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Ein ganz besonderer Sommer

Ein ganz besonderer Sommer

Titel: Ein ganz besonderer Sommer
Autoren: Tina Caspari
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Konzepte, die den Aufenthalt hier noch interessanter machen. Ach, da gibt es einige Möglichkeiten.“
    „Mutsch, du bist genial!“, stellte Bille verblüfft fest. „Irrtum. Ich bin Geschäftsfrau und ein Leben lang in diesem Beruf tätig gewesen. Außerdem . . .“ Mutsch stand auf und ging zum Fenster hinüber. Versonnen ?ah sie hinaus. „Außerdem?“
    „Außerdem liebe ich dieses Land. Egal, ob polnisch oder preußisch. Es ist die Heimat meiner Familie, ich spüre, dass ein Teil von mir hier verwurzelt ist. Abgesehen davon bedeutet mir die Freundschaft zu Janina und Kasimir viel. Ich bin sicher nicht zum letzten Mal hier.“
    „Ich auch nicht.“ Bille lächelte. „Okay, machen wir uns an die Arbeit.“
    An diesem Abend stand das Telefon der Orsowskis nicht mehr still. Zuerst führte Billes Mutter ein langes Gespräch mit ihrem Mann. Dann sprach Bille mit Simon, mit Tom und schließlich mit Hans Tiedjen. Jeder von ihnen versprach, sich des Problems anzunehmen. Natürlich müsse man die Situation erst prüfen, sich umhören und über die Möglichkeiten nachdenken. Bille wurde beauftragt, zunächst einmal genaue Angaben über die zu verkaufenden Pferde und Ponys zusammenzustellen.
    Es fiel Bille schwer, Agnieszka nicht mit den Neuigkeiten zu überfallen und ihr damit womöglich falsche Hoffnungen zu machen. Denn würde die Hilfe ausreichen, um das Hotel vor dem Ruin zu retten? Vorerst sagte sie der Freundin deshalb nur, es gäbe seriöse Kaufinteressenten, bei denen es die Pferde gut haben würden. Dazu müssten sie zuerst die genauen Daten über sie weitergeben: Alter, Rasse, Herkunft, Ausbildung, Gesundheitszustand und was sonst noch wichtig wäre. Mit Tomeks Hilfe fertigten sie sofort eine Liste an, und Bille fügte bei jedem Tier ein paar persönliche Bemerkungen über ihren Eindruck an. So stand hinter dem Namen „Mazurka“: Agnieszkas Pferd, ein Waisenkind, das sie großgezogen hat.
    Das Ergebnis ihrer Arbeit gab Mutsch über das Faxgerät des Hotels nach Groß-Willmsdorf durch.
    Dann begann eine Zeit des qualvollen Wartens. Der nächste Tag verging, ohne dass irgendetwas geschah.
    Okay, sagte sich Bille, das Problem zu lösen braucht mehr als ein paar Stunden. Daddy und Simon werden bei Freunden und Bekannten herumtelefonieren, um nachzufragen, wer ein Pferd übernehmen kann. Es muss genau geprüft werden, ob der Reitverein Wedenbruck oder der Schulstall Platz für eines oder zwei der Pferde hat. Bille wusste, dass fast alle Boxen belegt waren, und einige musste man immer für Gast- oder Schülerpferde zur Verfügung halten.
    Agnieszka wich den ganzen Tag kaum von Billes Seite, doch sie stellte keine Fragen. Trotzdem spürte Bille, dass sie keine Sekunde an etwas anderes denken konnte, ständig hin und her gerissen zwischen Hoffnung und Resignation. Ihr selbst erging es nicht anders. Beide Mädchen versuchten ihrer Unruhe Herr zu werden, indem sie sich in wilde Geschäftigkeit stürzten. Sie putzten die Pferde gründlich, verzogen die Mähnen, wuschen und kämmten die Schweife, dann nahmen sie sich des Leders der Zaumzeuge und Sättel an, fetteten und polierten sie, bis ihnen die Finger wehtaten. Sie blieben den ganzen Tag im Stall, scheuerten Türen und Boden, reinigten die Gitterstäbe der Boxen und die Lampen, räumten den Schrank auf und fanden immer wieder etwas zu tun. Tomek , der hin und wieder zu ihnen hereinschaute, schüttelte nur verständnislos den Kopf. Welch eine Verschwendung, wo man doch bald keinen Stall mehr benötigen würde! Draußen strömte derweil der Regen ununterbrochen vom Himmel und ließ den Hof zu einer masurischen Seenlandschaft im Miniformat werden.
    Am Spätnachmittag hielt Bille es nicht mehr aus und rief Simon an. Er wirkte abgehetzt und hatte es eilig. „Wir sind dran, Bille, wir tun, was wir können!“, war alles, was sie von ihm zu hören bekam. Für den Rest des Tages schwieg das Telefon, so beschwörend Bille es auch anstarrte. Wir sind dran, wir tun, was wir können - war das nun ein hoffnungsvolles Zeichen, oder musste sie den Satz eher negativ deuten? Wir tun, was wir können, aber bis jetzt haben wir keinen Erfolg gehabt, und es ist zweifelhaft, ob sich daran noch etwas ändert. Alles war möglich.
    Auch am nächsten Tag rührte sich nichts. Diesmal rief Bille Daddy Tiedjen an. Aber auch er hatte keine Zeit mit ihr zu sprechen, im Hintergrund hörte sie erregte Stimmen. Er sagte hastig, sie möge sich doch bitte ein bisschen gedulden, er melde sich sobald
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