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Ein ganz besonderer Sommer

Ein ganz besonderer Sommer

Titel: Ein ganz besonderer Sommer
Autoren: Tina Caspari
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murmelte Simon.
    Am anderen Ende des Saals wurde es lauter, dröhnendes Gelächter schallte herüber. Klaus Amberg drehte sich um.
    „Da drüben sitzen unsere Stallteams, die müssen heute natürlich auch dabei sein.“ Bille wies zu dem Tisch hinüber. „Der mit dem interessanten Indianerkopf ist Johnny, er war früher mit einer Dressurnummer beim Zirkus. Keiner versteht die Psyche der Pferde so gut wie er. Er hat uns schon manches Mal mit seinem Wissen geholfen, wenn der Tierarzt nicht weiterkam. Daneben sitzt Ahmed, sein türkischer Helfer. Und ihm gegenüber Hubert, der den Tiedjenschen Stall leitet. Die hübsche Blonde neben ihm ist seine Frau Bruni .“
    Bille sah, dass die Aufzählung der vielen Namen Klaus Amberg allmählich überforderte. Zum Glück schlug nun Direktor Hütter an sein Glas, um seine Ansprache zu halten. Augenblicklich trat Stille ein.
    Bille hatte Mühe, seinen Worten zu folgen, zumal sie den Inhalt seiner Rede kannte. Sie war hauptsächlich für die angereisten Gäste bestimmt, die sich selten in Groß-Willmsdorf sehen ließen und wenig über das Internat wussten . Bille spürte den Wein, den sie allzu hastig getrunken hatte, fühlte eine angenehme Müdigkeit und zugleich eine Leichtigkeit, als schwebe sie auf einer Wolke durch den Saal. Das schimmernde Kerzenlicht, die Blumen, die festlich gekleideten Menschen verschwammen wie in einem wiegenden Tanz. Plötzlich schob sich vor das Bild ein anderes: Statt der bedienenden Mädchen gingen Lakaien mit weißen Perücken zwischen den Tischen umher, sie trugen schwere Silberschüsseln und große silberne Platten mit Speisen. Auch die Kleidung der Gäste verwandelte sich, als hätten sie einen Zeitsprung um mehr als zweihundert Jahre in die Vergangenheit gemacht. Sie sah Herren in farbenprächtigen Uniformen oder seidenen Fräcken. Damen in Krinolinen, mit kunstvoll aufgetürmten Frisuren, die sich mit Spitzen besetzten Fächern Luft zufächelten. Bille glaubte, leise Klänge eines Spinetts und einer Flöte zu hören. Sah es damals so aus in Groß-Willmsdorf? Das Schloss war Anfang des achtzehnten Jahrhunderts erbaut worden, das wusste sie.
    Die Erscheinung löste sich auf, als der Applaus für die Rede des Direktors einsetzte. Bille klatschte heftig mit, obwohl sie kaum zugehört hatte. Zum Glück übernahm es Simon, auf Klaus Arnbergs Bewunderung für die Ansprache des Direktors einzugehen. Auf der anderen Seite des Tisches hob Mutsch ihr Glas und trank ihr zu. In dem blassen Gesicht fielen ihre vom Wein und der Wärme glühenden Wangen besonders auf. „Ist es nicht ein Traum?“, rief sie zu Bille hinüber. „So ein wunderschönes Fest, ich bin vollkommen verzaubert!“
    „Ich auch, Mutsch! Prost! Ich trinke auf dich - auf euch! Auf alles, was ich euch verdanke!“ Bille hob ihr Glas und sah sie liebevoll an. Dabei entging ihr nicht der besorgte Blick, den Onkel Paul ihrer Mutter zuwarf.
    Als der Nachtisch gegessen und der Kaffee serviert war, gab es einen Tusch. Scheinwerfer beleuchteten das kleine Podest am Ende des Saales, an dessen Schmalseite man inzwischen eine Kinoleinwand installiert hatte. Seitlich saß Erik in seinem Rollstuhl. Er hielt ein Mikrofon in der Hand, während einige seiner Klassenkameraden sich an einem Vorführgerät zu schaffen machten.
    „Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrtes Pony . . . ah, ich sehe gerade, Zottel ist anderswo unabkömmlich.“ Gelächter und Applaus hinderten Erik einen Moment daran fortzufahren. „Also, verehrte Herrschaften, wir zeigen Ihnen nun etwas zu Ihrer Erbauung. Ein Film über das Leben im Reiterinternat Groß-Willmsdorf im Allgemeinen und über unsere Abiturienten im Besonderen. Film ab!“
    Stühle wurden scharrend in eine bessere Position gerückt, die hinten Sitzenden rutschten nach vorn oder stellten sich an den Wänden auf, um nichts zu verpassen. Im Saal wurde es dunkel, und über die Leinwand huschten die ersten Bilder.
    Es war unglaublich, was Erik und seine Freunde an Szenen für den Film zusammengetragen hatten. Er begann mit Aufnahmen von Schloss, Park und Stallungen, den beliebtesten Reitwegen und schließlich dem Ostseestrand, an dem in weiter Ferne ein paar bewegte Punkte erschienen, die sich beim Näherkommen als galoppierende Reiter entpuppten: Bille, Bettina, Florian und Nico. Sie winkten lachend in die Kamera und flogen vorbei. „Die da an der Spitze reitet, den anderen immer um ein paar Pferdelängen voraus, ist unsere Hauptdarstellerin, Sybille
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