Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman

Titel: Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Autoren: Ian Rankin Giovanni Bandini Ditte Bandini
Vom Netzwerk:
fuhr im Fond eines Streifenwagens. Frank Lauderdale in einer Ambulanz. Noch wusste niemand, wie schwer seine Verletzungen waren. Die Fregatte war von Rosyth aus angefunkt worden, aber die Matrosen hatten die Leichen ohnehin schon gefunden. Ein paar von ihnen hatten sie auf dem Deck aufprallen hören. Die Fregatte kehrte wieder
zum Stützpunkt zurück. Es würde seine Zeit brauchen, das Deck wieder auszubeulen.
    »Ich fühl mich selbst ziemlich ausbeulungsbedürftig«, teilte Rebus im Krankenhaus der Schwester mit. Er kannte sie; sie hatte ihn vor einiger Zeit wegen Verbrennungen behandelt, hatte eine Salbe aufgetragen und die Verbände gewechselt. Lächelnd verließ sie das Kabuff, in dem er auf einem Untersuchungstisch lag. Als sie gegangen war, machte er eine kurze Bestandsaufnahme: Sein Unterkiefer schmerzte infolge des Fausthiebs, den ihm Lauderdale vor seinem Flug durch die Frontscheibe verpasst hatte. Der Schmerz schien sich tief in ihn hineinzubohren, als greife er auf die Zahnnerven über. Abgesehen davon fühlte er sich aber nicht allzu schlecht; nur recht wackelig. Er hob die Hände und hielt sie sich vor die Augen. Ja, das Zittern konnte er auf den Unfall schieben, auch wenn er wusste, dass er in letzter Zeit auch ohne irgendwelche Blechschäden einen ziemlichen Tatterich hatte. Sein Handteller wies eine sehr hübsche Blase auf. Vor dem Verbinden hatte ihn die Schwester gefragt, woher die Verbrennung komme.
    »Hab einen heißen Motor angefasst«, hatte er erklärt.
    »Passt.«
    Rebus hatte hingeschaut und gesehen, was sie meinte: Ein Teil der Seriennummer des Motors hatte sich ihm ins Fleisch gebrannt.
    Endlich ließ sich der Arzt blicken. In dieser Nacht war einiges los. Rebus kannte den Arzt. Er hieß George Klasser und war Pole oder so was Ähnliches, oder zumindest seine Eltern waren es. Rebus hatte immer gedacht, Klasser stehe ein bisschen zu weit oben in der Krankenhaushierarchie, um Nachtdienst zu schieben, aber da war er.
    »Ganz schön kalt draußen, wie?«, meinte Dr. Klasser.
    »Machen Sie Witze?«

    »Nur ein bisschen Konversation, John. Wie fühlen Sie sich?«
    »Ich glaube, ich krieg Zahnschmerzen.«
    »Sonst noch was?« Dr. Klasser murkste mit seinem Handwerkszeug herum: Stableuchte und Stethoskop, Klemmbrett und kaputtem Kuli. Schließlich war er so weit, dass er seinen Patienten untersuchen konnte. Rebus leistete nicht allzu viel Widerstand. Er dachte ans Trinken: an die sahnige Schaumkrone auf einem großen Stout. An den wärmenden Duft, der aus einem Glas Malt aufstieg.
    »Wie geht’s meinem Chief Inspector?«, fragte Rebus, als die Krankenschwester zurückkam.
    »Er wird gerade geröntgt«, antwortete sie.
    »Verfolgungsjagden in Ihrem Alter!«, brummelte Dr. Klasser. »Kommt alles vom Fernsehen.«
    Als Rebus ihn ausführlich musterte, wurde ihm bewusst, dass er den Mann noch nie richtig angeschaut hatte. Klasser war Anfang vierzig, hatte stahlgraues Haar und ein vorzeitig gealtertes Gesicht. Sah man von ihm nur Kopf und Schultern, hätte man ihn für größer gehalten, als er tatsächlich war. Er wirkte sehr distinguiert, weswegen Rebus ihn wohl für einen Oberarzt oder was in der Richtung gehalten hatte.
    »Ich dachte, nur Kalfakter und Grünschnäbel arbeiteten nachts«, kommentierte er, während ihm Dr. Klasser mit seiner Lampe in die Augen leuchtete.
    Klasser legte das Lämpchen beiseite und fing an, Rebus den Rücken zu kneten, mit Handgriffen, als plusterte er ein Kissen auf.
    »Tut’s hier irgendwo weh?«
    »Nein.«
    »Und hier?«
    »Nicht mehr als sonst.«
    »Hmmm... Um auf Ihre Frage zurückzukommen, John:
Offenbar arbeiten Sie nachts. Weist Sie das als Kalfakter oder als Grünschnabel aus?«
    »Das tut weh.«
    Dr. Klasser lächelte.
    »Also«, sagte Rebus, während er vorsichtig wieder in sein Hemd schlüpfte, »was hab ich?«
    Klasser fand einen funktionierenden Stift und kritzelte etwas auf sein Klemmbrett. »Nach meiner Schätzung noch ein, vielleicht zwei Jahre zu leben.«
    Die zwei Männer starrten sich gegenseitig an. Rebus wusste ganz genau, wovon der Arzt redete.
    »Ich mein’s ernst, John. Sie rauchen, Sie saufen wie ein Loch, und Sie bewegen sich nicht. Seit Patience aufgehört hat, Sie zu bekochen, ist Ihre Ernährung die reine Katastrophe. Tonnenweise Kohlenhydrate, gesättigte Fettsäuren...«
    Rebus schaltete ab. Er wusste selbst, dass er seit einiger Zeit ein Alkoholproblem hatte, und zwar gerade weil er es gelernt hatte, sich zusammenzunehmen. Die Folge
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher