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Ein Hauch Vanille (German Edition)

Ein Hauch Vanille (German Edition)

Titel: Ein Hauch Vanille (German Edition)
Autoren: Heike Berg
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versuchte keine Regung zu zeigen, doch
im Innenspiegel des Wagens konnte ich ihr schelmenhaft aufgesetztes Grinsen
sehen. Als sich unsere Blicke kurz trafen, sah sie schnell scheu beiseite. Was
das jetzt wohl wieder zu bedeuten hat? fragte ich mich verwundert.               
Mit lang ausgestreckten Beinen drehte sich plötzlich Robert herum und verzog
das Gesicht.
„Michi, hast du einen rein gedrückt?“ sagte er mit bedrohlicher Stimme und vorwurfsvollen
Blick. Michi senkte verschämt den Kopf, dass ich sofort Mitleid mit ihm bekam.       
„Wir halten gleich mal an, dann bekommst du eine frische Windel“, versprach ich
ihm.       
„Anne, hältst du dann bitte kurz mal an?“              
„Ja gleich“, antwortete sie. Weil ich glaubte, ein Lachen in ihrer Stimme zu
hören, warf ich erneut einen Blick in den Innenspiegel. Wieder grinste sie
verhohlen. Sie konnte sich nur schwer das Lachen verkneifen und knabberte in
ihrem Mundwinkel. Was sie immer nur dann tat, wenn sie nervös war oder sich
anstrengte. Hatte ich etwas verpasst? Was war denn so witzig? Ich überlegte, ob
ich sie danach fragen sollte oder lieber nicht. Sicher würde sie mir wieder nicht
antworten. Denn oft ignorierte sie einfach eine Frage, wenn sie ihr gerade
nicht in den Kram passte. Da ich bei ihr in letzter Zeit schon mehrfach auf
taube Ohren gestoßen war, entschied ich ruhig zu bleiben und abzuwarten.
    Der
Wagen holperte über das unebene Kopfsteinpflaster der Auffahrt, dass Annes
Tabakpackung auf dem Armaturenbrett regelrecht zu tanzen begann. Vor einem
alten Fachwerkhaus mit integrierter Garage und einem zweiflügeligen Garagentor
aus brüchigem, altem Holz kamen wir unerwartet zum Stehen. Zwischen einer
weiteren Parkmöglichkeit auf der rechten Seite und unserem Stellplatz, führten
drei verwitterte kleine Betonstufen zum erhöhten Eingangsbereich, auf dem ein
großer Fliederbusch den ganzen Platz für sich allein in Anspruch nahm. Da das
Grundstück auf der rechten Seite sehr viel niedriger lag als die darüber
liegende Straße, thronte dort eine meterhohe große, graue Betonmauer. Diese
wurde noch von einem in die Jahre gekommenen grünen Maschendrahtzaun gekrönt.       
„Endstation!“ rief Anne plötzlich feierlich in den Wagen hinein. Dabei schaute
sie sich nicht um, sie sah Robert nicht an und diesmal warf sie auch keinen
Blick in den Innenspiegel. Sie starrte schnurstracks geradeaus. Mit leicht
eingezogenem Kopf hielt sie das Lenkrad fest umklammert und wartete auf unsere
Reaktion. Ich sah Robert an, der sich mir zuwandte und mich entgeistert anstarrte.
Sein Blick stellte die gleiche Frage, die ich mir auch gerade stellte: Wahrheit
oder Lüge? Doch ich konnte die Frage ebenso wenig wie er beantworten und zuckte
nur mit den Schultern. Vielleicht will sie uns nur schocken , dachte ich.
Wennja, ist sie gut, wirklich gut!           
„Haha, sehr lustig, da haben wir jetzt alle mal gelacht“,  antwortete ich
sarkastisch. „Ich beeile mich mit dem Wickeln“. Mit einer Hand griff ich
bereits nach der Wickeltasche, als sie sich  zu mir umdrehte und mich eiskalt
ansah.
„Nein, wir sind da, das ist es!“              
Ihr Blick wog zentnerschwer auf meinem und ließ mich nicht mehr los. Kein
Lächeln war zu sehen, kein Augenzwinkern, nicht das geringste Blinzeln. Nichts
bewegte sich in ihrem Gesicht. Nichts, dass sie in irgendeiner Weise hätte
verraten können. Wenn sie jetzt wirklich schauspielern sollte, hätte sie einen
Oskar verdient.
    Wie
ferngesteuert drehte Robert sich wieder nach vorn um und sagte kein Wort,
während ich es einfach nicht glauben konnte.          
„Wie, wir sind da?“ fragte ich geschockt und sah mich um. Um das Haus herum
standen zwei Häuser in direkter Nachbarschaft, zu anderen führten zwei kleinere
kurze Straßen, die nicht asphaltiert, sondern nur geschottert waren. Das konnte es doch unmöglich sein! Wo war denn das schöne Haus von dem sie uns so
vorgeschwärmt hatte, wo der idyllische Garten? Nichts von all dem was sie uns
versprochen hatte, konnte ich hier wiederfinden. Robert ging es ähnlich, denn
er rührte sich nicht mehr. Das musste der Schock sein.
    Nein,
sie machte keinen Witz. Dafür hatte sie auch gar kein Talent, denn sie konnte
sich nur schwer gehen lassen oder überhaupt Gefühle zeigen. Wenn doch, kam dies
immer völlig überzogen oder wie gespielt rüber. So, als stünde sie
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