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Ein EKG fuer Trimmel

Ein EKG fuer Trimmel

Titel: Ein EKG fuer Trimmel
Autoren: Friedhelm Werremeier
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das alles zusammen… Nein!« schreit er, als er plötzlich die Pistole sieht, die sich auf ihn richtet. »Das hilft doch erst recht… Bitte nicht… vielleicht überleg ich…«
    Es blitzt zweimal. Plop … plop …
    Die Stimme hinter Mike hat keine weiteren Fragen mehr abgeschossen; statt dessen haben zwei Kugeln aus einer Walther PPK 7,65 Millimeter mit Schalldämpfer den Mann, der am Totensonntag bloß bei seinem Freund sein wollte, von den Füßen gerissen.
    14 Uhr 16.
    Mike schweigt. Mike ist undankbar. Mike schweigt sogar zu den letzten, röchelnden Atemzügen von Jacob ›Jake‹ Tennessy. Verzeihlich ist das allenfalls deshalb: Pulvergase, dazu noch in seinem vollklimatisierten Lebensraum, sind für Mike schieres Gift.
    Keine Sekunde lang wird Mike um den Mann trauern, der seit Jahren sein Freund war. Auf dem Hemd des Mannes, der hier vor ihm auf dem Rücken liegt, breitet sich mehr und mehr das Blut aus; Mike nimmt es nicht zur Kenntnis. Mike bleibt stumm, als der Mensch mit der Waffe den Tatort verläßt; er wird sich in der Folgezeit allenfalls als stummer, seelenloser Zeuge dieses Mordes zur Verfügung stellen. Oder so: er wird ein Zeuge sein, der höchstens in Rätseln spricht, wenn ihn jemand nach dem Mörder fragt.
    Das ist des Rätsels Lösung: Mike ist ein Computer der sogenannten vierten Generation.

2
     
     
     
    Am 14. September dieses Jahres, einem Dienstag, nahm Trimmel gegen Mittag den soundsovielten Zug des Tages aus der soundsovielten schwarzen Zigarre, kriegte gleich darauf große und entsetzte Augen, griff sich links an die Brust und schnappte nach Luft.
    »Verdammt!« knurrte er. Mehrere Schläge seines Herzens waren ineinandergerutscht. Herzstolpern, sagte er sich, sobald er wieder klar denken konnte.
    »Das sind bestimmt Extrasystolen!« sagte auch der halbgebildete Höffgen, der ins Büro kam, als Trimmels bleiche Hand noch auf dem Herzen lag.
    »Soviel versteh ich auch davon!« brummte Trimmel. »Behalt’s gefälligst für dich!«
    Aber am nächsten Tag kam es wieder. Es war Trimmel schon so vertraut wie den meisten Menschen ihre kleinen und großen Defekte: sie sind da, sie gehören zum Leben. Seltsamerweise überhaupt nicht zum Tod, an den sie doch wohl behutsam erinnern sollen und wollen.
    Trimmel legte die Zigarre weg und holte sich eine n Cognac; soviel verstand er tatsächlich von der Medizin. Diesmal sagte er nichts.
    Aber Höffgen sah auch so, was mit dem Alten los war. »Sie sollten zum Arzt gehen«, meinte er herzlos, »mit so was ist in Ihrem Alter nicht zu spaßen!«
    Außerdem weniger rauchen und trinken. Die Erleichterung im Anschluß an den Cognac ist eine scheinbare und überdies lediglich vorübergehende Erleichterung.
    »Ein Wunder übrigens«, fügte Höffgen auch noch hinzu, »daß Sie da nicht schon früher Ärger gekriegt haben!«
    Wenig über die Fünfzig, dachte Trimmel betroffen, und dann noch früher…?
    Am Donnerstag stolperte das Herz, am Freitag, am Samstag, am Sonntag. Gott sei Dank war es eine ruhige Woche bei der Kriminalgruppe 1 im Polizeipräsidium am Berliner Tor. Zwei Totschläge auf St. Pauli, die gleich an Ort und Stelle von der Kripo Budapester Straße geklärt wurden; eine Gattentötung an der Wandsbeker Chaussee, bei der sich der Ehemann selbst als Täter stellte. Ein armes Schwein. Auch er hatte es mit dem Herzen gehabt, allerdings im übertragenen Sinne. Seine Frau war ein kleines Nymphchen gewesen; vor der Obduktion mußten sie ihr nicht mal das Höschen ausziehen.
    Montags ließ sich Trimmel insgeheim einen Termin bei Dr. Otto Frerichs geben, und am Dienstag, genau eine Woche nach dem ersten Stolpern, ging er um vier Uhr nachmittags in die Sprechstunde des Internisten.
    »Auf Sie habe ich ja schon lange gewartet«, sagte Dr. Frerichs. »Ein Lebenswandel wie ein Barkellner, der seinen Beruf ernst nimmt und deshalb alles selbst ausprobiert!«
    Trimmel, gehorsam, wenn auch verbittert, machte den Oberkörper frei und legte sich auf die Couch. Husten, Spucken, Heiserkeit auf Kommando.
    »Chronische Bronchitis!« konstatierte Frerichs.
    Ein massives Paket Leber rechts unter dem Rippenbogen.
    »Eine reichlich fette Fettleber!« kalauerte der Arzt. Und zum Zahnarzt, meinte er wenig später, könne Trimmel übrigens auch mal wieder gehen.
    »Ich habe Herzstolpern!« knurrte Trimmel, weitgehend wehrlos. »Das ist der einzige Grund, weshalb ich hier bin!«
    »Hängt alles zusammen«, sagte Frerichs munter, »aber trösten Sie sich: ganz so schlimm
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