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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition)
Autoren: Ippolito Nievo
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Antwort abzuwarten, wie von einer größeren Sorge getrieben, in die Vorhalle, wobei sie Blumenschalen umwarf, mehrfach mit den Ellbögen anstieß, Kerzen zum Verlöschen brachte und schließlich völlig zerzaust und mit verzerrten Gesichtszügen just in dem Augenblick die Tür zur Straße erreichte, als Formiani, gestützt von seinem Hauskaplan und dem Cappanera 14 zwischen einer doppelten Fackelreihe die letzte Stufe der Treppe erklomm.
    « Oh, ehrwürdigste Mutter!», sagte der alte Edelmann mit heiserer, fast ersterbender Stimme.«Es ist mir eine Freude, Sie in diesem irdischen Jammertal noch einmal wiederzusehen! (He, Don Gasparo, fass mich fester unter der Schulter – nachdem du heute Morgen meine Seele geheilt hast, sollst du nun doch nicht dem Leib Schaden zufügen.) Es ist Festtag heute, nicht wahr, Ehrwürdigste? »
    Die Äbtissin, die im Moment des ersten Zusammentreffens mit Formiani schon im Begriff gewesen war, vor ihm auf die Knie zu fallen, erholte sich indes von dieser Verwirrung und antwortete, sie hätten der Muttergottes in diesem ihr geweihten Monat Huldigungen dargebracht, und gewiss sei ihr Tun dem Himmel wohlgefällig gewesen, wenn er es ihnen schon jetzt mit der geschätzten Anwesenheit Seiner Exzellenz vergalt.
    « Holla, Bernardo, heb mir das Bein hoch, wenn ich in den Sprechsaal eintreten soll!», sagte der Kranke zum Cappanera.«Ich kann mich wegen dieses vermaledeiten Anfalls kaum auf den Beinen halten, und du willst mich vier Stufen auf einmal nehmen lassen... Aah ja, so!», sagte er, den Fuß in den Saal setzend, und grinste ein wenig über das große Füßescharren und die tiefen Verbeugungen, die sein Erscheinen dort auslöste.
    « Gewiss, gewiss!», hob er zur Äbtissin gewandt wieder an, die ihn nach links zu dem Ehrenplatz geleitete, den kurz zuvor sie selbst eingenommen hatte.
    « Gewiss! So eine kleine Feier zu Ehren der Madonna ist doch ein wahres Wiederauferstehungsfest für fromme Seelen, und ich sagte mir: Wir wollen unsere Genesung auf fromme Weise beginnen, gehen wir hinüber zu den guten Schwestern, vielleicht können wir da ja etwas geistlichen Zuspruch einheimsen!»
    « Befehlen Exzellenz vielleicht, dass wir in die Kirche gehen und ein Dankgebet...?»
    « Nein, nein, nein!», unterbrach der alte Herr sie sogleich, wobei er sich mit Hilfe von Gasparo und Bernardo auf dem Sessel niederließ.«Nein, hochwürdige Mutter! Sie werden wissen, was der heilige Paulus sagt: Mitjeder Tat, die den Geboten der Heiligen Schrift gehorcht, betet man zu Gott! 15 Nun also, lasst uns hierbleiben, umringt von diesen edlen Damen und vortrefflichsten Herren, so werden wir uns, weil wir ja nichts Böses tun, das Paradies verdienen... auf bequemere Weise!», setzte er mit völlig tonloser Stimme hinzu, vervollständigte aber für diejenigen, die das Letzte nicht gehört hatten, den Satz durch eine komische Grimasse.
    Morosina und Signor Terni standen noch beim Cembalo, wo sie Formiani, der sich ein ungemein scharfes Auge bewahrt hatte, während seiner Unterhaltung mit der Äbtissin musterte, und er schien auch gar nicht nach der Seite zu sehen, wo die Carminis saßen; und so rief er, als sei ihm unvermutet etwas ungemein Angenehmes begegnet, überrascht aus:«Ja, was sehe ich denn da! Den vortrefflichen Grafen Fabio und die Gräfin Teodora auch! Guten Tag, guten Tag, lieber Momolino!», setzte er zu einem schmächtigen Kerlchen gewandt hinzu, das neben der Gräfin kauerte.« Und Euer lieber Sohn Nicoletto? Wo habt Ihr denn den guten Jungen gelassen?»
    Graf Fabio machte Anstalten zu antworten, aber wie er sich auch mühte, das Wort erstarb ihm in der Kehle, und er verbarg den Kopf hinter seiner Frau, wo er einen Hustenanfall vortäuschte, der nicht eben natürlich klang.
    « Dank der gütigen Nachfrage, Euer Exzellenz!», stammelte die Gräfin, ihrem Mann zu Hilfe kommend, obschon sie den Hohn, der in der Frage lag, sehr wohl verstand, da ihr einziger Sohn schwachsinnig war.«Nicoletto begleitet meine Schwester, die Frau Prokuratorin 16 , aufs Land.»(Die adlige Dame hielt sehr auf ihre verwandtschaftlichen Beziehungen mit dem Goldenen Buch 17 .)
    « Ah, die teure Prokuratorin!», rief da Formiani mit einem Gähnen.«Danke, danke, Momolino!», sagte er dann zu diesem gewandt, der, seitdem zehn Minuten zuvor das Wort an ihn gerichtet worden war, nicht aufgehört hatte, sich vor ihm zu verneigen.«Lass gut sein...! Und wer ist denn dieser Engel an deiner Seite? Du bist ja der reinste
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