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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll
Autoren: Jacques Berndorf
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der jungen Frau mit Tötung reagiert. Das ist aber nicht seine normale Reaktion, in der Regel löst er Krisen anders. Das heißt: Eigentlich ist er nicht gewalttätig, eigentlich ist ihm Gewalt fremd.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Um auf deine Frage vom Anfang zurückzukommen: Es ist relativ unwahrscheinlich, dass er für irgendeinen Zeugen gefährlich werden könnte. Die junge Frau war der absolute Sonderfall. Du kannst möglicherweise sogar davon ausgehen, dass er gefasst werden will, dass er direkt oder indirekt sagt: Ich muss bestraft werden.«
    »Er hat uns bei der Aufklärung geholfen, er hat in vielen wichtigen Fragen, die Jugendliche und Schüler betrafen, Hinweise und Antworten gegeben.«
    »Das passt«, sagte Gerlinde. »Aber immer daran denken: Es ist kein Urteil, auf das du dich verlassen kannst, es ist nur ein Richtungshinweis.«
    Ich bedankte mich, die Rinder hatten inzwischen die Straße passiert, die Karawane konnte weiterziehen.
    Rodenstock stand mit einer blumigen Schürze behängt vor dem Herd und briet Kartoffeln. »Die Frauen kommen spät zurück. Sie haben eben Bescheid gesagt, sie wollten noch ins Kino gehen.«
    Ich berichtete, was Gerlinde mir erzählt hatte.
    »Ich habe mir so etwas gedacht«, nickte Rodenstock. »Das deckt sich mit meiner Erfahrung. Fiedler kann Natalie getötet haben und es war eine einmalige Tat, nicht wiederholbar. Allerdings: Immer, wenn man sich auf so eine Einschätzung verlässt, geht es schief, und ein Mörder schlägt doch noch mal zu. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Fälle, in denen Straftäter, die in der Psychiatrie sitzen, für ungefährlich erklärt werden. Die entlassen werden, sich umdrehen und das nächste Verbrechen begehen. Wir sollten lieber vorsichtig sein. Der menschliche Faktor ist immer unberechenbar.«
    Wir aßen in aller Gemütsruhe und rauchten genüsslich. Da meldete sich Rodenstocks Handy und er hörte wortlos zu. Schließlich nickte er und berichtete: »Bronski hat sich Adrian Schminck geholt.«
    »Wann?«
    »Kischkewitz sagt, vor etwa einer Stunde. Kischkewitz hat keine Leute mehr, er kriegt so schnell keine Verstärkung. Deshalb bittet er uns herumzuschauen, ob wir Bronski finden können.«
    »Was machen wir?«
    »Wir fahren los und suchen den Truck. Wir haben gar keine Wahl. Du lieber Himmel, Bronski, zwei Flaschen Wodka und Adrian Schminck!«
    Zwei Minuten später saß ich am Steuer des Volvo und wir fuhren los.
    »Erst einmal zu Schminck. Wenn er jetzt eine Stunde unterwegs ist, kann der Truck längst auf der A 1 nach Köln oder der A48 nach Trier oder Koblenz oder auf der A61 zwischen Koblenz und Brühl sein. Wir können keine Stecknadel im Heuhaufen suchen.«
    »Als du neulich nachts bei Bronski warst, wo stand er?«, wollte Rodenstock wissen.
    »Hinter Bongard auf der Strecke nach Nohn.«
    »Vielleicht fahren wir besser dorthin?«
    Ich fuhr also bis Boxberg, dann scharf links in Richtung Bongard.
    »Bronski ist raffiniert«, sagte ich. »Er kann in jeden Wald- und Feldweg eingebogen sein, legt dreihundert Meter zurück, ist hinter der nächsten Kurve außer Sichtweite und wir finden ihn nicht in zwei Jahren.«
    »Du machst mir richtig Mut. Ich stelle mir gerade vor, dass Bronski Gewalt nicht scheut.«
    Ich antwortete nicht, sondern fuhr etwas schneller. Dabei fragte ich mich, wohin sich Bronski wenden würde, wo er sich relativ sicher fühlen konnte. Ich überlegte, wie Bronski dachte: einfach und effektiv. Es gab einen Punkt, an dem man nicht nach ihm suchen würde, weil es ein belasteter Ort war: Tina Colins altes Forsthaus.
    Die Reifen quietschten, als ich scharf nach rechts abbog. »Wir versuchen es«, sagte ich.
    Rodenstock begriff sofort, wohin ich wollte. Er murmelte: »Fahr zu, das könnte richtig sein.«
    Und es war richtig. Wir bogen in den Seitenweg, der zum Forsthaus führte, und ich musste auf die Bremse treten, weil der Truck vor der Brandruine stand, groß und unübersehbar.
    »Bronski hat überhaupt keine Berührungsängste«, stellte Rodenstock fest. »Er ist ein richtiger Sauhund und als Täter wäre er gnadenlos gefährlich.«
    Wir gingen ganz langsam auf den Truck zu und anders als beim ersten Mal war es still. Diesmal sang niemand, niemand grillte, die Stille war bedrohlich.
    Ich klopfte gegen die große, zweiflügelige Rückwand des Trucks. Ich schrie: »Heh, Bronski. Lass dich mal sehen, Baumeister ist hier.«
    Erst nach unendlich langen Sekunden wurde die rechte Türhälfte geöffnet. Aber nur einen
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