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Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman

Titel: Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Autoren: Ian Rankin Giovanni Bandini Ditte Bandini
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geschlittert und hatte dann noch genügend Schwung gehabt, um das äußerste Geländer zu durchbrechen - dasjenige, das den Fußgängerweg von der Leere trennte, unter der, tief unten, der Firth of Forth lag. Ein scharfer Wind zerrte an Rebus und peitschte ihm den Schneeregen in die Augen. Er kniff sie zusammen und sah dann noch einmal hin. Der Cortina war noch da: Motorhaube und Vorderräder hingen zwischen den verbogenen Geländerstäben über dem Abgrund, aber Hinterräder und Heck standen noch auf dem Fußgängerweg. Rebus fragte sich, was sich im Kofferraum befinden mochte.
    »O mein Gott«, sagte er. Dann fing er sofort an, über die Metallpfeiler zu klettern.
    »Was machen Sie da?«, schrie jemand. »Kommen Sie zurück!«
    Aber Rebus kraxelte weiter, ohne allzu sehr an seine Höhe über dem Meeresspiegel oder den Abstand zwischen den einzelnen Metallstangen zu denken. Mehr Abstand als Metall. Der kalte Stahl tat seiner brennenden Handfläche gut. Er ging am Aufleger des Sattelschleppers vorbei, der auf der Seite lag, halb auf der Fahrbahn, halb auf dem Mittelstreifen. Auf der Seite verlief ein Schriftzug: Byars Haulage . Herrgott, war das kalt. Dieser Wind, dieser verdammte Wind. Trotzdem merkte Rebus, dass er schwitzte. Ich hätte einen Mantel anziehen sollen, dachte er. Ich hol mir noch den Tod.
    Dann war er auf der gegenüberliegenden Fahrbahn angelangt, wo inzwischen eine ganze Reihe Autos unordentlich zum Stehen gekommen waren. Zwischen Fahrbahn und Fußgängerweg klaffte eine richtige Lücke; nur ein kleiner Sprung, aber jeder Zentimeter davon frische Luft.
An der Stelle, gegen die der Cortina geprallt war, waren die Stäbe des Geländers auseinander gebogen. Rebus ging darauf zu und hüpfte dann hinüber auf den Fußgängerweg.
    Die zwei Jungen waren aus ihrem Wagen herausgestolpert.
    Um aussteigen zu können, hatten sie über ihre Sitze nach hinten klettern müssen. Die Vordertüren öffneten sich nur ins Leere. Die Teenager sahen verängstigt nach links und rechts. Von Norden her waren Sirenen zu hören. Die Polizei von Fife war im Anmarsch.
    Rebus hob die Hände in die Höhe. Hinter ihm standen die zwei uniformierten Beamten. Die zwei jungen Leute sahen Rebus nicht an; alles, was sie sehen konnten, waren Uniformen. Sie hatten einen schlichten Verstand, mit dem sie einfache Sachverhalte begriffen. Sie verstanden, was Uniformen bedeuteten. Sie sahen sich wieder um, suchten nach einem Fluchtweg, der nicht da war, dann nahm der eine von beiden - blond, groß, eine Spur älter als der andere - den Jüngeren bei der Hand und begann, ihn mit sich rückwärts zu ziehen.
    »Macht keine Dummheiten, Jungs«, sagte einer der Uniformierten. Aber das waren nur Worte. Keiner hörte zu. Die zwei Teenager standen jetzt mit dem Rücken am Geländer, vielleicht drei Meter vom demolierten Auto entfernt. Rebus trat langsam vor und deutete mit dem Finger, damit klar war, dass er zum Auto ging. Durch den Aufprall hatte sich der Kofferraum ein paar Finger breit geöffnet. Rebus hob den Deckel vorsichtig hoch.
    Es lag niemand drin.
    Als er den Kofferraum schloss, wippte der Wagen auf seinem Auflagepunkt und kam dann wieder zum Stillstand. Rebus sah den älteren Jungen an.
    »Es ist eisig hier draußen«, sagte er. »Setzen wir uns in ein Auto.«

    Dann lief alles in Zeitlupe ab. Der blonde Junge schüttelte fast lächelnd den Kopf und nahm seinen Freund in die Arme, drückte ihn regelrecht an sich. Dann lehnte er sich gegen das Geländer und lehnte sich einfach immer weiter zurück, ohne seinen Freund loszulassen. Ihre billigen Turnschuhe behielten noch für einen Augenblick den Kontakt mit dem Straßenbelag, rutschten dann aus, Beine flogen hoch und über die Brüstung, und die beiden stürzten ins Dunkel.
    Vielleicht war es Selbstmord, vielleicht ein Fluchtversuch, dachte Rebus später. So oder so war es der sichere Tod. Wenn man aus der Höhe aufs Wasser traf, war es wie ein Aufschlag auf Beton. Ein solcher Sturz durch die Dunkelheit - und sie schrien nicht, gaben keinen Laut von sich und sahen das Wasser nicht auf sich zurasen.
    Nur dass sie nicht auf dem Wasser landeten.
    Eine Fregatte der Royal Navy war gerade aus der Werft von Rosyth ausgelaufen und steuerte die offene See an, und das war’s dann auch, womit sie zusammenstießen: ein eisernes Deck.
    Was, wie später alle auf dem Revier meinten, den Polizeitauchern einen unerfreulichen Einsatz bei Minustemperaturen ersparte.

2
    Sie brachten Rebus ins Krankenhaus.
    Er
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