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Ein ganz besonderer Sommer

Ein ganz besonderer Sommer

Titel: Ein ganz besonderer Sommer
Autoren: Tina Caspari
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ehemaligen Dressurstar, der für seine zwanzig Jahre noch erstaunlich lebenslustig war und sich eitel wie ein alternder Schauspieler gebärdete.
    Auch Tomek nutzte Billes Gegenwart, um mehr über ihre Reitweise zu erfahren. Ihn interessierte vor allem die Methode von Linda Tellington-Jones , von der er zwar schon mal den Namen gehört hatte, aber sonst kaum etwas darüber wusste.
    Abends saßen sie bei Kerzenlicht unter der alten Kastanie im Garten und erzählten sich stundenlang Erlebnisse mit ihren Pferden. Dass dabei Zottels Streiche eine große Rolle spielten, war klar. Bille hatte einen ganzen Stapel Fotos mit auf die Reise genommen und würzte sie mit immer neuen Geschichten. Angefangen bei dem Tag, an dem sie Hans Tiedjen kennen gelernt hatte und den ersten Reitunterricht in Groß-Willmsdorf bekam, bis hin zur Gründung des Reiterinternats und den Schuljahren dort, die nun gerade zu Ende gegangen waren. Sie erzählte vom Reitverein Wedenbruck und von ihren Reitstunden für behinderte Kinder. Von Simon und von ihren Turnieren - und schließlich auch von ihrem Auftritt im Pferde-Musical. Agnieszka und Tomek konnten von ihren Erzählungen gar nicht genug bekommen. Niemals sonst erlebte Bille sie so fröhlich, und ihr Gelächter schallte weit bis auf den See hinaus.

Schlimme Neuigkeiten

    „Ich glaube, dies wären die absolut traumhaftesten Ferien, die man sich vorstellen kann“, sagte Bille am Beginn der zweiten Woche vor dem Einschlafen zu ihrer Mutter. „Wenn nur nicht. . .“ Sie brach ab und schwieg bedrückt.
    „Wenn nur nicht - was?“
    „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Irgendwas verheimlichen sie vor uns. Wenn ich Agnieszka darauf anspreche, wechselt sie schnell das Thema oder weicht aus. Und bei allem Spaß, den wir miteinander haben, spüre ich, dass sie traurig ist. Sie hat einen heimlichen Kummer, und es muss etwas sehr Schlimmes sein, sonst würde sie mit mir darüber sprechen. Auch bei den anderen merke ich das. Wirklich fröhlich sind sie nur, wenn sie mit uns zusammen sind. Wenn sie sich unbeobachtet glauben, sprechen sie leise miteinander und machen so unglückliche Gesichter . . . Das quält mich, verstehst du?“
    „Ja, mir ist es auch schon aufgefallen. Es muss etwas mit der finanziellen Situation zu tun haben. Aber es würde sie in Verlegenheit bringen, wenn man sie darauf anspräche.
    Das möchte ich nicht“, sagte Mutsch nachdenklich. „Dreiviertel der Zimmer stehen leer. Und vom Reiterurlaub macht auch niemand Gebrauch. Die Kleinanzeige in dem Katalog für Reitsportbedarf, durch die Onkel Paul auf das Hotel aufmerksam wurde, haben offensichtlich die meisten Leute übersehen. Bei dem großen Angebot an Reiterferien . . . Und in Polen selbst gibt es wohl noch nicht genug Leute, die sich so etwas leisten können.“
    „Sie geben den Pferden kaum Kraftfutter. Solange sie auf der Weide sind, ist das nicht so schlimm. Aber was machen sie im Winter, wenn sie die Futterrechnung nicht bezahlen können?“ Bille seufzte. „Mir geht es genau wie dir. Ich verstehe mich super mit Agnieszka, aber ich habe Angst, sie in Verlegenheit zu bringen, wenn ich sie direkt darauf anspreche.“
    „Trotzdem solltest du es versuchen, wenn sich eine Gelegenheit dazu bietet“, sagte Mutsch entschlossen. „Natürlich ganz diplomatisch. Aber schließlich seid ihr Freundinnen, da findet man die richtigen Worte doch leichter.“
    „Und dann? Meinst du, dass wir ihnen helfen können? Wie denn? Wir können hier doch nicht wie die reichen Verwandten aus dem Westen auftreten.“
    „Natürlich nicht! Aber . . . Weißt du was? Lass es uns überschlafen. Vielleicht fällt uns morgen eine Lösung des Problems ein. Zunächst musst du mal erfahren, worum es hier überhaupt geht.“
    Die Gelegenheit kam schneller als erwartet. Bille hatte sich am Nachmittag mit ihrem Buch auf einen der Liegestühle unter der großen Kastanie zurückgezogen, als sie einen Wagen in den Hof fahren hörte. Kurz darauf sah sie Kasimir mit einem Besucher um das Haus und später zum Pferdestall gehen. Der Mann sah nicht aus wie ein Feriengast, er trug Anzug, Krawatte und trotz der schwülen Hitze einen Hut. Unter den Arm geklemmt hielt er eine Aktenmappe, als müsse er sich an ihr festhalten. Die Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst . Er war Bille auf den ersten Blick unsympathisch.
    Offenbar besichtigte er Stall und Haus von oben bis unten. Später hörte Bille die beiden im Büro heftig miteinander
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