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Grieche sucht Griechin - Grotesken

Grieche sucht Griechin - Grotesken

Titel: Grieche sucht Griechin - Grotesken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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Dürrenmatt
    Grieche
    sucht Griechin
    Mister X
    macht Ferien
    Grotesken
    Diogenes

    { PAGE }

    Friedrich Dürrenmatt
    Werkausgabe
    in dreißig Bänden
    Herausgegeben
    in Zusammenarbeit
    mit dem Autor
    Band 21

    Friedrich Dürrenmatt

    Grieche sucht Griechin

    Mister X macht Ferien

    Nachrichten
    über den Stand
    des Zeitungswesens
    in der Steinzeit

    Grotesken

    Non-profit ebook by tigger
    Oktober 2003
    Kein Verkauf!

    Diogenes

    Umschlag: Detail aus ›Richard Löwenherz verführt Lady Faulconbridge (König Johann)‹ von Friedrich Dürrenmatt. Grieche sucht Griechin erschien erstmals 1955 im Verlag der Arche, Zürich.
    Mister X macht Ferien erschien erstmals 1978 im ›Friedrich Dürrenmatt Lesebuch‹ im Verlag der Arche, Zürich.
    Nachrichten über den Stand des Zeitungswesens in der Steinzeit erschien erstmals in der Festschrift für Max Ras, 4. Juni 1949. Wiederab-druck im ›Friedrich Dürrenmatt Lesebuch‹ im Verlag der Arche, Zürich.
    Die Texte wurden für diese Ausgabe durchgesehen und korrigiert.
    Redaktion: Thomas Bodmer.

    Alle Rechte vorbehalten
    Copyright© 1985
    Diogenes Verlag AG Zürich
    150/89/29/10
    ISBN 3 257 20851 0

    Inhalt

    Grieche sucht Griechin
    6
    Mister X macht Ferien
    129
    Nachrichten über den
    Stand des Zeitungswesens
    in der Steinzeit
    147

    Grieche sucht Griechin
    Eine Prosakomödie
    1955

    1

    Es regnete stundenlang, nächtelang, tagelang, wochenlang. Die Straßen, die Avenuen, die Boulevards glänzten vor Nässe, den Gehsteigen entlang flossen Rinnsale, Bäche, kleinere Flüsse, die Automobile schwammen herum, die Menschen gingen unter Schirmen, waren in Mäntel gehüllt, liefen mit nassen Schuhen und immer feuchten Strümpfen, die Riesen, Putten und Aphroditen, die teils die Balkone der Palais und Hotels trugen, teils sonst an den Fassaden klebten, troffen, tropften, waren übergossen von Wasserfäden, von Vogelmist, der sich auflöste, und unter dem griechischen Giebel des Parlaments suchten zwischen den Beinen und Brüsten der patriotischen Reliefs die Tauben Schutz. Es war ein peinlicher Januar. Dann kam der Nebel, auch er tagelang, wochenlang, eine Grippeepidemie, nicht gerade gefährlich für anständige, sozial gesicherte Leute, zwar einige alte Erbonkel und Erbtanten dahinraffend, einige ehrwürdige Staatsmänner, doch sonst nur massenhaft die Vagabunden unter den Brücken am Strom. Dazwischen wieder Regen. Immer wieder.

    Er hieß Arnolph Archilochos, und Madame Bieler meinte hinter ihrer Theke: »Der arme Junge. So kann man doch nicht heißen. Auguste, bring ihm noch ein Glas Milch.«
    Und sonntags sagte sie: »Bring ihm noch ein Perrier.«
    Auguste dagegen, ihr Mann, schmächtig, der Sieger einer legendären Tour de Suisse und der Zweite einer noch legendä-
    reren Tour de France, der im Radfahrerkostüm bediente, in seinem Maillot jaune (sammelte sich doch so ein kleines Publikum von Radsportfreunden), war damit nicht einverstanden. »Deine Liebe, Georgette«, meinte er etwa am Morgen, wenn er aufstand, oder im Bett, oder hinter dem Ofen, wenn sich alles verzogen hatte und er seine dünnen haarigen Beine wärmen konnte, »deine Liebe zu Herrn Archilochos kapiere ich 7

    nicht. Ist doch kein Kerl, ist doch ein verklemmter Mensch.
    Man kann doch nicht sein Leben lang nichts als Milch und Mineralwasser trinken!«
    »Auch du hast einmal nichts anderes getrunken«, antwortete dann Georgette mit ihrer tiefen Stimme, indem sie die Arme in die Hüften stemmte, oder, lag sie im Bett, auf dem Busenge-birge verschränkte.
    »Geb ich zu«, meinte nach langem Nachdenken Auguste Bieler, immer wieder seine Beine massierend. »Doch um die Tour de Suisse zu gewinnen, und ich habe sie gewonnen, bei so hohen Pässen, und beinahe die Tour de France. Da hat der Abstinentismus noch einen Sinn. Aber der Herr Archilochos?
    Nicht einmal bei einer Frau schlief er je. Dabei ist er fünfundvierzig.«

    Das letzte ärgerte Madame Bieler auch, und sie wurde stets verlegen, wenn Auguste in seinem Radfahrerkostüm oder im Bett darauf zu sprechen kam. Überhaupt war nicht zu leugnen, daß Monsieur Arnolph, wie sie Archilochos nannte, gewisse Prinzipien hatte. Rauchen zum Beispiel tat er auch nicht.
    Fluchen kam noch weniger in Frage. Georgette konnte sich ihn ferner nicht im Nachthemd vorstellen, oder gar nackt, so korrekt, so immer angezogen, wenn auch ärmlich, wirkte er.
    Seine Welt war gefestigt, pünktlich, sittlich, hierarchisch. Zu oberst, an der Spitze dieser Ordnung, dieses sittlichen,

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