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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund.
Autoren: Tom Sharpe
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Constable ins Radio. »Hätte ›Kein Kommentar‹ nicht gereicht?« Es war eine dumme Frage. Sogar Sir Arnold sah das ein. Der Dreckskerl war scharf auf seinen Job, darum fiel er ihm in den Rücken und schob ihm die Verantwortung in die Schuhe. Und er konnte unmöglich in sein Haus am Sweep Place fahren. Das wurde garantiert von Reportern und kamera- und mikrobewehrten BBC-Leuten belagert, die schon immer seinen Kopf gefordert hatten. Tja, jetzt hatten sie ihn. Mit der Gerissenheit einer in die Ecke getriebenen pestinfizierten Ratte suchte Sir Arnold nach einem Fluchtweg aus der Falle, in die er geraten war. Und er fand ihn. In Gestalt einer schweren Krankheit. Irgendwann im Laufe seines brutalen und elenden Lebens hatte er gehört, wenn man eine Tube Zahnpasta aß, bekäme man ein paar scheußliche und ziemlich authentisch wirkende Krankheitssymptome. Er hielt an einem offenen Supermarkt und kaufte zwei große Tuben unterschiedlicher Sorten – eine Marke reichte vielleicht nicht aus – und eine Flasche Tonicwasser. Irgendwo in der Nähe des Stadtkrankenhauses von Tween – schließlich wollte er nicht sterben – würde man ihn zusammengesackt in seinem Auto finden, rasch einliefern und behandeln. Mit neuer Entschlossenheit und innerer Kraft fuhr der Chief Constable nach Tween, wo es ihm, nachdem er direkt vor den Toren des Krankenhauses geparkt hatte, unter größten Schwierigkeiten und mit Hilfe des Getränks gelang, den Inhalt der Zahnpastatuben hinunterzuwürgen. Das sollte er noch bereuen. Die Wirkung trat beinahe sofort ein. Und war furchtbar. Er wankte aus dem Jag und brach auf der Straße zusammen. Er simulierte nicht. Er hatte nicht gewußt, daß er ein Magengeschwür hatte. Jetzt wußte er es. Und wie. Oder irgendwas anderes. Eine Zwerchfellhernie war es nicht. Könnte aber eine Fluoridvergiftung sein. Herrje, daran hatte er nicht gedacht. Als er auf das Tor zum Krankenhausgelände zukroch, wußte er, daß er sterben würde, er mußte einfach sterben. Dieses verfluchte simulierende Stinktier hatte damals gelogen, was Zahnpasta anging, schamlos gelogen. Es war ein schrecklicher Fehler gewesen.
    Eine Stunde später war ihm klar, was für ein Fehler es in mehr als einer Hinsicht gewesen war.
    »Hab noch nie erlebt, daß einer versucht, sich mit Zahnpasta das Leben zu nehmen«, sagte der Arzt, der ihm den Magen ausgepumpt hatte. »Er muß völlig verrückt gewesen sein.« Dieser Ansicht war man auch in Whitehall. Selbst der Premierminister, der das Middenhall-Inferno im Fernsehen verfolgt hatte (die Hubschrauber hatten erstklassige Arbeit für die Medien geleistet) und der Sir Arnold liebend gern und mit eigenen Händen erdrosselt hätte, fand die Neuigkeit ganz erstaunlich, daß der Chief Constable nach dem Verzehr von mindestens zwei Tuben Zahnpasta noch am Leben war. Außerdem hatte er zu seinem Entsetzen von dem Leiter der Staatssicherheitsabteilung erfahren, daß die Geheimpolizisten, die aus London eingeflogen waren, um das Haus am Sweep Place zu durchsuchen, Unmengen in einem Bordell aufgenommener Videobänder entdeckt hatten, auf denen wichtige Mitglieder des Ortsverbandes der Partei, prominente Geschäftsleute und Männer, die der Partei erhebliche Beträge gespendet hatten, die Hauptrollen spielten. Außerdem hatte man auf Sir Arnolds Festplatte zahlreiche potentiell schädliche Informationen gefunden.
    »Er muß weg«, sagte der Premier zum Innenminister. »Mir ist egal, wie Sie argumentieren, so einen korrupten Menschen dulde ich nicht in einem öffentlichen Amt mit derart hoher Verantwortung. Auf keinen Fall.« Das war eine starke Aussage für einen so schwachen Mann. Doch der Innenminister hatte nicht die Absicht, sich dem Premierminister zu widersetzen.
    Auch er hätte den Chief Constable liebend gern erdrosselt, nicht nur wegen dem, was er Middenhall angetan hatte, sondern auch wegen dem, was er ihm persönlich angetan hatte. Jemand hätte ihn vor diesem Etablissement in Urnmouth warnen müssen und davor, daß man ihn dort in seiner Rolle als Marlene Dietrich filmen würde. Sir Arnold Gonders stand, gelinde gesagt, keine sehr angenehme Zukunft bevor.
    »Andererseits dürfen wir das örtliche Parteiboot nicht zum Kentern bringen«, fuhr der Premier fort. Er war wirklich ein sehr schwacher Mann. Der Innenminister brachte es nicht über sich, ihm beizupflichten. Er hätte das verdammte Parteiboot mit Torpedos beschossen und etwaige Überlebende mit Maschinengewehrsalven niedergestreckt. Er war
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