Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron
Autoren: Rudolf Jagusch
Vom Netzwerk:
zurück?«
    Die anderen murmelten zustimmend.
    »Was ist mit der Staatsanwältin?«, gab Andrea Lindenlaub zu bedenken. Fischbach deutete über ihre Schulter in Richtung des Weges, und sie drehte sich um. Eine Frau im Pelzmantel stapfte auf hohen Schuhen auf sie zu.
    »Fahrt schon mal vor«, ordnete Fischbach an. »Ich übernehme das. Und Andrea, gib bitte noch durch, dass sie die Leiche jetzt holen können.«

ZWEI
     
    Welscher betrat das Gebäude der Kreispolizeibehörde gegen halb eins zum zweiten Mal an diesem Tag. Er hatte Büscheler mitgenommen, der mit müden Schritten vorausstapfte.
    Die Fahrt über hatten sie kein Wort gesprochen. Nur als Büscheler sich eine Zigarette anstecken wollte, hatte Welscher protestiert.
    »Schmeiß mich doch raus«, hatte Büscheler gegrummelt und einfach drauflosgepafft.
    Dickköpfig und intolerant, fluchte Welscher stumm, ein typischer Eifler halt. Kleines, gemeines Bergvolk.
    Büscheler schleppte sich vor ihm die Treppe in den zweiten Stock hinauf. Kollegen grüßte er mit einem Kopfnicken und einem schlaffen Händedruck. Vor einer Tür am Ende des Ganges blieb Büscheler stehen, klopfte an und trat ein.
    »Ist der Chef da?«, fragte er die Frau, die in dem Zimmer hinter einem aufgeräumten Schreibtisch saß und etwas in den PC tippte. Bilder mit Alpenpanorama hingen an den Wänden, ein Aquarium in der Größe einer Badewanne gurgelte links an der Wand, Veilchenduft hing in der Luft. Rechts führte eine Tür in einen anderen Raum, sicherlich das Chefbüro.
    Die Sekretärin trug ein graues Kostüm, und Welscher fand, dass sie damit ausgezeichnet zum Wetter und zu seiner Stimmung passte. So viel Grau war ihm in den ganzen letzten Jahren nicht untergekommen. Selektive Wahrnehmung, mutmaßte er. Die Frau, die er auf Mitte fünfzig schätzte, nahm ihre schmale Lesebrille von der Nase und musterte ihn. Ihre toupierten Haare standen aufrecht wie ein Betonpfeiler. Wann war so etwas zuletzt modern?, rätselte Welscher. Er kannte Frisuren wie diese nur von Bildern aus dem uralten Fotoalbum seiner Großmutter. Aber vermutlich dachte die Tippse, sie würde total stylish daherkommen.
    »Ist der Neue«, klärte Büscheler sie auf. »Und das ist Frau Kreuz.« Er drängte sich an Welscher vorbei und verschwand, ohne eine Reaktion abzuwarten.
    Kopfschüttelnd sah Welscher ihm nach.
    Frau Kreuz lachte. »Der gute Guido. Seine Sucht treibt ihn immer wieder vor die Tür. Dem sollte man den Schreibtisch auf den Hof stellen. Hier im Haus herrscht absolutes Rauchverbot.«
    »Das hat ihn in meinem Wagen auch nicht abgehalten.«
    »Roth-Händle?«
    »Ja.«
    Sie setzte eine mitleidige Miene auf. »Herzliches Beileid. Hoffentlich kriegen Sie den Geruch aus den Polstern.«
    Welscher konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Frau Kreuz strahlte trotz ihres antiquierten Modegeschmacks eine Herzlichkeit aus, der er sich nur schwer verschließen konnte.
    »Jetzt aber mal durch, husch, husch.« Sie wedelte mit der Hand in der Luft herum, als würde sie Küken über die Straße scheuchen.
    Welscher klopfte an die Tür zum Chefzimmer und wartete ein »Ja?« ab, bevor er eintrat. Das Büro war nicht sonderlich groß und auch nicht besonders geschmackvoll eingerichtet. Dagegen wirkte das Vorzimmer von Frau Kreuz richtig heimelig. Anscheinend litt sein neuer Chef nicht an der Krankheit, die Welscher gern mit »Protzelitis« umschrieb, ein in den höheren Diensträngen stark verbreitetes Leiden.
    »Ah! Sie sind sicher der Neue«, rief der große Mann hinter dem Schreibtisch mit quäkender Stimme.
    Welscher zuckte unwillkürlich zusammen. Vor seinem geistigen Auge lief ein Erpel von links nach rechts.
    Der Mann winkte ihn näher, drehte seinen Füller zu, sprang behände auf, kam um den Tisch herum und reichte ihm die Hand. »Dann mal herzlich willkommen hier im Irrenhaus.«
    Welscher erwiderte den Händedruck, so gut er konnte. Doch sein neuer Chef war mit seinen tellerminengroßen Händen deutlich im Vorteil. »Danke, Herr … äh.« Welscher verstummte. Mist! Er hatte sich den Namen nicht gemerkt. Oder war er überhaupt noch nicht gefallen? Stand dazu etwas im Versetzungsschreiben? Er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals.
    Blaue Augen sahen ihn, hinter schmal gerahmten Brillengläsern freundlich strahlend, erwartungsvoll an.
    Verzweifelt versuchte Welscher, sich an das Türschild zu erinnern. Leider war er sich sicher, es beim Eintreten nicht beachtet zu haben. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher