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Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Titel: Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)
Autoren: Gisbert Haefs
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verstecken, an dem ich beteiligt bin. Welches sich in Köln aufhält und alsbald von mir gehütet werden will, da der eigentliche Bücherhüter Ferien macht. Und da stehen die meisten der Philo-Werke immer noch. Jemand hat sie mir mal abgekauft, aber nach Aushändigung der Kaufsumme auf die Bücher verzichtet.«
    »Klingt wie schlechte Saison für Bildung, oder?«
    Matzbach stöhnte leise. »Sowohl immer schon als auch hin und weder noch.«
    »Warum behalten Sie sie nicht einfach?«
    »Ich habe zu wenig Platz. Ich bin ohnehin ein Ein-Mann-Slum.«
    Vogelsang verschluckte sich und hustete Kölsch.
    »Hat die Frau Sie verlassen, weil Sie ihr beim Kölschtrinken immer auf den Extrazeh gespuckt haben? Oder warum suchen Sie sie?« Matzbach wischte sich den rechten Handrücken, der als Schirm gedient hatte, und betrachtete die Spritzer auf seiner Zigarre.
    »Da muß ich länger ausholen.«
    »Tun Sie das. Ich meine, das ist ein nettes Gespräch, gutes Wetter, ich habe auch schon schlechteren Milchkaffee getrunken; aber bevor ich einen Auftrag annehme – falls ich das überhaupt will –, müßte ich mehr wissen. Was wollen Sie, was versprechen Sie sich davon, derlei. Schließlich könnte es ja sein, daß Sie die Frau umbringen wollen, und ich soll sie für Sie suchen.«
    Vogelsang lächelte ein wenig gequält. »Umbringen wollte ich sie vor, ah, fünfundzwanzig Jahren.«
    Es war eine längere Geschichte, voll von
amour fou
und den Echos titschender Tränen. Matzbach lauschte aufmerksam und betrachtete dabei das hagere Gesicht des Mannes. Für zweiundfünfzig Jahre, fand Baltasar, sah Vogelsang schlecht aus. Ausgezehrt, urlaubsreif, rekonvaleszent; andererseits mochte er einfach der Typ sein, der immer so aussieht. Tränensäcke beweisen nicht, daß ihr Träger ewig heult, und hohle Wangen garantieren dem, der Backenstreiche austeilt, keineswegs prächtigen Hall. Und während er lauschte, sagte er sich, daß Elegien ausgefeilt sein müssen (diese war es nicht), um wirklich zu rühren, und daß von allen Arten Kitsch, der auf Gemeinplätzen feilgeboten wird, nur einer uns wirklich interessiert, nämlich der jeweils eigene.
    Zu allem Überfluß hieß die weiland junge Dame, die den frühen Vogelsang zu heftigem Trällern aufgewiegelt hatte, auch noch Marion Wiegeler. Der ältere Vogelsang, der nurmehr matt zwitscherte, wollte nun, ehe die Vergreisung nach ihm langte, einen Schlußstrich unter seine Reminiszenzen ziehen – »kein neues Kapitel anfangen, sondern das Buch endgültig zuklappen«, wie er mit mannhaft gedämpfter Stimme sagte.
    Am Ende der länglichen Rede zog er etwas aus der Tasche und hielt Matzbach die Handfläche hin. »Hier.«
    Es war ein goldiger Ring mit einem beinahe rechteckigen grünen Stein – vermutlich teuer, wenn nicht gar kostbar, wie der an Edelsteinen und anderen Formen kristalliner Kohle uninteressierte Matzbach annahm. Er beschloß, daß es kein Stein, sondern Glas zu sein habe.
    »Inwiefern hier?« sagte er.
    »Den Ring habe ich mit Blut und einem gebrochenen Bein bezahlt und ihr geschenkt – damals. Als sie mich entlassen hat, sagen wir das mal so, da hat sie ihn mir zurückgegeben.«
    Matzbach betrachtete das Schmuckstück. »Blut und Beinbruch, Schweiß und Tränen? Und jetzt wollen Sie ihn ihr zurückgeben?«
    »Den Ring; und die Erinnerungen, die daran hängen. Ich will beides nicht länger mit mir herumschleppen.«
    »Sie könnten ihn doch einfach in den Rhein werfen, als Schmuck für den Ringzeh der jüngsten Rheintochter.«
    Vogelsang blickte, wie Baltasar fand, eher weihleidig denn wehmütig. »Ich glaube, Sie nehmen mich nicht so richtig ernst.«
    »Ernst genug, um Ihr absurdes Anliegen ernsthaft zu erwägen.«
    »Schön. Ich meine, nett von Ihnen. Was würde so was denn bei Ihnen kosten? Wenn Sie sich detektivisch damit abgäben?«
    »Weiß ich nicht.« Matzbach kratzte sich den Kopf. »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Ob ich das als richtigen Auftrag ansehe, so was für ernsthafte Dreckdecktiefe. Oder als Beschäftigungstherapie für einen gelangweilten Menschen.«
    »Gelangweilten Ein-Mann-Slum?« Vogelsang konnte plötzlich wieder grinsen.
    »So ebbes, ja. Hm. Ich müßte aber noch mehr wissen.«
    Vogelsang zückte sein linkes Handgelenk. »Müssen Sie nicht nach Köln?«
    »Eigentlich schon. Also, wissen Sie was? Als Anzahlung übernehmen Sie einfach meinen Milchkaffee. Und wir müssen uns noch mal zusammensetzen und plaudern. Ein paar Fragen, oder so ähnlich.«
    Vogelsang
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