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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten
Autoren: Aufbau
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Opfer.«
    Brehon Barrán warf einen strafenden Blick in Ninnids Richtung. Wie Fidelma war auch ihm klar, daß Ninnid, nachdem man ihn wegen der unrechtmäßigen Freilassung von Bruder Drón getadelt hatte, jetzt versuchte, sich in den Vordergrund zu spielen und auf Schwachpunkte in der Beweisführunghinzuweisen. Er wollte vor seinem König eine gute Figur machen.
    »Belanglose Einwürfe bitte ich zu unterlassen«, wies ihn Brehon Barrán zurecht. Wohl oder übel setzte sich Ninnid mit hochrotem Kopf und unverrichteter Dinge.
    »Beginnen wir also mit dem ersten Mord«, nahm Fidelma den Faden wieder auf. »Eigentlich steht es mir nicht zu, einen Menschen zu beurteilen, der nicht mehr am Leben ist, dennoch macht sich in diesem Fall eine solche Beurteilung nötig, will man seinen Tod verstehen. Jeder hier hatte guten Grund, Abt Ultán nicht zu mögen, selbst seine engen Mitstreiter – oder sollte ich sogar sagen
besonders
seine engen Mitstreiter? Er machte es einem schwer, ihm zugetan zu sein. Er gab vor, ähnlich wie der Apostel Paulus zum Glauben bekehrt worden zu sein, dem, wie die Heilige Schrift uns lehrt, auf dem Weg nach Damaskus ein ihn blendendes Licht erschien. Ich denke, Ultáns Bekehrung entsprach nicht der Wahrheit. Er benutzte seine Errettung aus den Meereswogen, deren Schicksalsspruch er als unverbesserlicher Missetäter überanwortet worden war, um einen Weg einzuschlagen, der ihm zu Macht verhalf. Er war von zwingender Beredsamkeit. Der Nachfolger des heiligen Patrick ernannte ihn sogar zu seinem Abgesandten und gab ihm den Auftrag, alle Äbte und Bischöfe der fünf Königreiche dazu zu bewegen, Ard Macha als oberste Glaubensinstanz für ihre Länder anzuerkennen.«
    Sie hielt inne und schaute in die Runde, bis sie in der Menge Abt Ségdae ausmachte, der neben seinem Verwalter, Bruder Madagan, saß.
    »Dem Nachfolger des heiligen Ailbe mißfiel mit Recht die Arroganz von Abt Ultán, als der die Abtei Imleach heimsuchte. Ultán versuchte, ihn sich gefügig zu machen, ihm den Gedanken der Anerkennung von Ard Macha als Mutterkircheaufzudrängen. Abt Ségdae stand nicht allein in seiner Abneigung gegen diesen Sendboten. Eine Reihe von Klöstern und Kirchen in den fünf Königreichen hatten sich bereits gegen Abt Ultáns lautstarkes Gebaren und Drangsalieren zur Wehr gesetzt.
    Ultáns Namen hören und Haß empfinden war eins, und Haß war es, der zu seinem Tod geführt hat. Der Mord an ihm war der endgültige Racheakt. Muirchertach Nár hatte Grund, Ultán nicht zu mögen. Schlug sein Mißfallen in so starken Haß um, daß er nicht vor einem Mord zurückschreckte? Manche glaubten das. Dann aber wurde Muirchertach Nár ermordet. Auch das war ein Racheakt. Beide Morde hingen zusammen. Aber war es so, wie auch manche dachten, daß Muirchertach Nár aus Rache Ultán getötet hatte und nun seinerseits von jemandem, der Ultán verehrte, ebenfalls aus Rache umgebracht worden war?«
    Wieder machte sie eine Pause und suchte jetzt mit ihren Blicken Bruder Berrihert und seine Brüder unter den Anwesenden.
    »Eine Person allerdings kam nach Cashel mit der unverhohlenen Absicht, nicht nur Abt Ultán, sondern auch Bruder Drón umzubringen. Ich spreche von dem angelsächsischen Krieger Ordwulf.«
    Unversehens war Bruder Berrihert von seinem Platz aufgesprungen. »Ich muß mich dagegen verwahren. Mein Vater ist tot und kann sich nicht selbst verteidigen. Ich will es für ihn tun. Ich gebe zu, daß er versucht hat, das Miststück namens Drón zu töten. Aber ich weiß aus seinem eigenen Munde, daß er Ultán nicht getötet hat. Hätte er es getan, hätte er sich damit gebrüstet und es freimütig gestanden. Menschen wie Ultán maßen sich das Recht an, im Namen des Glaubens zu handeln und so ihre Schandtaten zu bemänteln. Mein Vater, ja,auch meine Brüder und ich sind froh, daß Ultán tot ist. Aber ermordet haben wir ihn nicht.«
    Ebenso plötzlich, wie er aufgestanden war, setzte sich Bruder Berrihert wieder. Fidelma ließ die Unterbrechung unbeachtet und fuhr in ihren Darlegungen fort.
    »Ultán und Drón hatten vor einiger Zeit nach Inis Bó Finne übergesetzt, um dort die Gemeinschaft von Colmán, dem früheren Abt von Lindisfarne, aufzusuchen. Der hatte nach der Synode von Whitby mit gleichgesinnten Brüdern dort eine neue Heimstatt gefunden. Ultán verlangte von Colmán, einem Mann, der wegen seines Festhaltens an der Kirche von Colmcille ungemeines Ansehen genoß, daß er Ard Macha huldigte. Colmán hieß ihn
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