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Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman

Titel: Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Autoren: Ian Rankin Giovanni Bandini Ditte Bandini
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Höhenangst.
    Derweil zeichnete sich auf der anderen Fahrbahn bereits das Unvermeidliche ab. Ein Lkw-Fahrer, der nach dem mühsamen Aufstieg zur Brückenmitte seinem Sattelschlepper die Zügel schießen ließ, sah vor sich Scheinwerfer, wo keine hätten sein dürfen. Das Auto der Verdächtigen hatte sich bereits an zwei entgegenkommenden Fahrzeugen vorbeigemogelt und wäre auf die Außenspur ausgewichen, um am Laster vorbeizukommen, aber der Lkw-Fahrer verlor den Kopf. Er fuhr selbst auf die Außenspur, und seine Hände erstarrten am Lenkrad, der Fuß auf dem Gaspedal. Der Sattelschlepper knallte gegen Metall und hob ab. Er flog in die Luft und landete auf der Mittelbegrenzung aus straff gespannten Stahltrossen. Der Auflieger blieb auf der einen Seite hängen, während die Zugmaschine vornüber
abknickte und, von ihrer Last befreit, auf die Gegenfahrbahn segelte, wo sie auf Funken und hochspritzendem Wasser weiterschlitterte - direkt auf das Auto zu, in dem Lauderdale und Rebus saßen.
    Lauderdale bremste, so gut er konnte, aber er hatte keinerlei Ausweichmöglichkeiten. Die Zugmaschine schlitterte diagonal und nahm dabei beide Spuren ein. Kein Ausweg. Rebus hatte ein paar Sekunden Zeit, diese Tatsache zu verarbeiten. Er spürte, wie sein ganzes Ich sich zusammenkrampfte und sich in seinem Unterleib konzentrierte. Er riss die Knie hoch, stemmte Hände und Füße gegen das Armaturenbrett, presste das Gesicht an die Oberschenkel...
    Rumms.
    Da er die Augen zusammengekniffen hatte, konnte sich Rebus allein nach seinen akustischen und körperlichen Wahrnehmungen orientieren. Etwas schlug ihm gegen das Jochbein und war dann weg. Glasscherbenknirschen, wie berstendes Eis, und das Geräusch von gequältem Metall. Seine Eingeweide verrieten ihm, dass das Auto sich rückwärts bewegte. Es waren auch weitere, entferntere Geräusche zu hören. Noch mehr Metall, noch mehr Glas.
    Die Zugmaschine des Sattelschleppers hatte schon ein gut Teil ihres Schwungs verloren, und der Zusammenstoß mit dem Auto hatte sie vollends zum Stillstand gebracht. Rebus hatte das Gefühl, seine Wirbelsäule würde entzweibrechen. Peitschenhiebtrauma nannte man das? Knüppel trauma hätte es eher getroffen, Ladung-Backsteine-Trauma. Das Auto blieb stehen, und er stellte fest, dass sein Unterkiefer schmerzte - das war im ersten Moment alles. Er wandte sich zum Fahrersitz, da er annahm, Lauderdale habe ihm aus nicht näher angegebenen Gründen eine gelangt, und stellte fest, dass sein Vorgesetzter nicht mehr da war.

    Gut, sein Hintern war da und starrte Rebus aus seiner unvorteilhaften Position - etwa von da aus, wo sich bis eben noch die Frontscheibe befunden hatte - ins Gesicht. Lauderdales Füße hatten sich unter dem Lenkrad verhakt. Einer davon unbeschuht. Die Beine hingen ausgestreckt über das Lenkrad. Und der Rest von ihm lag auf dem, was von der Motorhaube übrig geblieben war.
    »Frank!«, rief Rebus. »Frank!« Er hütete sich, Lauderdale ins Auto zurückzuziehen; hütete sich, ihn auch nur anzufassen. Er versuchte, seine Tür zu öffnen, aber da war keine Tür mehr. Also öffnete er stattdessen seinen Sicherheitsgurt und wand sich durch die ehemalige Windschutzscheibe ins Freie. Seine Hand kam mit Metall in Berührung, und er verspürte etwas wie ein Brutzeln. Fluchend riss er die Hand zurück und sah, dass er sich auf den teilweise offen liegenden Motorblock gestützt hatte.
    Hinter ihm blieben Autos stehen. Der D.S. und der D. C. kamen auf ihn zugerannt.
    »Frank«, sagte Rebus leise. Er sah auf Lauderdales blutüberströmtes, aber noch lebendiges Gesicht. Ja, er hatte keinen Zweifel, dass Lauderdale noch lebte. Da war einfach noch etwas... Er rührte sich nicht, man hätte nicht einmal beschwören können, dass er atmete. Aber irgend etwas war da, irgendeine unsichtbare Energie, die ihn nicht verlassen hatte. Jedenfalls noch nicht.
    »Alles in Ordnung?«, fragte jemand.
    »Helfen Sie ihm«, befahl Rebus. »Rufen Sie einen Rettungswagen. Und sehen Sie im Laster nach, wie es dem Fahrer geht.«
    Dann schaute er hinüber zur anderen Fahrbahn, und was er da sah, ließ ihn erstarren. Im ersten Moment war er sich nicht sicher, nicht hundertprozentig. Also kletterte er auf die Metallstangen, die die zwei Fahrbahnen voneinander trennten. Und dann war er sich sicher.

    Der Wagen der Verdächtigen war von der Fahrbahn abgekommen. Gründlich abgekommen. Irgendwie hatte er einen Satz über die Leitplanke gemacht, war diagonal über den Fußgängerweg
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