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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund.
Autoren: Tom Sharpe
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sehr, sehr schwach, kam allerdings von Herzen – war die, daß Sir Arnold Gonders mittlerweile einem Schlaganfall oder einem tödlichen Herzinfarkt erlegen war. Doch der Chief Constable hatte noch nicht gehört, was das böswillige Schicksal an diesem Sonntag für ihn bereithielt. Diese Kenntnis war ihm erspart geblieben, weil er die Gemeinde der Kirche zum Heiligen Grabmal in dem gut fünfzig Kilometer nördlich von Tween gelegenen Boggington mit den Ergebnissen seiner Zwiesprache mit Gott verwöhnte. Diese bestanden in erster Linie aus einer Reihe Ermahnungen, die sich anhörten, als wäre Gott die Größte Premierministerin aller Zeiten beim Tanz um das Goldene Kalb.
    »Und wahrlich, ich sage euch, wenn wir nicht die Gebote des freien Unternehmertums und der freien Marktwirtschaft befolgen, werden wir dazu verdammt sein, das Werk des Teufels zu verrichten«, verkündete er von der Kanzel. »Es ist unser Geschäft in dieser Welt, die in Gottes Liebe liegende Güte mit den Segnungen des freien Unternehmertums zu vermehren und all jene Dinge zu verwerfen, die uns der Wohlfahrtsstaat auf einem silbernen Tablett serviert hat, wodurch er uns der Notwendigkeit beraubte, der wir zu huldigen haben. Diese Notwendigkeit, liebe Brüder und Schwestern im Herrn, besteht freilich darin, daß wir selbst für uns als Individuen sorgen und es der übrigen Gemeinschaft ersparen, dies auf Kosten des Steuerzahlers zu tun. In dieser Woche erst hatte ich die Freude mitanzusehen, wie viele Bürgerkomitees und Nachbarschaftsvereine entstanden sind, um die großartige Arbeit der Polizei überall und insbesondere der Männer unter meinem Kommando zu unterstützen. Nicht oft bietet sich mir die Möglichkeit oder, so möchte ich sagen, die Gelegenheit, die Werke des Herrn so zu verrichten, wie er es von mir erwartet, nämlich so wie uns selbst auch andere zu ermutigen, sich der Fesseln der Passivität und der Hinnahme zu entledigen und in die Welt hinauszugehen und all jenen die positiven und aktiven Segnungen von Gesundheit, Wohlstand und Zufriedenheit zu bringen, die weniger vom Glück begünstigt waren als wir. Dies bedeutet keineswegs, daß wir von sozialer Bedürftigkeit oder sogenannter Benachteiligung auf die Knie gezwungen werden. Vielmehr müssen wir uns und unsere Begabung in geschäftlichen Dingen und bei der Anhäufung von Wohlstand so intensiv wie möglich verwirklichen. Wie mir der Herr verraten hat, gibt es auf dem Weg in den Himmel ebenso viele Tochtergesellschaften wie Almosen auf dem glitschigen Weg in die Hölle. Einem Bettler einen Penny zu geben, ist eine Sache; selber zu betteln jedoch ist etwas ganz anderes. Und daher sage ich zu euch, liebe Freunde, helft der Polizei bei der Vereitelung von Verbrechen und bei dem Streben nach Gerechtigkeit, aber vergeßt nie, daß der Weg zur Rechtschaffenheit der Weg der Selbstbedienung ist und nicht umgekehrt. Und nun lasset uns beten.«
    Ernst neigten die Gemeindemitglieder vor ihm ihre Köpfe, während der Chief Constable seine geballten rhetorischen Fähigkeiten einsetzte und ein Gebet zugunsten der Kampagne gegen Autodiebstahl und für Selbsthilfegruppen der Bürger vom Stapel ließ. Es war ein begnadeter Auftritt. »Ich glaube, Sie haben Ihren Beruf verfehlt, Sir Arnold«, sagte der Pfarrer, als der Chief Constable nach dem Gottesdienst ging. »Doch wenn Sie irgendwann die großartige Arbeit beenden, die Sie als Chief Constable leisten, spüren Sie vielleicht die Berufung zum Geistlichen. Einem Visionär stehen viele Türen offen.«
    »Ganz recht«, sagte Sir Arnold, der es gar nicht gern hörte, wenn man auf seine Pensionierung anspielte. »Doch ich sehe mich in einer weit bescheideneren Rolle, Reverend, nämlich als armer Sünder, dem es von Herzen Freude bereitet, wenn er die Botschaft der Bibel den ...«
    »Ganz recht, Sir Arnold, ganz recht«, pflichtete ihm der Geistliche bei, der den Redefluß des Chief Constables unbedingt stoppen wollte, bevor dieser so richtig in Gang kam. »Eine glänzende Predigt. Glänzend.«
    Er wandte sich ab, um sich einem Gemeindemitglied zu widmen, und Sir Arnold ging die Treppe hinunter zu seinem Auto. Auf der Rückfahrt zum Sweep Place überlegte er, wie er sich die moralische Rechtschaffenheit am besten zunutze machte, von der er stets erfüllt wurde, wenn er von Gott sprach. »Damit müßte so etwas ausgeschlossen sein, wie es Hiob widerfahren ist«, dachte er bei sich. »Selbst Gott würde sich nicht in die Aufrechterhaltung von Recht und
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