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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition)
Autoren: Ippolito Nievo
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Schwestern, und der Saal füllte sich immer mehr, ohne dass die heitere Stimmung oder die Freundlichkeit des Empfangs geschmälert worden wären.
    Der Sprechsaal war zum Bersten mit Menschen gefüllt und kein einziger Stuhl mehr frei, als auf der Schwelle ein alter Mann erschien, ein wahrhaft ausgefallenes Exemplar. Er war eher klein und wohlbeleibt, aber der ausgediente Galarock, den er trug, schien für einen Riesen geschneidert, sodass darunter wie aus dem Panzer einer Schildkröte zwei rundliche Füßchen, gänzlich überwölbt von zwei enormen Silberschnallen, gerade eben zum Vorschein kamen. Der unter den Arm geklemmte Dreispitz bedeckte ihm auf der einen Seite die Brust; auf der anderen Seite ragte er wie ein Bugsprietsegel drei Spannen über die Hüfte hinaus. Doch all das war nichts im Vergleich zum Kopf, der wie mit dem Hammer zwischen die Schultern gerammt schien; malerisch umrahmt von einer wirklich pompösen Taubenflügelperücke, die auf den Schultern in einem Zopf endete, der sich schwerlich mit einer Hand hätte umfassen lassen. Eingezwängt von dieser Perücke und diesem Rock, war der arme Mann glutrot, er schnaubte und drehte den Hals in alle Richtungen, lockerte dann mit der Hand die Enge des Kragens; doch all diese Gesten brachten ihm überhaupt keine Erleichterung, und er wirkte dadurch nur umso komischer. In der Tat waren die Grüppchen nächst der Tür dieses Pantalone 3 schon gewahr geworden und begannen sich über ihn zu amüsieren, als ihn von der anderen Seite des Saales her ein hübsches blondes Mädchen erblickte, das seit einer Stunde dort neben einem schmucken Cavaliere saß; kaum hatte sie ihn entdeckt, war sie auch schon mit einem Freudenschrei aufgesprungen, mit aller höflichen Gewandtheit durch das Menschengewühl geglitten, war dem sonderbaren Menschen um den Hals gefallen und hatte ihm zwei schallende Küsse auf die Wangen gedrückt. Dann nahm sie ihn bei der Hand, und ohne auf den Zopf zu achten, der sich in den Toupets 4 der Damen verfing, oder auf den Hut, der vor lauter Knüffen schon ganz zerdrückt war, oder auf die Litzen seines Rocks, die an allen Ecken und Kanten hängen blieben, schleppte sie ihn ohne größere Havarie zu dem Platz, wo sie zuvor gesessen war. Doch als sie, dort angekommen, zwei Stühle frei fand, sah sie sich verwundert um.
    « Wo ist denn Celio geblieben?», sagte sie für sich.
    « Hast du etwas gesagt, mein Töchterchen?», fragte der Alte, wobei er sich mit seligem Lächeln auf einen der Stühle fallen ließ.«Ach, diese Polster sind aber hart, mein Liebling!», setzte er etwas betrübt hinzu.
    Unterdessen hatte das Mädchen bei genauerem Umherspähen denjenigen, den sie suchte, in einem Grüppchen junger Herren ausgemacht und setzte sich nun liebevoll neben den Neuankömmling.
    « Was hat denn das zu bedeuten, Herr Vater», fragte sie,«dass Sie nicht wie sonst am vergangenen Sonntag gekommen sind?»
    Der Herr Papa schlug die Augen nieder und antwortete, die Ecken seines Hutes auf seinem Schoß zurechtzupfend: Podestà 5 von Asolo zu sein sei etwas ganz anderes, als Podestà von Lonigo 6 zu sein, und mit der Übernahme dieser neuen Würde seien so viele Geschäfte auf ihn zugekommen, dass er seine jährliche Reise nach Venedig wenigstens um eine Woche habe verschieben müssen.
    « Und weißt du», fügte er hinzu,«wäre da nicht die Krankheit Seiner Exzellenz Formiani gewesen, die allem Zögern ein Ende machte, so hätte ich noch einen weiteren Monat bleiben müssen...? Und denk dir nur, was mir jetzt widerfährt, just im Augenblick meines Eintreffens hier wird der Kranke plötzlich gesund!»
    « Wie, Formiani auf dem Weg der Besserung? Lob sei dem Herrn!», rief das junge Mädchen.« Aber weshalb haben Sie mich denn nicht von der Verzögerung Ihrer Ankunft unterrichtet? Ich war so in Sorge, diese sieben Tage lang.»
    « Ich dachte, das hätte wie sonst auch die edle Frau Cecilia besorgt», erwiderte der Podestà,«aber diese Perle einer Gattin nimmt solchen Anteil an meinen Amtsgeschäften, dass sie es vergessen haben wird.»
    « Und hat sich die Frau Mutter indessen an die Luft dort oben gewöhnt?», fragte das Mädchen.
    « Ach, meine Tochter, das ist eine Frau, die sich an alles gewöhnt, und wo andere vor Entkräftung umfallen, setzt sie Speck an!»
    « Umso besser! Ihre Worte sind mir ein echter Trost. Ich bin nämlich sehr erschrocken, als sie mir schrieb, welche Krankheiten sie im Winter durchgemacht hat!»
    « Ja, ja, meine liebe
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