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Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman

Titel: Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Autoren: Ian Rankin Giovanni Bandini Ditte Bandini
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fortwährend mit den Füßen, rollte die Schultern und bedachte Rebus, der Fetzen von »You’re So Vain« vor sich hinsummte, immer wieder mit bösen, empörten Blicken.
    Datum, Uhrzeit und Ort des Todes festzustellen war kein Problem. Die Todesursache war auch leicht ermittelt, wenngleich sich Professor Gates wegen der genauen Formulierung nicht ganz sicher war.
    »Stumpfes Trauma?«
    »Wie wär’s mit Bootsunfall?«, schlug Rebus vor, was hier und da mit einem Lächeln quittiert wurde. Wie die meisten Pathologen hatte Professor Alexander Gates MD, FRC Path., DMJ (Path.), FRCPE, MRCPG, einen ausgeprägten Sinn für Humor. Einen absolut unerlässlichen Sinn für Humor. Er sah nicht wie ein Pathologe aus. Er war nicht lang und leichengrau wie Dr. Curt, sondern ein sanguinischer, vierschrötiger Typ, der von seiner Figur her eher an einen Ringer als an einen Leichenbeschauer erinnerte. Er hatte eine breite Brust, einen Stiernacken und fleischige Hände, deren Finger er für sein Leben gern in den Gelenken knacken ließ, sei es einzeln oder alle auf einmal.
    Er mochte es, wenn man ihn Sandy nannte.
    »Ich bin derjenige, der den Totenschein ausstellt«, erklärte er Brian Holmes, der daraufhin das entsprechende Kästchen im provisorischen Vordruck ausfüllte. »Die Adresse lautet ›Gerichtsmedizin, Cowgate‹.«
    Rebus und die Übrigen sahen zu, wie Gates seine Untersuchung vornahm. Er war imstande, das Vorliegen zweier unterschiedlicher Leichen zu bestätigen. Er entnahm Proben venösen Blutes zwecks Feststellung von Blutgruppe,
    DNA, toxikologischem Befund und Blutalkohol. Normalerweise wären auch Urinproben entnommen worden, aber das ließ sich diesmal einfach nicht machen, und Gates zweifelte
selbst an der Verlässlichkeit von Blutuntersuchungen. Als Nächstes kamen Humor vitreus und Mageninhalt sowie Galle und Leber.
    Dann begann er vor ihren Augen die Leichen wieder zusammenzusetzen: nicht so, dass sie als Menschen erkennbar wurden, nicht ganz jedenfalls, aber so, dass er sicher sein konnte, alle ursprünglichen Teile der Körper beisammen zu haben. Dass nichts fehlte und nichts dazwischengeraten war, was nicht dazugehörte.
    »Als Junge habe ich unheimlich gern Puzzles gemacht«, sagte der über seine Arbeit gebeugte Pathologe ruhig.
    Rebus erinnerte sich, ebenfalls ein Faible für Puzzles gehabt zu haben. Er fragte sich, ob Kinder noch immer damit spielten. Als die Leichenschau abgeschlossen war, rauchte er draußen, in der trockenen, frostigen Luft eine Zigarette. Links und rechts die Straße runter gab es genügend Pubs, aber es hatte noch keines geöffnet. Sein Frühstücksschlückchen Whisky hatte sich schon fast verflüchtigt.
    Brian Holmes kam aus dem Leichenschauhaus und stopfte einen grünen Aktendeckel in seine Tasche. Er sah, dass Rebus sich den Unterkiefer rieb.
    »Was nicht in Ordnung?«
    »Zahnweh, das ist alles.«
    Es war tatsächlich Zahnweh, ganz eindeutig, oder zumindest Zahnfleischweh. Es gelang ihm nicht, einen bestimmten Zahn als den Übeltäter zu identifizieren; der Schmerz war einfach da und schwoll unter der Oberfläche an.
    »Soll ich Sie mitnehmen?«
    »Danke, Brian, aber ich bin mit dem Auto da.«
    Holmes nickte und klappte seinen Kragen hoch. Sein Kinn war hinter einem Schal aus Lambswool versteckt. »Die Brücke ist wieder geöffnet«, sagte er. »In südlicher Richtung einspurig.«
    »Was ist mit dem Cortina?«

    »Steht in Howdenhall. Die Kollegen nehmen Fingerabdrücke ab, nur für den Fall, dass sie doch irgendwann im Auto gewesen sein sollte.«
    Rebus nickte stumm. Auch Holmes sagte nichts.
    »Kann ich was für Sie tun, Brian?«
    »Nein, eigentlich nicht. Ich hab mich nur gefragt... Hätten Sie heute nicht als Allererstes ins Revier gesollt?«
    »Und?«
    »Warum sind Sie also stattdessen hergekommen?«
    Das war eine gute Frage. Rebus wandte sich zur Tür des Leichenschauhauses um und hatte wieder die ganze Szene vor Augen. Die Kabine des Sattelschleppers, die auf Kollisionskurs ging, der über der Motorhaube liegende Lauderdale, dann das andere Auto... eine letzte Umarmung... ein Sturz.
    Er zuckte unverbindlich die Schultern und ging zu seinem Wagen.
     
    Chief Inspector Lauderdale würde durchkommen.
    Das war die gute Nachricht.
    Die schlechte war, dass D. I. Alister Flower sich um eine zeitweilige Beförderung bemühte, um Lauderdales Posten übernehmen zu können.
    »Und das, noch eh das Fleisch vom Leichenschmaus erkaltet«, sagte Chief Superintendent »Farmer« Watson.
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