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Ein EKG fuer Trimmel

Ein EKG fuer Trimmel

Titel: Ein EKG fuer Trimmel
Autoren: Friedhelm Werremeier
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gefüttert. Mit Ihren wichtigsten Daten und Ihren Herzschlägen sozusagen. In ein paar Sekunden hat er dann Ihre Diagnose gestellt und hämmert sie per Telefon hierhin zurück in den Drucker; das machen inzwischen die meisten Kollegen…«
    »Verrückt!« sagte Trimmel kopfschüttelnd.
    »Überhaupt nicht. Es erleichtert einem die Arbeit.«
    »Stimmt das denn alles?«
    »Bester«, sagte Dr. Frerichs, »ich halt Ihnen gelegentlich gern einen Privatvortrag, aber lassen Sie mich jetzt damit in Ruhe. Der Computer irrt sich nie, das kann ich Ihnen noch sagen. Es sei denn, er wird falsch gefüttert wie neulich bei dem Mann mit dem Herzschrittmacher. Das hatte man dem Computer versehentlich nicht gesagt, und dann…«
    Dann stand Trimmel auf. Er hatte immer noch die Computerdiagnose in der Hand.
    Frerichs schrieb ein Rezept aus. Als er fertig war, sagte er: »Hier. Dreimal täglich. So wenig wie möglich rauchen und saufen!«
    Trimmel war beeindruckt und sah fast gehorsam aus. »Schönen Dank auch!« Er ging zur Tür.
    »He, die Diagnose!« sagte Frerichs.
    Trimmel sagte mit großen Augen: »Die wollt ich eigentlich mitnehmen. Als Andenken…«
    Aber Frerichs blieb stur: Die Diagnose verblieb in seiner Kartei. »Dahinter steckt doch wieder bloß Ihr Mißtrauen. Besorgen Sie sich doch selbst ein Exemplar! Jedenfalls sind Sie im Computer erst mal für alle Ewigkeit gespeichert.«
     
     
    Trimmel fuhr spornstreichs in seine Stammkneipe Farmsen Inn und bestellte Bier und Korn. »Da hast du mehr als dein halbes Leben hinter dir«, sagte er zu dem Gastwirt, der sein Freund war, »und dann kommt plötzlich ‘ne Computermaschine und nimmt dich zu Protokoll!«
    »Besser rot als tot!« sagte der Gastwirt, der so gut wie gar nichts verstand, reichlich flapsig.
    »Spinner! Weißte überhaupt, was ‘n Computer ist?«
    »Bei mir reicht’s nur zum Zapfhahn«, sagte der Wirt. »Hat mein Alter schon klar erkannt, als ich noch Milch trank.«
    »Muß lange her sein!« sagte Trimmel und ärgerte sich, daß er überhaupt damit angefangen hatte.
    Es störte Trimmel, daß irgend jemand Dinge über ihn wußte, die er selbst am liebsten verdrängt hätte, und sei es auch nur ein Computer. Behalt’s für dich! hatte er zu Höffgen gesagt, als ihn das Herzstolpern überkam. Und jetzt konnte jeder – jeder, der sich auf ein paar Handgriffe verstand – den Computer fragen: Wie geht’s denn eigentlich diesem Hauptkommissar Trimmel? Ich meine, gesundheitlich; ist er überhaupt noch halbwegs gut zuwege?
    Noch ein Bier, noch ein Korn. Nun gerade – diesem Computer zum Trotz. In Wirklichkeit trank Trimmel natürlich nur seinem Arzt zum Trotz; genauer gesagt, seiner eigenen Gesundheit zum Trotz. Aber was, bitte, tut der Mensch nicht alles in seinem Schmerz?
    Es ist zum Verrücktwerden, befand Trimmel. Er neigte schon seit jeher zur Hysterie: Erstens, er sah Gefahren, wo sie gar nicht lauerten, zweitens, er sah sie allerdings auch dort, wo sie wirklich lauerten, bisher jedoch noch von keinem anderen gesehen worden waren.
    Und wie war’s hier? Hier und heute, an seinem Tag des Computers? Hier, im Old Farmsen Inn, trank er noch einiges, ließ dann aber immerhin den Wagen stehen.
    »Ruf mir ein Taxi!« sagte er dem Wirt.
    Auf der Heimfahrt war er schon so weit, die seelenlose Computermaschine als persönlichen Gegner zu identifizieren. Damit war er – was er damals noch nicht wissen konnte – in umgekehrter Hinsicht fast so weit wie der Fachmann Jake Tennessy, der Leiter des Computerzentrums in der Fontenay, der seinen Computer Mike nannte.
    Er jedenfalls, der Laie Trimmel, würde sich diesen Computer, der sich seiner Person bemächtigt hatte, wenigstens mal anschauen. Er würde ihn sich aus der Nähe anschauen und gegebenenfalls strikt darauf bestehen, daß man seinen Namen aus dem Gehirn der Maschine löschte.
    Kann man denn darauf bestehen?
    Ich werd’s schon durchsetzen, schwor sich der erboste Polizist, als er zu Hause, schon ausgezogen, ein allerletztes Bier trank. Ich werde mich durchsetzen, wegen dieser Situation und meiner Antipathie von Anfang an…
    Mochte, beispielsweise, das Bundeskriminalamt hundert- und aberhundertmal recht haben mit seiner Ansicht, die Kriminalistik von heute könne auf den Computer nicht mehr verzichten – Trimmel hielt es trotzdem immer noch mehr mit der Spurenkunde. Mit Fingerabdrücken, Blutspuren, Punzzeichen, Tatortsicherungen, Tintenaltersbestimmungen und Waffenkunde. Vor allem mit der eigenen Intuition, auch
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