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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
Autoren: Frode Grytten
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Neues beginnen, wir sahen der Zukunft fröhlich in die Augen, obwohl das Gegenteil der Fall war. Soweit ich weiß, war es das erste und letzte Mal, dass in unserem Laden gefeiert wurde, und es war eher ein Leichenschmaus als ein rauschendes Fest. Zwar hatte einmal ein junges Paar im Laden übernachtet. Ich fand die beiden ineinander verschlungen, als ich am frühen Morgen aufschloss. Das war, bevor wir eine Alarmanlage installiert hatten, und sie hatten wohl ihrem körperlichen Verlangen nachgegeben. Sie waren zu Möbel-Lunde gekommen, um sich nach einem neuen Bett umzuschauen, und dann kam es ihnen plötzlich in den Sinn, sich gegenseitig die Hose herunterzuziehen und sich allerlei merkwürdigen Einfällen hinzugeben. Was sagt man zu so einem Paar? Guten Morgen!, sagte ich. Möchten Sie einen Kaffee trinken? Ich fragte nach der Qualität der Matratze. Sie antworteten, sie hätten sich nicht allzu sehr auf die Matratze konzentriert. Ich sagte, sie hätten alles richtig gemacht, auch andere Kunden sollten sich ihre Möbel auf einer solchen Grundlage aussuchen, im Laden übernachten oder sich auf einem Sofa ein ganzes Fußballspiel anschauen. Ich konnte das Paar darüber aufklären, wie wichtig die richtige Matratze war, die Matratze trennt glückliche Menschen von unglücklichen, die Matratze stärkt dich oder schwächt dich, die Matratze baut dich auf oder macht dich im Schlaf fertig. Ich konnte dem Paar Bett und Matratze verkaufen. Ich meine, gehört zu haben, dass sie immer noch glücklich verheiratet sind. Am letzten Abend saßen wir auf Sesseln, die trotz des großzügigen Nachlasses von 80 Prozent kein Mensch hatte haben wollen. In meiner Rede sagte ich, die Angestellten hätten allen Grund, stolz zu sein. Das hier war kein Tag der Trauer, wir konnten hocherhobenen Hauptes aus der Tür gehen. Wir stießen an. Der lange Tag war vorbei. Was auch immer andere Leute sagen mochten, ich hatte über Gebühr Erfolg gehabt, ich hatte so viel Erfolg gehabt, dass ich schließlich zugrunde gegangen war. Meine Möbel waren zu gut, es waren Möbel, die mit den Jahren immer besser wurden. Die Leute kamen in den Laden und sagten: Wir haben immer noch die Anrichte, die Ihr Vater uns verkauft hat. Das Sofa von 1974 steht immer noch da, sagten sie. Der Esstisch ist so gut wie neu, sagten sie. Gut für das Ansehen, schlecht fürs Geschäft. Ich habe mein Bestes gegeben. Es sollte sich zeigen, dass mein Bestes viel zu gut war. Hätte ich es bloß früher begriffen. Dann hätte ich anders manövrieren können. Jetzt ist es zu spät. Aber eins kann ich versprechen, wenn meine Geschichte vorbei ist, werde ich in der Zeitung weiterleben.

Notodden. Kongsberg. Drammen. Kurzum, ich nähere mich Oslo. Ich weiß nicht, wie ich durch diese Stadt kommen soll. Schon auf der Autobahnabfahrt gerate ich in die Klauen des Grauens. Um mich herum wimmelt es von Autos, sie erscheinen in meinem Blickfeld und verschwinden wieder. Die Leute fahren mit hitzigen Manövern, als wäre die normale Höflichkeit ein Stadium in der Menschheitsentwicklung, das wir längst hinter uns gebracht haben. Dafür fehlt mir die Zeit, du Mistkerl . Jetzt fahr schon, du Hutträger ! Ich entscheide mich für eine Spur und verlasse sie nicht mehr. Ich bin immer noch ein anonymer Mann mit soliden Strümpfen bis zum Knie. Ich bin Möbel-Lunde, und ich bin Mr. Nicholson, habe nur meinen eigenen Ruf zu verteidigen. Jetzt will ich auch diesen ruinieren. Vielleicht sollte ich Kamprad ins Gewissen reden, vielleicht kann ich ihm einen gehörigen Schrecken einjagen. Ich weiß es nicht. Gestern Vormittag habe ich in Älmhult angerufen und die Bestätigung erhalten, dass sich Ingvar Kamprad dieser Tage in Schweden aufhält. Das ist alles, was ich weiß. Ich weiß alles über Möbel und Interieurs, aber jetzt schwanke ich. Mir ist klargeworden, dass ich meinen Hass wieder ausgraben muss, die Jahre vergehen, ohne dass man etwas dagegen tun kann, bald ist es zu spät. Ich sage mir selbst, dass einer, der alles verloren hat, nichts mehr verlieren kann. Ein Mensch ohne Zukunftspläne ist frei.
    Aus Gründen, die ich nicht erklären kann, gerate ich in Oslo in ein unterirdisches Parkhaus. Ich muss Ost und West verwechselt haben, ich bin hier nicht in meinem Element. Jetzt öffne ich in Reihe 18, Plan B im Ibsen-Parkhaus die Autotür. Mein geliebter Saab und ich. Hier sind wir. Ich nehme die Pistole aus dem Handschuhfach, lege sie zusammen mit dem Fotoalbum in den kleinen Koffer. Langsam gehe
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