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Ein Hauch Vanille (German Edition)

Ein Hauch Vanille (German Edition)

Titel: Ein Hauch Vanille (German Edition)
Autoren: Heike Berg
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die Propaganda-Reden Adolf Hitlers imitierte. Er
verehrte den Diktator und besaß massenhaft seiner alten Langspielplatten, die
er sich immer wieder zu Gemüte führte. Sogar im gleichen Tonfall konnte er sie
mittlerweile mitsprechen.        
Robert ging es wie mir, auch er hatte keine besseren Karten  bei Michael als
ich. Aus irgendeinem Grund konnte er uns  nicht leiden, weshalb er uns immer
wieder unter fadenscheinigen Begründungen um neunzehn Uhr ins Bett schickte.
Dies war in der Vergangenheit schon so oft der Fall gewesen, dass ich mich an
gar keine anderen Abende mehr erinnern konnte. Ohne Robert hätte ich die
Demütigungen der letzten Jahre nicht ertragen, wir stützten uns gegenseitig.               
Christian dagegen, der nur zwei Jahre älter war als wir, genoss ein viel
besseres Leben. Von  alldem war er nicht betroffen, denn er stand unter dem
Schutz von Michaels Bruder Bobby, der ihm körperlich bei weitem überlegen war.
Christian redete nicht viel und schon gar nicht mit uns. Wir interessierten ihn
nicht, zumindest zeigte er es uns nicht. Gehässig lachte er noch und freute
sich, wenn wir von Michael abgestraft wurden. Außerdem konnte er sich auch
schon sehr gut selbst zur Wehr setzen, denn er war bereits ein großer,
drahtiger Bursche. Aber Michael suchte ja auch keinen Gegner, er brauchte Opfer. 
„Ich heiße Lilly!“ brummte ich trotzig in meinen nicht vorhandenen Bart hinein,
während ich die Treppe hinunter ging und auf das Esszimmer zusteuerte.               
Nie nannte er mich bei meinem Namen. Sechsundfünfzig Kilo ist zwar kein
Modelgewicht bei meiner Größe, aber dick war ich nun auch nicht. Robert sprach
er auch nur mit “Dicker“ an, obwohl er genauso schlank wie ich war. Dazu sogar
noch sehr gutaussehend. Jedenfalls standen alle Mädchen unserer alten Schule
auf ihn und stellten sogar Vergleiche zwischen ihm und Tom Cruise her. Die
Nase, ja, das hätte ich sofort unterschrieben, die war identisch. Aber
ansonsten war das ja auch so eine Sache mit Brüdern. Die konnte ich in diesen
Dingen so gar nicht beurteilen. Für mich waren sie irgendwie…ungeschlechtlich.
Immer wenn sich ein Mädchen für Robert interessierte und daraufhin meine Nähe
suchte, nur um mich über ihn auszufragen, machte ich ihr nicht viel Hoffnung
auf Erfolg. Doch je unmöglicher mir eine Beziehung zwischen ihnen schien, desto
schneller war er mit ihr zusammen. Wenn auch nur für kurze Zeit. Fast kam es
mir wie eine Trotzreaktion vor. Diese Mädchen waren mir zuwider, denn für sie
war ich nur Mittel zum Zweck und dafür war ich mir eindeutig zu schade.
    Michael
lauerte mir bereits hinter der Esszimmertür auf und verpasste mir mit der Hand
einen Schlag auf den Hinterkopf. Woraufhin ich ihn einfach teilnahmslos
ignorierte.                                                                            
„Und nächstes Mal kommste gleich bei, wenn ich rufe!“ drohte er mir
hinterrücks. Es tat nicht weh, deshalb ging ich einfach weiter, bis ich seine
Anwesenheit in meinem Nacken spürte.   
„Haste gehört, Dicke?“ bedrohlich stand er noch immer hinter mir. Ich wusste
aus Erfahrung, dass es nun das Beste war, mich kurz und knapp zu halten.               
„Ja“, antwortete ich klar und deutlich, ohne jegliche Gefühlsregung. Alles
andere hätte ihn nur noch mehr auf die Palme gebracht. Er gierte förmlich
danach, doch die Freude wollte ich ihm nicht machen.
    Ich
legte Michi auf die Wickelkommode, für die er jetzt allmählich zu groß wurde,
während das süßeste Lächeln der Welt mir entgegen strahlte.              
„Na du kleiner Stinker“, sagte ich und pikste ihm in den Bauchnabel. Sein
Lachen war so mitreißend, dass man ihm einfach nicht widerstehen konnte. Doch
meines verstummte sofort, als ich seine Windel öffnete. Während er mit der Dose
Wundcreme zwischen seinen Zähnen spielte, musste ich mich überwinden ihn zu
säubern.       
„Bäh!“ Ein im Sommer vergessener Handkäse im Auto hätte nicht schlimmer riechen
können. Ich drehte mich zur Seite, an diesen Geruch konnte ich mich einfach
nicht gewöhnen.         
Den Arm schützend vor der Nase haltend verzog ich das Gesicht. „Was hast du
denn gegessen?“ fragte ich. Am liebsten hätte ich mir Handschuhe angezogen,
aber sicher hätte ihn das nur verängstigt. Zum Glück
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