Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein echter Schatz

Ein echter Schatz

Titel: Ein echter Schatz
Autoren: Janet Evanovich
Vom Netzwerk:
abzufrieren.«
    Diggery war, neben vielen anderen Dingen, hauptberuflich Grabräuber, der Frischverstorbene um ihre Ringe, Uhren und gelegentlich auch Brooks-Brothers-Anzüge erleichterte. Die Kleidung nahm er allerdings nur, wenn sie seine Größe hatte. Bei seiner letzten Kautionsflucht hatten Lula und ich ihn dabei erwischt, wie er Miriam Lukach gerade ihren Ringfinger abhackte, um an die Goldklunker zu kommen. Wir verfolgten ihn über den ganzen Friedhof, bis ich ihn endlich vor dem Krematorium festnehmen konnte.
    Ich nahm die drei neuen Akten an mich und verstaute sie in meiner Umhängetasche. »Und tschüss!«
    »Wo willst du hin?«, wollte Lula wissen. »Ist schon fast Mittag. Kommst du zufällig an einem Imbiss vorbei? Ich hätte nichts gegen ein Riesenbaguette mit Fleischbällchen. An so einem Sautag wie heute.«
    »Ich fahre in die Stadt«, sagte ich. »Treffe mich mit Dickie.«
    »Wie bitte?«, Lula sprang auf. »Habe ich dich richtig verstanden? Meinst du den Dickie, der dir die Polizei auf den Hals gehetzt hat, als du das letzte Mal in seinem Büro warst? Den Dickie, dem du gesagt hat, er soll sich ins Knie ficken? Den Dickie, mit dem du irgendwann in deinem ersten Leben mal eine Viertelstunde verheiratet warst?«
    »Genau den.«
    Lula griff sich Mantel und Schal vom Stuhl. »Ich komme mit. Das muss ich mir ansehen. Selbst das Riesenbaguette ist mir jetzt egal.«
    »Na gut. Aber mach kein Theater!«, warnte ich sie. »Ich will Dickie nur kurz etwas wegen einer rechtlichen Sache fragen. Ich bin nicht auf Konfrontation aus!«
    »Keine Konfrontation. Kapiert. Reden wie zwei zivilisierte Menschen.«
    »Warte, ich komme auch mit«, sagte Connie und holte ihre Handtasche aus der untersten Schreibtischschublade. »Das kann ich mir nicht entgehen lassen. Das Büro bleibt für zwei Stunden geschlossen.«
    »Ich will kein Theater, klar?«, wiederholte ich.
    »Klar. Aber man will doch Vorsorgen, falls es unangenehm wird«, sagte Connie.
    »Genau. Ich auch«, sagte Lula. »Meine 9-Millimeter-Glock ist immer noch die beste Vorsorge.«
    Connie und Lula sahen mich an.
    »Und womit bist du bewaffnet?«, fragte Connie.
    »Mit einer vollen Dose Haarspray und dem Lipgloss, das ich auf getragen habe.«
    »Schönes Lipgloss«, sagte Lula. »Aber ein bisschen mehr Rückendeckung könnte nicht schaden.«
    Connie wickelte sich in ihren Mantel. »Ich wüsste nicht, was für ein juristisches Problem man mit Dickie besprechen möchte. Muss etwas Wichtiges dahinterstecken, wenn man bereit ist, dafür bei diesem Wetter aus dem Haus zu gehen.«
    Ich besann mich auf die einzige Fähigkeit, die mich berechtigt, als Kopfgeldjägerin zu arbeiten: mein Talent, Lügengeschichten zu erzählen. »Es ist was Persönliches, aus der Zeit, als wir noch verheiratet waren. Es geht um… Steuern.«
    Mit hochgezogenen Schultern traten wir hinaus in die Kälte. Connie schloss die Bürotür ab, und wir stiegen in Lulas roten Firebird. Lula schmiss den Motor an, Hip-Hop dröhnte aus dem Lautsprecher, und wir röhrten los.
    »Arbeitet Dickie immer noch im Stadtzentrum?«, fragte Lula.
    »Ja, aber er hat ein neues Büro, 3240 Brian Place. Seine Kanzlei heißt jetzt Petiak, Smullen, Gorvich & Orr.«
    Lula gondelte die Hamilton Avenue entlang und bog in die North Road. Der Wind hatte etwas nachgelassen, und es schneite nicht mehr, aber über uns hing immer noch eine dicke Wolkendecke. Das Wetter ließ sich jetzt bestenfalls als trübe bezeichnen. Im Kopf ging ich noch mal das Märchen durch, das ich Dickie auftischen wollte: Mir würde eine Rechnungsprüfung ins Haus stehen, und dazu brauchte ich von ihm ein paar Auskünfte. Zum Trost und als Leistungsansporn wollte ich mir später etwas gönnen: Vor meinen Augen sah ich Makkaroni mit Käse, Butterscotch Tastykakes, geröstete Zwiebelringe und Berge von Snickers-Riegeln. Damit wäre ein Mehrfachorgasmus programmiert, aber es wartete ja auch ein Dairy-Queen-Eis mit Oreo-Keksen auf mich.
    Lula bog links in die Brian ein und fand einen Parkplatz, der nur einen halben Häuserblock von Dickies Büro entfernt war.
    »Wenn du nicht gleich aufhörst, mit den Fingern zu knacken, knall ich dir eine«, sagte Lula zu mir. »Reg dich ab. Du willst doch nur ein paar Informationen über Steuern von ihm, und er wird sie dir geben.« Lula sah mich von der Seite an. »Mehr ist doch nicht dran, oder?«
    »So ziemlich.«
    »O nein«, sagte Lula. »Also ist doch mehr dran.« Wir stiegen aus und drängten uns gegen die Kälte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher