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Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie
Autoren: Valentin Zahrnt
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1. Kapitel
    Da war sie! Sein Herz begann zu hämmern. Er streckte sich und winkte mit beiden Armen. Sie warf ihre Locken zurück und sandte ihm ein strahlendes Lächeln. Eine ergraute Reisegruppe nahm ihm die Sicht. Er drängte sich hindurch und lief Anna entgegen.
    Wenige Meter vor ihr verließ ihn der Schwung. So zerknautscht und muffig vom Flug, und obendrein die Brille, die hatte er vergessen abzunehmen. Sie hingegen hatte sich in Paris in eine elegante Mademoiselle verwandelt, der federnde Gang war noch geschmeidiger, das Ungestüme, Wilde ausgeglichener. Alles in Schwarz: Stiefel, Leggings, Rock, Pullover und Mantel – nur der blassgrüne Gürtel betonte ihre verstörend betörenden Augen. Eine verräterische Balance, die den Betrachtern den Halt raubte! Der mondäne Chic ein trügerisches Gewebe, das man zerreißen wollte, um auf ihrer Haut ihre wahre Natur zu spüren. Jan war verunsichert von der Intensität seiner Gefühle. Wusste Anna um ihre Wirkung?
    „ Salut, Jan!“ Sie kam auf ihn zu und hauchte drei Küsse neben seine Wangen. Dann lachte sie und drückte ihn an sich. „Toll von dir, dass du gekommen bist!“
    „ Hallo Anna“, sagte Jan überwältigt.
    „ Wie geht es dir?“ Sie blickte gespannt, als habe sie die letzten Monate über nichts Anderes nachgedacht – dabei hatte sie sich nicht ein Mal gemeldet.
    „ Ich habe auf dem Flug die meiste Zeit geschlafen. Und du?“
    „ Nur gedöst. Ach, es tut gut, dich zu sehen! Weißt du, ich war mir nicht sicher, wie es mir mit dir ergehen würde. Ob da nicht alles noch krasser hochkommen würde, der ganze Horror.“
    Jan verstand sie und war dennoch gekränkt, dass sie sich nicht so uneingeschränkt auf ihn gefreut hatte wie er sich auf sie. Er deutete mit dem Daumen über die Schulter. „Unser Empfangskomitee.“
    Als Anna zu den drei FBI-Agenten blickte, die einige Meter hinter Jan stehen geblieben waren, trat der kleinste von ihnen auf sie zu. Ein Mann um die vierzig, dessen rötlich-blonder, schmal zugeschnittener Wangenbart seinem schwammigen Gesicht keine Kontur zu verleihen vermochte. Auch das Gel in den schütteren Haaren, zwischen denen die Kopfhaut rosa durchschien, betonte den Mangel eher als ihn zu kaschieren.
    „ Hallo Anna! Willkommen in Anchorage. Ich bin Ralph. Schön, dich kennen zu lernen!“ Er nahm ihre schlanke Hand in seine Pranke und schüttelte sie kräftig. „Lasst uns das Gepäck einsammeln und zum Wagen gehen. Ich habe Jan schon erklärt, dass ich euer Leibwächter bin. Wenn ihr euch einen Schnupfen holt oder am Kaffee die Zunge verbrennt oder ein paar Kugeln einfangt – immer muss ich dran glauben. Also seid vorsichtig!“
    Sie fuhren eine Rolltreppe hinauf. Ralph redete auf Anna ein, Jan lauschte den Lautsprecherdurchsagen. Er fühlte sich vier Monate zurückversetzt. Als wären sie eben gelandet mit Michael und Greg und Laura und Jenny. Damals waren sie mit dem Wasserflugzeug über die Berge weitergeflogen. Und dann hatten sie all ihren Krempel in das verwahrloste Haus geschleppt, das sie sogleich liebgewonnen hatten, ahnungslos, welche Schrecken sie dort durchleben würden. Mr. Wilkens Überraschungsbesuch am nächsten Tag hätte sie warnen müssen. Aber sie hatten sich über seine Panik lustig gemacht, um sich die Freude an ihrem Sommer der Freiheit nicht nehmen zu lassen.
    Ein Flug nach Cancún wurde aufgerufen. In den Süden, an den Strand, dahin hätten sie reisen sollen. Dann wäre Laura nicht in die Fänge der Mörder geraten, Greg nicht erschossen worden und Michael hätte sich nicht opfern müssen, damit sie aus dem Schwemmholz das Floß bauen konnten, das sie durch die Schlucht davongetragen hatte. Wäre er selbst zu solchem Heldenmut fähig? Würde er je sein Leben für Anna geben? Er konnte es nicht wissen. Auch Michael hatte seine Entscheidung in der Schlucht spontan getroffen. Sein schlechtes Gewissen hatte ihn dazu getrieben, weil er Gregs Gewalttätigkeit angestachelt hatte. Und dennoch war dieses Selbstopfer ein großzügiger Akt des freien Willens, ein Geschenk, dem Anna, Jenny und Jan ihr Leben verdankten. Jan hätte schreien können, so vermisste er seinen Freund.
    „ ... minus zehn Grad. Dafür ist die Luft trocken.“ Ralph redete ohne Unterlass. „In einer Woche ist Wintersonnenwende. Nur fünfeinhalb Stunden Tageslicht, man kann gar nicht anders, als niedergeschlagen zu sein, es sei denn, man jagt gerade einen Mörder. So was hellt die Stimmung ungemein auf.“
    Das Gepäckband mit den
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