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Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron
Autoren: Rudolf Jagusch
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wird eine Weile bei Ihnen einziehen. Er wird quasi Ihre Stelle einnehmen, Herr Baron, überall im Haus. Im Bett, auf dem Klo und so weiter. Sie sollten sich im Gästezimmer einquartieren und sich so wenig wie möglich im übrigen Haus bewegen.«
    »Ich kann ja auch bei Ihnen einziehen.«
    Bauernfeind schüttelte den Kopf. »Sie können gerne ab und an vorbeikommen und mit mir eine Runde plaudern, wenn es Ihnen im Haus zu eng wird. Aber Sie müssen schon den Anschein erwecken, dass alles in Ordnung ist. Dazu gehört auch: Morgens zur Arbeit gehen und abends wieder nach Hause kommen.«
    »Ist es nicht gefährlich, wenn der gute René bei uns gesehen wird?«, erkundigte sich Baron.
    »Ja, ist es. Es geht aber nicht anders. Die Polizei wird die DNA vom Mordopfer mit persönlichen Utensilien vergleichen wollen. Vielleicht auch die Fingerabdrücke. Schließlich wird das Gesicht nicht mehr erkennbar sein. Sie verstehen schon. Und man kann nie wissen, ob die Staatsdiener sich nicht irgendetwas greifen, einen Kamm, eine Zahnbürste, was weiß ich. Wir müssen auf Nummer sicher gehen. Bei der Kleidung müssen wir uns auch etwas einfallen lassen.«
    Susanne Baron erhob sich. »Mir ist nicht gut. Wenn ich mir das alles … Ich werde mich kurz auf die Toilette …« Sie schwankte. Sofort sprang Lydia Sieper auf und stützte sie.
    »Ich komme mit. Den Rest können die Herren ohne uns regeln.«
    »Nichts für schwache Nerven«, stellte Baron mitleidslos fest. »Hoffentlich macht uns das in den nächsten Wochen keinen Strich durch die Rechnung.«
    * * *
     
    Susanne Baron saß im Fond von Welschers Fiesta. Sie hatte darauf bestanden, sie selbst zum Treffpunkt zu führen. Andrea Lindenlaub und Büscheler folgten ihnen in einem Dienstwagen, Fischbach auf seiner Harley. Sie fuhren durch das Gemünder Gewerbegebiet, das die kerzengerade Kölner Straße teilte wie ein scharfes Messer einen Brotlaib.
    »Was ist schiefgegangen?«, wollte Welscher wissen und sah kurz in den Rückspiegel. Susanne Baron blickte müde auf. Nach Frau Siepers Geständnis hatte auch sie jeden Widerstand aufgegeben und die Aussage der wahren Witwe bestätigt.
    »Bauernfeind hat uns unter Druck gesetzt. Er wollte ursprünglich dreihunderttausend Euro abhaben, hatte sich wohl nur zum Schein auf weniger eingelassen. Als mein Mann den Pass einforderte, hat Bauernfeind ihn erpresst. Ein Zurück gab es ja nicht mehr, die Weichen waren gestellt. Bauernfeind wollte Geld sehen, bevor er den Pass herausrücken würde.«
    »Und deshalb musste er sterben.«
    Sie nickte. »Ja. Bruce musste an den Pass kommen. Darum gab er vor, Bauernfeinds Forderung erfüllen zu wollen. Aber er war nicht der Einzige, der mit leeren Händen zum Treffpunkt kam. Also hoffte er, die Papiere in Bauernfeinds Haus zu finden.« Sie beugte sich vor und deutete nach rechts. »Nehmen Sie jetzt bitte die Dürener Straße hoch nach Wolfgarten.«
    Welscher lenkte seinen Fiesta an der Einmündung nach rechts. Er achtete darauf, dass die anderen seiner Richtungsänderung folgten. »Daher der Einbruch. Die Hunde haben nicht angeschlagen, da sie Ihren Mann kannten. Und damit das auch so blieb, bekamen sie sicherheitshalber jeder eine Kugel verpasst.«
    Die Straße wand sich kurvenreich durch den dichten Wald des Nationalparks. Feuchtigkeit färbte den Teer dunkel, Laub machte ihn glitschig. Welscher sah in den Rückspiegel. Das grelle Licht des Harley-Scheinwerfers blendete ihn. Zumindest kam Fischbach mit den widrigen Straßenverhältnissen bisher bestens zurecht. Nach einer Rechtskurve schnitt die B 265 wieder gerade durch den Wald.
    »Gleich müssen Sie links rein«, sagte Susanne Baron. »Dann weiter und wieder links in die Straße Am Merrchen. Bis zum Ende durch, da ist ein kleiner Parkplatz. Die letzten Meter müssen wir zu Fuß gehen.«
    Welscher steuerte seinen Fiesta wie angegeben. »Er ist auf dem Turm, nicht wahr?«, sagte er.
    Sie nickte. »Bruce liebt die Eifel. Es hat ihm das Herz gebrochen, von hier fort zu müssen.«
    »Er gönnt sich also einen letzten Blick«, stellte Welscher fest.
    Sie nickte wieder.
    »Ein besseres Plätzchen hätte er kaum finden können.« In der fünften oder sechsten Klasse, daran erinnerte Welscher sich noch genau, hatte ihr Erdkundelehrer mit ihnen eine Exkursion zu diesem ehemaligen Feuerwachturm inmitten der ausgedehnten Wälder des Nationalparks Eifel unternommen. Früher hatte man von dort oben das Gebiet auf Waldbrände überwacht. Heute war es ein beliebter
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