer ihr Traum gewesen, den sie sich nun
erfüllten, ohne Rücksicht auf Verluste. Endlich genügend Platz, für jeden ein
eigenes Zimmer und der heiß ersehnte Garten direkt vor der Tür. Gemüse und
Salat selbst anbauen, Eier von eigenen Hühnern, allerhand Federvieh und einen
Taubenschlag. All das war Michaels Traum, aber nicht unserer.
    Ich
hielt die Hände vors Gesicht, konnte und wollte nicht glauben, wo wir hier
gelandet waren. Ich war erschüttert, fassungslos, enttäuscht.                                                    
„Das ist es? Nein, hier steige ich nicht aus“,  sagte ich leise vor mich hin,
während ich mich an meinen Sitz klammerte und nie wieder loszulassen gedachte… Bis
mich eine männliche Stimme  zusammenzucken ließ. 
„Diiiiiicke, Diiiiicker!“ Unfreundlich, aus Richtung Haustür kommend, drang
Michaels Stimme zu uns ins Auto
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