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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition)
Autoren: John Marsden
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danach war ich eingeschlafen.

Viertes Kapitel
    Am nächsten Tag unternahmen wir nicht sehr viel. Keiner stand vor zehn oder elf Uhr auf. Das Erste, was wir fanden, war ein Säckchen mit Keksen, das wir übersehen hatten, als wir die Lebensmittel einpackten. Es war leer. Durch uns war jetzt ein dankbares Tier wesentlich fetter.
    Unser Frühstück ging in den Lunch über und dauerte bis in den Nachmittag hinein. Im Grunde genommen lagen wir einfach herum und fraßen uns dick und rund. Kevin und Corrie veranstalteten auf Kevins Schlafsack eine leidenschaftliche kleine Session; Fi und ich ließen unsere Füße in den kalten Bach hängen und machten Pläne für unser Leben, wenn wir die Schule und Wirrawee verlassen hatten. Lee las ein Buch, Im Westen nichts Neues. Robyn hatte ihren Walkman eingeschaltet. Homer probierte alles Mögliche aus: kletterte auf einen Baum, suchte im Bach nach Gold, trug einen Haufen Brennholz zusammen, versuchte ein paar Schlangen aufzuscheuchen. Als ich wieder ein bisschen Energie hatte, begleitete ich ihn, um zu sehen, ob der Weg weiterging. Aber wir fanden keine Spur von ihm. In jeder Richtung gab es nur dichtes Gebüsch. Seltsamerweise sahen wir auch keine Spur einer Hütte, einer Höhle, eines Zufluchtsortes – etwas, das der alte Kerl gehabt haben musste, falls er wirklich hier unten gelebt hatte. Als wir schließlich genug davon hatten, uns unseren Weg durch teilnahmsloses Gestrüpp zu bahnen, gaben wir auf und kehrten zur Lichtung zurück. Als wir dort eintrafen, fand Homer eine Schlange. Es war sechs Uhr und der Boden kühlte allmählich ab. Homer ging zu seinem Schlafsack, zog die Schuhe aus und streckte sich dann bequem mit einer Packung Kartoffelchips aus. »Das ist ein großartiger Ort«, sagte er. »Einfach vollkommen.« In diesem Augenblick muss sich die Schlange, die in seinen Schlafsack gekrochen war, unter ihm bewegt haben, denn Homer sprang auf und rannte mindestens zehn Meter weit weg. »Herr im Himmel!«, brüllte er. »Da ist etwas drin. In meinem Schlafsack ist eine Schlange!«
    Sogar Kevin und Corrie hörten mit dem auf, was sie taten, und kamen herübergerannt. Es entwickelte sich eine wilde Debatte. Zuerst darüber, ob Homer sich das alles einbildete, und dann, als wir alle sahen, dass die Schlange sich bewegte, darüber, wie wir sie ohne Verlust an Menschenleben herausholen konnten. Kevin wollte den Schlafsack in den Bach legen und mit Steinen beschweren, bis die Schlange ertrunken war; Homer war nicht gerade begeistert. Er mochte seinen Schlafsack. Wir waren nicht allzu sicher, dass die Schlange den Sack nicht durchbeißen konnte; als ich noch ein Kind war, hatte mir ein Scherer eine entsetzliche Geschichte erzählt, in der sein Sohn durch die Decke gebissen worden war, als er schlafend im Bett lag. Ich weiß nicht, ob die Geschichte wahr war, aber ich vergaß sie nie.
    Wir beschlossen allen Experten zu vertrauen, die uns seit unserer Kindheit versicherten, dass Schlangen mehr Angst vor Menschen haben als Menschen vor Schlangen. Wir nahmen an, dass wir nur an einem Ende des Schlafsacks warten mussten, bis die Schlange am anderen Ende herauskriechen würde. Dann würde sie wahrscheinlich in die entgegengesetzte Richtung, direkt in den Busch, gleiten. Also holten wir zwei kräftige Stöcke; Robyn und Kevin hielten je einen von ihnen, schoben sie unter den Schlafsack und begannen ihn langsam hochzuheben. Es war eine fesselnde Szene, besser als Fernsehen. Eine Minute lang geschah nichts, obwohl sich die Schlange deutlich unter dem gespannten Stoff abzeichnete. Sie war ziemlich groß. Robyn und Kevin versuchten den Schlafsack zu kippen, damit die Schlange durch die Öffnung herausfiel. Sie machten es sehr gut; perfektes Teamwork. Der Schlafsack war in Schienbeinhöhe, dann in Kniehöhe und stieg noch immer. Dann gerieten die Stöcke irgendwie zu weit auseinander. Corrie rief etwas; die beiden begriffen und begannen die Stöcke zu korrigieren, aber Robyn ließ einen Augenblick lang los. Dieser Augenblick genügte. Der Schlafsack glitt zu Boden, als wäre er lebendig geworden, und eine sehr wütende Schlange schoss heraus. Der einzige Gedanke, der mir in diesem Augenblick durch den Kopf schoss, war, dass Kevin vor Schlangen offensichtlich genauso viel Angst hatte wie vor Insekten. Er stand einfach da, weiß im Gesicht, zitternd, und sah aus, als würde er sofort zu weinen anfangen. Er war so gelähmt, dass er gewartet hätte, bis die Schlange an seinem Bein hinaufkroch
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