Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
entsprach der Stimmung: Kein Mensch konnte beim Nachlesen feststellen, dass irgendetwas Schlimmes passiert war. Der mit Abstand am häufigsten gebrauchte und treffendste Satz war: »Es ging alles sehr durcheinander, ich kann mich nicht mehr genau erinnern.«
    Wir fuhren nach Hause, Rodenstock telefonierte mit Kischkewitz und sagte, was zu sagen war. Dann fragte er nach den Bankauskünften über Fiedlers Konten und hörte lange Zeit zu. Als er das Gespräch beendet hatte, erzählte er: »Es scheint wirklich so, als rufe Fiedler um Hilfe, man möge ihn um Himmels willen endlich verhaften ... Er traf Natalie auf der Dauner Burg. Dann rannte er hinunter zur Kreissparkasse und hob zwölftausend Mark ab. Er rannte wieder zurück und gab Natalie das Geld. Dann haben sie die Dauner Burg verlassen, getrennt natürlich. Aber irgendwie muss Fiedler wieder an seine zwölftausend Mark gekommen sein. Denn am nächsten Tag hat er gegen Mittag zwölftausend Mark auf sein Konto bei der Volksbank eingezahlt. Mit anderen Worten: Er muss Natalie an dem Tag ein zweites Mal getroffen haben.«
    »Klar, er hat sie getötet.«
    »So nicht!«, wehrte Rodenstock ab. »Das ist zu einfach, das nimmt dir kein Staatsanwalt ab. Es ist ein starkes Indiz, mehr nicht.«
    »Aber was willst du noch herausfinden?«
    »Das weiß ich noch nicht«, murmelte er. »Werde jetzt nicht ungeduldig, Baumeister.«
    Irgendwann trennten wir uns, um unsere Betten aufzusuchen, und ich war gerade in einem höchst erfreulichen Traum, in dem ich Ladislaw Bronski krumm und schief prügelte, als Vera mich an der Schulter rüttelte und flüsterte: »Guten Morgen, Baumeister, freust du dich ein bisschen?«
    Ich antwortete: »Worüber soll ich mich denn freuen?«
    »Na ja, darüber, dass ich wieder da bin. Es ist drei Uhr nachts und der Film war abartig schlecht. Es ging um einen jungen Mann, der eines Morgens harmlos zur Arbeit geht und in der U-Bahn ein Mädchen trifft. Die beiden haben sich noch nie gesehen, und als es dann ...«
    Ich wurde erst wieder wach, als Emma mich sanft stupste und flötete: »Baumeister, es ist so weit: Bescherung!«
    »Wie bitte?« Ich tastete rechts neben mir, Vera war nicht da. Dann erkannte ich Emma. »Was denn für eine Bescherung?«
    »Wir haben ihn.«
    »Wen?«
    »Fiedler.«
    Jetzt drang etwas bis an meine Schaltzentrale vor. »Ja, und?«
    »Es gibt ein Treffen mit Fiedler. In einer Stunde. In seinem Haus.« Dann ging sie hinaus und zwang mich so, aus dem Bett zu steigen. Frauen sind durchaus nicht immer eine amüsante Erfindung.
    Ich rasierte mich nicht, putzte nur flüchtig die Zähne und tauchte dann in meiner Küche auf, um zu erfahren, welche Kraft die Welt gedreht hatte. »Wer war das Genie?«
    »Emma!«, sagte Vera.
    »Ich nicht allein, Rodenstock auch.« Emma lächelte. »Pass auf: Gehen wir mal davon aus, dass Fiedler es nicht aushalten konnte, Natalie zu verlieren. Er hasste sie, aber er liebte sie auch. Ohne sie, dachte er wohl, ginge sein Leben nicht weiter. Was für Möglichkeiten hatte er, als er erfuhr, dass sie nach Los Angeles fliegen wollte? Im äußersten Fall wollte er auch dorthin fliegen, denke ich. Er kann einen Flug übers Internet buchen, wie Schminck das für Natalie getan hat. Er kann auch in ein Reisebüro gehen. Auf jeden Fall muss die Lufthansa, bei der Schminck für Natalie gebucht hat, ja die Passagierliste haben. Und siehe da: Zwei Tage vor Natalies Tod hatte Fiedler ein Ticket für dieselbe Maschine nach Los Angeles gekauft. Wir wissen, was passierte, wir können uns das Zwischenspiel sparen. Am Tag nach Natalies Tod stornierte Fiedler den Flug. Und zwar stornierte er den Flug über seinen Computer morgens um vier Uhr. Er brauchte den Flug nicht mehr, er wusste, Natalie wird nie wieder ein Flugzeug besteigen. Verstehst du das, Baumeister?«
    »Wie bitte? O ja, sehr. Und wie geht es jetzt weiter?«
    Rodenstock antwortete: »Wir haben Kischkewitz gebeten, zwei von uns mitzunehmen, wenn er Fiedler holt. Ich gehe mit und du, Baumeister. Wir haben ganz fair gelost, das Los fiel auf uns beide. Natürlich sind die Frauen jetzt sauer, aber Glück ist eben Glück. Wir sind um vierzehn Uhr mit Fiedler verabredet. Ich weiß nicht, ob er etwas ahnt, ich habe nur gesagt, dass wir noch einmal seine Hilfe brauchen.«
    »Was ist mit seiner Frau?«, fragte ich.
    »Die schicken wir aus dem Haus, die muss das nicht mit ansehen. Ziehst du dir bitte vorher noch ein neues Hemd an, Baumeister?«
    »Was? O ja, natürlich. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher