Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein ganz besonderer Sommer

Ein ganz besonderer Sommer

Titel: Ein ganz besonderer Sommer
Autoren: Tina Caspari
Vom Netzwerk:
Bille gesagt hatte. Es sei alles nur ein Bluff, schimpfte er.
    Einen Augenblick dachten die drei, der Mann würde nun gehen, doch er überlegte es sich anders. Ohne sie weiter zu beachten, drehte er sich um und stapfte zum Pferdestall hinüber. Bille brauchte nicht mehr als eine Schrecksekunde, dann rannte sie los, überholte ihn und stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor die Stalltür.
    „Sie haben hier nichts zu suchen!“, schrie sie. „Gehen Sie endlich! Hauen Sie ab!“
    Das Gesicht des Dicken verzog sich zu einer wütenden Grimasse. Er murmelte einen Fluch, spuckte verächtlich aus und versuchte, sie mit Gewalt wegzuschieben. Sofort sprangen Agnieszka und Tomek hinzu und packten ihn bei den Armen, um ihn zurückzureißen. Doch der Mann hatte eine unglaubliche Kraft, und die maßlose Wut, die er auf die jungen Leute empfand, vor allem auf diese Fremde, die die anderen beiden offenbar aufgehetzt hatte, vergrößerte sie noch um ein Vielfaches. Tomek wurde von einem Schlag getroffen, rutschte auf dem regennassen Boden aus und schlug hin. Die beiden Mädchen krallten sich weiter an dem Dicken fest, der sie abzuschütteln versuchte und rücksichtslos nach ihnen trat. Doch sie ließen nicht los.
    Was soll das bloß werden ?, schoss es Bille durch den Kopf. Lange schaffen wir das nicht, ihn festzuhalten. Wenn doch Kasimir endlich zurückkäme . . .
    Wenigstens kam Tomek wieder auf die Beine. Doch er blutete stark aus einer Wunde am Kopf, er taumelte und schien benommen zu sein. Offenbar war er auf die Kante eines der Bretter aufgeschlagen, die neben dem Stall gestapelt waren.
    In dem wilden Handgemenge sah Bille flüchtig, wie Tante Elzbièta in der Tür erschien. Sie schrie vor Entsetzen auf und rief etwas, das wohl „Polizei alarmieren“ hieß. Wieder trat der Dicke nach Bille. Sie spürte einen stechenden Schmerz in der Wade und knickte einen Augenblick ein. Lieber Gott, lass mich durchhalten !, dachte sie. Und schick Hilfe, schnell!
    Wie ein giftiger Feuerstoß traf sie der heiße, nach Alkohol stinkende Atem des Mannes, der sie ununterbrochen fluchend von sich zu schleudern versuchte. Doch Bille hielt stand und klammerte sich an seinem Kragen fest, was ihm für einen Augenblick die Luft nahm. Mit dem anderen Arm gelang es ihm jetzt, Agnieszka abzuschütteln und zu Fall zu bringen. Sofort holte er aus, um nun mit aller Kraft auf Bille einzuschlagen. Bille duckte sich. Doch mitten im Schlag hielt der Dicke inne und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf etwas, das hinter ihrem Rücken auftauchte.
    Bille wagte nicht, ihn anzusehen. Vielleicht war das nur ein Trick, und ihr Angreifer wartete darauf, dass sie die Arme von ihrem Gesicht nahm. Von der ständigen Anspannung war ihr schwindelig, und das Blut rauschte in ihren Ohren. So hörte sie den Motor des schweren Lastwagens nicht, der herankam und wenige Meter hinter ihr hielt. Auch das Aufreißen der Türen und die sich nähernden Schritte nahm sie nur wie durch Watte wahr. Erst als ihr Angreifer von hinten gepackt und fortgestoßen wurde, blickte sie auf.
    „Simon!“ Bille kippte ihm entgegen. Halb ohnmächtig schmiegte sie sich in seine Arme. Neben ihnen nahm sich Tom den Dicken vor und schickte ihn mit einem gezielten Haken zu Boden. „Simon! Dass ihr gekommen seid . . . Mein Gott, das war knapp. Verdammt knapp . . .“, murmelte sie. Dann konnte sie endlich weinen.

Ein Hoch auf Mutsch!

    Sie waren zu dritt gekommen, Simon, Tom und Onkel Paul. Und sie hatten den großen Transporter mitgebracht. Hinter dem Transporter tauchten nacheinander zwei weitere Wagen auf. Im ersten saßen Kasimir mit Mutsch und Janina, im zweiten rollte die Polizei an und kümmerte sich um den gewalttätigen Pferdehändler.
    Tomek , mit blutverschmiertem Gesicht, gab zu Protokoll, was der Mann ihnen angetan hatte. Agnieszka, verschmutzt, mit zerrissener Bluse und Schrammen an Armen und Hals, war ein weiterer Beweis. Bille sah nicht viel besser aus. Und Kasimir bestätigte, dass er bis heute nie ein Wort mit dem Dicken vom Schlachthof gesprochen hatte. Der musste wohl von dem Futterhändler einen Wink bekommen haben, oder - schlimmer noch -ein Angestellter der Bank hatte am Stammtisch etwas verlauten lassen. So hatte der Pferdehändler sich eingebildet, leichtes Spiel bei diesen armen Schluckern mit ihrem leer stehenden Hotel zu haben, wenn er ihnen etwas Bargeld in die Hand drückte.
    Bille atmete auf, als die Polizisten den Mann abführten und vom Hof fuhren. Einer der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher