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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
Autoren: Frode Grytten
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rasch zu schwärzestem Mutterboden werden konnten, ich hätte ihr einen unglücklichen Himmel zeigen können, aber was verzeiht man nicht alles einer Blondine, die Begeisterung und gutes Wetter verheißt. In der Zeitung nannte sie mich Mister Åsane und schrieb, ich würde den Stadtteil wie meine Hosentasche kennen. Ich verstehe schon, dass das eine Metapher ist, aber sollten Journalisten von heute ihre Sprache nicht besser beherrschen, als solchen Seemannsjargon an den Tag zu legen?
    Im Artikel selbst kam ich gut weg, ich kam rüber als der wankende Möbelhändler, zu stolz, um zusammenzubrechen, zu gut, um bis zu den Knien im Morast zu stecken. In den Tagen nach Erscheinen des Artikels kamen Leute in den Laden, sie riefen an und schickten Blumen, forderten mich auf durchzuhalten, ja, genau so drückten sie sich aus: Halten Sie durch! , sagten sie am anderen Ende der Leitung oder schrieben es auf die Begleitkarte zu den Blumen. Ich lächelte und nickte, dachte aber, sie tun so, als würde ich in aller Feigheit meinen Kopf aus einem Luftschutzbunker strecken. Möbel-Lunde war die ganze Zeit da gewesen, werktags von 9:00 bis 20:00 Uhr, samstags von 9:00 bis 16:00 Uhr geöffnet. Sie hätten uns unterstützen können, als es noch möglich war, den Laden zu retten. Als alles vorbei war, konnte ich nur noch den Hut von der Ablage nehmen und zusperren. Ich sagte zu der Journalistin: IKEA ist eine Tanne. Ich sah, dass sie nicht mitschrieb, darum wiederholte ich es: IKEA ist eine Tanne. Noch immer notierte sie nichts. Ich sagte: IKEA nimmt der übrigen Vegetation das Licht. Ich sagte: IKEA saugt in mehreren Kilometern Umkreis die Nährstoffe aus dem Boden. Von meinen schwärzesten Momenten stand nichts zu lesen. Ich meinte, mich gefasst und sachlich ausgedrückt zu haben, die IKEA-Niederlassung in Åsane 1986 war der Anfang vom Ende für uns. Es war der erste blaue Fleck, anschließend ging die Wunde auf und entzündete sich. Ich durfte das Interview natürlich vorher lesen, die Sätze gingen zwischen uns hin und her wie eine Fähre auf dem Fjord. Vielleicht habe ich mit meinem Blackbird-Füller zu dick aufgetragen, denn jedes Mal, wenn die Fähre zurückkam, sah ich, dass meine Verzweiflung entfernt worden war, als wollte die Zeitung niemandem auf die Füße treten oder an jemandes Ast sägen. Nur ein einziger kümmerlicher Satz hatte überlebt: IKEA hat mir die Fortführung meines Geschäfts unmöglich gemacht . Ich hatte noch viele weitere Sätze parat, zählebige Sätze, die so lange im Morast gelegen hatten, dass sie einen fast unerträglichen Gestank verbreiteten, für die Zeitung wie für die Leser. Ich sagte zu der Journalistin: Der Arme will reich sein, der Reiche will König sein, und der Schrauben-König ist erst zufrieden, wenn ihm die ganze Welt gehört. Ich freute mich, als mir der Ausdruck Schrauben-König einfiel. Ein schönes Wort, ein zufriedener Aufprall auf dem Boden, es war ein Wort, das sich von den anderen abhob, ein Wort, das schwankend auf der schmutzigen Matratze stand. Stehengeblieben war lediglich: Es waren phantastische Jahre .
    Ich rief den Chefredakteur an und sagte, ich hätte mir umsonst den Mund fusselig geredet, in den Spalten wirke es, als hätte ich mich verdrückt. Der Chefredakteur war nett, sehnte sich vermutlich aber nach dem Moment, an dem er auflegen und sich zu seiner Tasse Kaffee und seinem guten Gewissen emporschwingen konnte. Ich hatte jahrelang einen Wetterumschwung befürchtet. Ich hatte es förmlich gespürt, wie ich dort am Schreibtisch saß. Möbel-Lunde war in Åsane ein Mittelpunkt gewesen, wir hatten Åsane mit unseren Schraubenziehern zusammengehalten. Ich hatte den Beruf mit den größten Erwartungen gewählt. Ich wollte zu einem Möbel-Lunde, einem neuen Möbel-Lunde in Åsane werden. Mein Vater hatte den Laden 1947 eröffnet, und ich wuchs in dieser Landschaft aus Wohnzimmertischen, Küchenstühlen und Ecksofas auf. Jeden Tag atmete ich den Geruch von Teppichen und Vitrinenschränken ein, lauschte dem Singsang der Kunden und der Kasse. Hier erlebte ich Augenblicke des Friedens und des Glücks. Ich fuhr durch Åsane, fuhr nach Arna und Knarvik, fuhr nach Radøy und Mongstad. Genießen Sie den Tag, sagte ich zu den Kunden. Sie kamen in den Laden, weil sie wussten, dass dort immer ein Möbel-Lunde stand, sechs Tage in der Woche, 52 Wochen im Jahr. Wenn etwas nicht funktionierte, bekamen sie Hilfe. Hatten sie kein Geld, konnten sie anschreiben lassen. Mein Vater hatte
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