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Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Titel: Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)
Autoren: Gisbert Haefs
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winkte der mobilen Service-Abteilung des Lokals. »Wenn Sie mit der Bahn fahren würden, könnte ich Sie ja bis Köln begleiten.«
    »Wenn ich mit der Bahn führe, könnten Sie das; Sie könnten es aber auch mit dem Auto. Wohin wollen Sie denn heute noch?«
    Vogelsang runzelte die Stirn; die Warze weiter oben rutschte einen Millimeter nach hinten. »Eigentlich eine Idee. Ich will nirgendwo hin, aber ich könnte ja mitfahren, und Sie setzen mich in Köln-Süd oder Köln-West am Bahnhof ab. Plaudern und zurückfahren, gewissermaßen.«
    *
Vgl. Kein Freibier für Matzbach

2. Kapitel
    Die gräßlichen Erzählungen des Unweisen über seine Kindheit erklären dem leidenden Lauscher die Unbill seiner Gegenwart und lassen ihn des Berichters hinfälliges Alter herbeiwünschen.
    F ELIX Y Ü
    Im Parkhaus blieb Vogelsang neben Matzbachs DS stehen, mit einem halb skeptischen, halb entzückten Ausdruck.
    »Das also ist Ihr Gefährt.«
    »Klingt wie eine Feststellung; oder war das eine Frage?«
    »Feststellung. Ich habe den Wagen schon ein paarmal in der Nähe des Antiquariats gesehen, und Yü hat mir davon erzählt.«
    »Ah.« Matzbach schloß auf; über das Wagendach hinweg sagte er: »Sie kennen Yü? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
    »Ach, ich wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen.«
    »Dann fallen Sie jetzt mit der Tür ins Auto. Woher kennen Sie denn den guten Felix?«
    »Wir sind gewissermaßen Kollegen.«
    Felix Yü, in Europa geborener Chinese, inzwischen 40 Jahre alt, hatte als Kellner, Koch, Leibwächter, Kampfsportlehrer, Hilfsschreiner (bei einem Sargtischler) und Hobbywinzer gearbeitet, dann mit Matzbach ein schwimmendes Restaurant auf dem Rhein geleitet und betrieb nun seit Jahren mit seiner Freundin Daniela Dingeldein zusammen ein Antiquariat, in dem auch ein wenig Geld von Baltasar steckte. Dazu gewisse Bücher.
    »Inwiefern Kollegen?« sagte Matzbach beim Einsteigen.
    Im Wagen, nach geziemenden Ausrufen der Begeisterung über die Empfindungen, die durch Ledersitze und allgemein »ein Gefühl von
de luxe
« bewirkt wurden, erzählte Vogelsang dann den nächsten Teil der Geschichte.
    Die entschwundene Dame, sechs Zehen links, hatte sich immer für pittoreske Verwachsungen interessiert; unter anderem, sagte Vogelsang, habe sie Bücher und Bilder gesammelt, allerlei Kuriosa dieser Art sowie das betreffend, was man politisch unkorrekt »Monstrositäten« nennen könne. Was ihn, in jungen Jahren, dazu gebracht habe, sich der Orthopädie zu verschreiben – »praktisch, wissen Sie, nicht als Mediziner.«
    »Sie haben also Einlagen und Krücken und Prothesen gebastelt?«
    »Im Prinzip ja.«
    Irgendwann habe dies jedoch begonnen, ihn zu langweilen – oder zu überfordern, je nachdem. Als auch dieses handwerklich anspruchsvolle Metier immer mehr elektronisch korrumpiert wurde, habe er die Lust daran verloren.
    »Außerdem, ehrlich gesagt, mochte ich mich nicht – tja, umerziehen lassen. Weiterbilden, wenn Sie so wollen. Ich hatte einfach keine Lust, mich mit einem Computerfreak zusammenzutun, der in die Prothesen, die ich nach seinen Berechnungen hätte anfertigen müssen, dann die Steuerung einbaut.«
    »Kann ich irgendwie verstehen. Und was haben Sie gemacht?«
    »Ich hatte, wegen Marions Zeh, Sie wissen schon, auch irgendwann angefangen, alles mögliche Zeug zu sammeln.«
    »Könnten Sie da ein bißchen genauer werden?«
    Vogelsang holte tief Luft und sprudelte los. Matzbach behielt so schnell nicht alles, speicherte aber immerhin Objekte wie zweiköpfige Schlangen in Alkohol, menschliche Nasen mit drei Löchern, balsamierte Hände mit zwei Daumen, mißgebildete Tierföten, alte Prothesen jeder Art, ägyptischen Zahnersatz …
    Wäre der Verkehr nicht relativ dicht gewesen, hätte Baltasar das Steuer losgelassen, um zu klatschen; so stieß er nur beifälliges Gackern aus und sagte: »Kapitän Ahabs Walbein? Karnickel mit Hasenscharte? Dackel mit Wolfsrachen? Mumien mit Bißspuren von Dracula? So was?«
    Vogelsang hüstelte. »Nicht ganz, aber fast. Menschenwürde, heißt es, gilt auch für Tote, deshalb ist vieles, was den einen oder anderen interessieren könnte, absolut verboten. Und natürlich macht so ein Verbot gewisse Dinge, die ohnehin rar sind, noch ein bißchen teurer.«
    »Lassen Sie mich raten.« Matzbach schnalzte. »Sie haben solche hübschen Dinge gesammelt, und als Sie keine Lust mehr hatten, neue Krücken herzustellen, haben Sie alle alten, die Sie kriegen konnten, gesammelt und einen
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