Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition)
Autoren: Ippolito Nievo
Vom Netzwerk:
Glückspilz, schöner Momoletto! Ach, das ist bestimmt deine kleine Herrin, möchte ich wetten!
    « Allerdings, Exzellenz!», erwiderte Momolino, übers ganze Gesicht strahlend und mit so einschmeichelnder Stimme wie die Bootsführer, wenn sie ihre Gondel anpreisen.«Das ist Komtess Costanza!»
    « Ah, Costanza! Ein schöner Name, bei Gott!», rief Seine Exzellenz.«Die Tante heißt auch so, glaube ich, und wer sie so getauft hat, konnte nicht in die Zukunft blicken.» 18
    Erleichtertlachte die ganze Gesellschaft auf über diesen Scherz, war die Prokuratorin doch stadtbekannt für ihren unermüdlichen Verschleiß an Geliebten; am schallendsten von allen lachte Gräfin Teodora, und Graf Fabio entblößte ebenfalls das Weiß seiner Zähne.
    « Nur zu, nur zu – unterhaltet und amüsiert euch, edle Herrschaften», sagte Formiani,«ich bin ja schließlich nicht das Haupt der Medusa 19 ! Don Gasparo, reich mir doch einmal die Tabaksdose. Und jetzt wollen wir uns auch ein wenig unterhalten!», fuhr er zur Äbtissin gewandt fort und schnupfte vorsichtig eine Prise, während sich die Versammlung, seine Ermunterung wie üblich als Befehl auslegend, alle Mühe gab, sich so geräuschvoll wie möglich zu unterhalten und zu amüsieren.
    « Glauben Sie mir, liebe ehrwürdige Mutter, um es ganz offen zu sagen, bin ich in einer Gewissensangelegenheit hier, die mir seit fünf Jahren auf der Seele liegt, und vorgestern, als ich dem Tod nahe war, habe ich das Gelübde getan, falls ich davonkäme, diese Sache in Ordnung zu bringen.»
    Die Äbtissin hüstelte etwas und wandte sich mit gequältem Ausdruck nach Morosina um, die, immer noch am Cembalo sitzend, in eine ernsthafte Unterhaltung mit dem Cavaliere vertieft war, doch als sie eines inquisitorischen Blicks gewahr wurde, der sie regelrecht durchbohrte, ließ sie auf ihren vertrockneten Lippen wieder das übliche Lächeln erblühen.
    « Hören Sie, hochehrwürdige Mutter», fuhr der Alte fort und kniff die Augen zusammen, als wolle er Gott weiß was erspähen.«Es müsste hier ein Mädchen sein, das vor nunmehr sechs Jahren auf meine Empfehlung hin bei Euch aufgenommen wurde.»
    « Ja gewiss, Exzellenz», beeilte sich die Äbtissin zu antworten,«und wir haben sie mit allem Respekt behandelt, der den Verdiensten ihres Gönners gebührt, und außerdem ...»
    « Don Gasparo, das Schnupftuch!», unterbrach Formiani sie brüsk.
    « Und außerdem...», begann die Äbtissin wieder und sah ihn von der Seite her an.
    « Und außerdem ...», fiel der andere ihr ins Wort,«und außerdem war es meine Schuld, meine schwere Schuld, dass ich mich in all diesen Jahren um das arme Geschöpf nicht gekümmert habe.»
    « Oh, was sagen Sie denn da!», erwiderte die Alte.«Wie könnte Euer Exzellenz auch nur einen Augenblick aus der Sphäre hochwichtiger Staatsgeschäfte herabsteigen, ohne dringende Pflichten zu vernachlässigen? Und außerdem... », wollte sie mit noch größerem Eifer fortfahren.
    « Und außerdem! Und außerdem!», rief Formiani nahezu ärgerlich.«Ich steige häufig aus dieser entsetzlich langweiligen Sphäre herab, nicht wahr, Bernardo? Ich habe nur unrecht daran getan, nicht nach dieser Seite herabzusteigen! Don Gasparo, putz mir doch mein Augenglas!»
    Die Äbtissin senkte den Kopf; sie hatte, wie man so schön sagt, die bittere Pille zu schlucken, dass keine einzige ihrer bemühten Schmeicheleien bei dem alten Fuchs verfing.
    « Hören Sie, ehrwürdige Mutter», hob kurz darauf der schlaue Venezianer wieder an, wobei er sich eine große Linse vors rechte Auge klemmte,« seien Sie doch so gut und zeigen mir meinen Schützling. Sie heißt Morosina, scheint mir?»
    « Ja, Morosina Valiner!», sagte die Äbtissin, in der Überzeugung, diesmal das Rechte getroffen zu haben.
    « Valiner, Valiner», murmelte der andere mit einem Achselzucken.«Da wollen Sie mich auch gleich noch über die Geschlechter im Goldenen Buch belehren! Aber teure, ehrwürdige Mutter, den Namen wollte ich wissen, nicht den Familiennamen! Hat Gott Ihnen denn keine Zunge verliehen...? So reden Sie doch...! Wo sitzt sie? Mit wem unterhält sie sich? Wie ist sie angezogen? Wie sieht sie aus...?»
    « Es ist die am Cembalo», stammelte dieÄbtissin.
    Formiani blickte in diese Richtung, wo seine Augen im Übrigen auch zuvor schon verweilt hatten; er lachte auf seine ganz eigene Art, wandte sich wieder zur Oberin und fragte scheinbar ahnungslos:« Und dieser kleine Cavaliere neben ihr, können Sie mir sagen, wie der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher