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Ein ganz besonderer Sommer

Ein ganz besonderer Sommer

Titel: Ein ganz besonderer Sommer
Autoren: Tina Caspari
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beeindrucken konnte. Karl-Antons Vater, dessen Bruder Weinhändler war, hatte ein paar Kisten mit besonders edlen Tropfen spendiert, und auch die anderen Eltern hatten ihren Teil zum Gelingen des Festes beigetragen, indem sie den Spendentopf des Internats kräftig aufgefüllt hatten. Schließlich gab es einige Stipendiaten unter den Schülern, die auf finanzielle Hilfe angewiesen waren.
    Bei der Begrüßung der Gäste stand Bille neben Hans Tiedjen, um ihn bei der Vorstellung der ihm Unbekannten zu unterstützen.
    „Da kommen die Eltern von Beppo“, flüsterte sie jetzt. „Die haben sich hier persönlich fast nie sehen lassen. Kommen angeblich nicht aus ihrem Geschäft weg . . .“ Sie trat einen Schritt auf die elegant gekleidete kleine Dame zu und streckte ihr die Hand hin. „Herzlich Willkommen, Signora! Daddy, darf ich dich mit Herrn und Frau . . ."
    „Ah, ihr Vater!“, unterbrach die Italienerin sie lebhaft. „Es freut mich, sie kennen zu lernen!“ Stürmisch schüttelte sie Hans Tiedjen die Hand.
    „Nein, nein, nicht mein Vater!“, sagte Bille schnell, „eher mein Adoptivvater, obwohl auch das nicht wirklich stimmt, er hat mich nur als Reitschülerin und Nachwuchs . . . ach, das ist wirklich etwas kompliziert.“
    „Ich bin der Sohn. Der echte“, kam Tom ihr lachend zu Hilfe und schüttelte Beppos Mutter die Hand. „Tiedjen junior.“
    „Jedenfalls freuen wir uns ganz besonders, dass Sie kommen konnten“, beteuerte Hans Tiedjen und begrüßte nun auch Beppos Vater. „Holst du unseren Gästen etwas zu trinken, Bille?“
    „Sofort.“ Bille war froh, ihrer Aufgabe für einen Augenblick zu entkommen. Von weitem winkte sie Mutsch und Onkel Paul zu, die sich lebhaft mit dem Lehrer-Ehepaar Körber unterhielten. Simon versorgte am anderen Ende der Halle seine Eltern mit einem Drink. Sein älterer Bruder Daniel und Joy , seine Frau, fachsimpelten mit dem Vater von Sandra über Jungpferde-Aufzucht. Überall sah man fröhliche Gesichter, und der Lärmpegel hatte eine Stärke erreicht, dass die jungen Musiker, die in einer Ecke zur Einstimmung ein paar klassische Stücke spielten, kaum zu hören waren.
    Als Bille mit zwei gefüllten Sektgläsern zu Beppos Eltern zurückkehrte, prostete Tierarzt Dörffler ihr aus dem Hintergrund zu. „Herzlichen Glückwunsch, Bille! Du siehst fabelhaft aus!“, rief er über die Köpfe hinweg. „Ich glaube, ich habe dich noch nie im Kleid gesehen. Wusste gar nicht, dass du so hübsche Beine hast!“
    Bille lachte. Gab es das, dass man sich von einem Tag auf den anderen so viel erwachsener fühlte? Bei aller Verantwortung, die sie seit Jahren trug, hatte sie sich doch immer in erster Linie als Schülerin gesehen.
    Hinter ihr erklang dröhnend der Gong. Augenblicklich trat Stille ein.
    „Darf ich Sie jetzt alle zum Essen bitten!“, rief Direktor Hütter in den Raum. „Wie Sie sehen, haben wir nebenan im Speisesaal für Sie mehrere runde Tische gedeckt. Unsere Abiturienten werden Ihnen helfen, Ihre Plätze zu finden.“
    Wie ein träger Fluss schob sich die Menge der Gäste durch die weit geöffnete Flügeltür und verteilte sich um die Tische. Bille war froh, dass sie mit ihrer Familie und Simon zusammensitzen konnte und nur auf ihrer rechten Seite einen ihr unbekannten Gast hatte, dem sie Rede und Antwort stehen musste. Wie sich herausstellte, war es ein Patenonkel von Peter. Klaus Arnberg hieß er, von Beruf war er Theater- und Musikkritiker bei einer Tageszeitung. Er gestand ihr freimütig, dass er wenig Ahnung von Pferden und der Reiterei hätte, obwohl er Peters Werdegang aus der Ferne mit Interesse verfolgt hatte.
    „Bezaubernd sehen Sie aus, Bille! Ich darf Sie doch so nennen? Wenn ich so braun gebrannt wäre wie Sie, würde ich auch nur Weiß tragen. Prost!“ Er leerte sein Weinglas in einem Zug. Es war offensichtlich nicht sein erstes. „Sie wissen, was Ihnen steht!“
    Bille nickte lächelnd. Der Meinung war sie auch gewesen, als sie sich zu Hause vor dem Spiegel gedreht hatte. Das schulterfreie Abendkleid aus schimmernd weißem Taft mit einem weiten Rock, der eine Handbreit über den Knien endete, war wirklich super, sie kam sich darin vor wie ein Star. Statt eines Gürtels war eine leuchtend rote Schärpe eingearbeitet, die ihre schmale Taille noch betonte. Und Simons Armreif passte wunderbar dazu. Schön, einmal ein paar Stunden lang die Märchenprinzessin zu spielen, dachte sie. Ab morgen sind sowieso wieder wochenlang nur Arbeitsklamotten
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