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Ein echter Schatz

Ein echter Schatz

Titel: Ein echter Schatz
Autoren: Janet Evanovich
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Schreibtisch sahst, dachte ich: O weia, gleich rastet sie aus! Echt!«, sagte Lula. »Und deine Augen hättest du erst sehen müssen! Wie diese funkelnden teuflischen Glupscher in alten Horrorfilmen. Fehlte nur noch, dass sich dein Kopf um die eigene Achse drehte.«
    »Ja, aber dann überkam mich eine große Ruhe«, sagte ich. »Und plötzlich sah ich meine Chance, wie ich Dickie die Wanzen in die Tasche stecken konnte.«
    »Die muss dich überkommen haben, als du ihm an die Kehle gesprungen bist«, sagte Connie.
    Ich seufzte. »Ja, genau in dem Moment.«
    Wir hatten unser Essen auf Connies ganzem Schreibtisch ausgebreitet. Riesenbaguettes mit Fleischbällchen in Wachspapier eingewickelt, einen großen Becher Krautsalat, Kartoffelchips, Gurken und diverse Softdrinks.
    »Gute Idee«, sagte ich zu Lula. »Ich hatte einen Mordshunger.«
    »Ausflippen macht hungrig«, sagte Lula. »Was steht als Nächstes an?«
    »Ich klemme mich hinters Telefon, versuche, was über Simon Diggery herauszufinden. Vielleicht gibt es ja einen Hinweis, der mich mal woanders hinführt als immer nur auf Friedhöfe.«
    Diggery war ein drahtiger kleiner Kerl, Anfang fünfzig, das braune Haar von grauen Strähnen durchzogen und hinten zu einem Zopf zusammengebunden. Seine Haut sah aus wie altes Leder, und seine Oberarme waren von dem vielen Graben so dick wie die von Popeye.
    Meistens arbeitete er allein, aber gelegentlich, so gegen zwei Uhr nachts, traf man ihn auch mit seinem Bruder Melvin an, die Schaufeln wie Gewehre geschultert.
    »Mit Anrufen kommst du bei dem nicht weiter«, sagte Lula. »Die Diggerys sind gerissen.«
    Ich zog mir eine alte Akte über Diggery aus dem Schrank und schrieb mir Telefonnummern und die Namen von ehemaligen Arbeitgebern ab. Diggery hatte schon Pizzas aus gefahren, im Supermarkt die Einkäufe der Kunden in Tüten verpackt, an Tankstellen gejobbt und Hundehütten gereinigt.
    »Irgendwo muss ich ja anfangen«, sagte ich zu Lula. »Besser als Klinkenputzen.«
    Die Diggerys wohnten alle zusammen in einem maroden Doppelhaus in Bordentown. Simon, Melvin, Melvins Frau, Melvins sechs Kinder, sein Haustier, eine Pythonschlange und Onkel Bill Diggery. Wenn man an der Haustür klingelte, war immer nur die Python da. Die Diggerys benahmen sich wie Wildkatzen. Sobald ein Auto in der Einfahrt auftauchte, flüchteten sie in den Wald hinterm Haus.
    Bei besonders schlechtem Wetter oder wenn der Boden gefroren war, lief es nicht mehr so mit der Grabräuberei, und Simon musste Gelegenheitsjobs annehmen. Ich hoffte, ihn bei einem dieser Jobs zu erwischen, und die einzige Möglichkeit zu erfahren, wo er gerade beschäftigt war, bestand darin, ein Mitglied der Familie oder einen Nachbarn dazu zu verleiten, Simon zu verraten.
    »Was wirft man ihm diesmal vor?«, fragte Lula.
    Ich blätterte in der Akte. »Trunkenheit, vorsätzliche Sachbeschädigung, versuchter Raubüberfall.«
    Jeder Mensch wusste, dass Diggery Trentons Grabräuber Nummer eins war, aber verhaftet wurde er selten wegen Grabschändung, sondern meistens wegen ungebührlichen Verhaltens und tätlichen Angriffs. Wenn Simon Diggery betrunken war, konnte er schon mal gewalttätig werden.
    Ich sammelte meine Unterlagen ein und verstaute sie zusammen mit der Uhr in meiner Umhängetasche. »Für den Rest des Tages arbeite ich zu Hause.«
    »Ich hätte Lust, bis zum Sommer zu Hause zu arbeiten«, sagte Lula. »Das schlechte Wetter stinkt mir allmählich.«
    Gerade war ich in mein Auto eingestiegen, als meine Mutter auf meinem Handy anrief.
    »Wo bist du?«, wollte sie wissen. »Noch im Kautionsbüro?« »Ich wollte gerade los.«
    »Könntest du bitte noch bei Giovichinni‘s vorbeifahren? Dein Vater ist heute den ganzen Tag mit seinem Taxi unterwegs, und mein Auto springt nicht an. Ich glaube, die Batterie ist leer. Ich brauche ein halbes Pfund Leberwurst, ein halbes Pfund Schinken, ein halbes Pfund Olivenbrot und ein halbes Pfund Truthahn. Kauf doch bitte auch noch Schweizer Käse und ein gutes Roggenbrot und einen Lendenbraten. Und bring noch was Süßes von Entenmann‘s mit. Dein Vater isst so gerne den Himbeerkuchen.«
    »Mach ich«, sagte ich. »Bin schon unterwegs.«
    Hinterm Kautionsbüros liegt die Stadt Trenton, vor dem Büro liegt ein kleines Einwandererviertel, Chambersburg, kurz Burg genannt. Ich bin in Burg geboren und aufgewachsen, und auch wenn ich heute woanders wohne, fühle ich mich durch meine Familie und ihre Geschichte dem Viertel immer noch verbunden.
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