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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll
Autoren: Jacques Berndorf
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hinauf.
    Schminck hockte zusammengesunken auf dem Eimer, der Kopf fiel fast auf seine Knie, er atmete laut und mühsam. Sie hatten seine Arme mit einer einfachen, festen Paketkordel auf die Oberschenkel gebunden. Die Kordel schnitt tief in sein Fleisch, und als ich daran herumnestelte, zuckte Schminck vor Schmerzen zusammen.
    »Entschuldigung, mein Freund«, sagte ich. Ich nahm mein Taschenmesser und durchschnitt die Kordel. »Jetzt aufstehen, aber langsam.«
    Er beugte sich vor, wollte aufstehen, doch es funktionierte nicht, er fiel nach vorn und ich fing ihn ab.
    »Ganz langsam. Oder wollen Sie sich erst mal hinlegen?«
    Er schüttelte den Kopf. Dann stand er auf, es waren die Bewegungen eines alten Mannes. Sein Körper pendelte hin und her. Ich musste ihn festhalten. Schließlich machte er die ersten Schritte und offensichtlich tat ihm alles weh. Sein Gesicht war vollkommen zerschlagen, ich bezweifelte, dass er etwas sehen konnte.
    »Kommt her und helft!«, schrie ich die Männer an.
    Zwei kletterten herauf auf die Ladefläche und fassten Schminck rechts und links unter den Achseln. Sie bugsierten ihn an den Rand der Fläche, die zwei anderen hoben ihn vorsichtig hinunter.
    »Legt ihn erst einmal hin«, sagte ich. »Auf den Rücken.«
    Bronskis Bruder war im linken Oberschenkel getroffen worden, die Wunde blutete heftig. Sein Gesicht war grau und offensichtlich hatte er starke Schmerzen.
    »Hol mal den Verbandskasten«, sagte Rodenstock. »Los!«
    Bronski nickte und verschwand.
    »Wieso schleppst du diesen blöden Colt mit dir rum?«, fragte ich.
    Rodenstock presste die Lippen aufeinander. »Tu ich ja gar nicht. Ich hatte das Ding nur in der Tasche, weil Emma es aus ihrer Handtasche gekramt hat, bevor sie mit Vera nach Mainz fuhr. Ich habe es dann vergessen.«
    »Ach du lieber mein Vater«, hauchte ich. »Jetzt brauchen wir nur noch einen Gaul, auf dem du in den Sonnenuntergang reiten kannst, du mein ewiges Vorbild.«
    Rodenstock grinste schief.
    Bronski kam zurück und versuchte zittrig, den Kasten zu öffnen. Es gelang ihm nicht und ich machte es für ihn.
    »Zieh ihm mal die Jeans aus«, sagte Rodenstock. »Oder warte, ich mache das. Rückt zur Seite, macht Platz.«
    Bronski kam aus der Hocke hoch, auch ich stand auf. »Du brauchst frische Luft«, sagte ich.
    »Scheiße!«, fluchte der Pole und sprang vom LKW hinunter.
    Ich folgte ihm und sagte: »Hör zu, Schminck war es nicht. Du musst einsehen, dass Schminck es nicht war. Und das hier ist nicht der Wilde Westen.«
    Er antwortete nicht, ging einfach weiter.
    »Du kannst hier nicht den Rächer der Enterbten spielen. Du bist auf dem direkten Weg in den Knast. Das weißt du Arschloch genau.«
    Er lief immer noch vor mir her, umrundete die Ruine, erreichte die Rückfront. Da stand ein angekokelter, einstmals sicherlich feudaler Sessel mit einem weinroten Brokatbezug. Bronski setzte sich darauf, zog ein Päckchen Tabak aus der Brusttasche seines blau karierten Hemdes und drehte sich mit zitternden Fingern eine Zigarette.
    »Was mache ich? In den Knast geht nicht.«
    »Das hängt von Schminck ab. Er wird dich wegen schwerer Körperverletzung anzeigen, wegen Entführung, wegen Erpressung, wegen was weiß ich. Warum machst du so etwas Verrücktes? Wieso glaubst du, er hat Natalie umgebracht?«
    »Sie war bei ihm. Vor ihrem Tod.«
    »Ja, aber anschließend war sie in Maria Laach bei Becker. Und Becker hat sie auch nicht getötet, er war gar nicht zu Hause. Warum hast du mich nicht angerufen?«
    »War ich wütend.«
    »Du erinnerst mich an den Boxer, der dem Ringrichter den Unterkiefer zerschmettert und dabei schreit: Tut mir Leid, war kein anderer da!«
    Bronski grinste matt. »Na gut, geht alles den Bach runter ... Habe ich keine Chance, oder?«
    »Ich weiß nicht. Du musst dich bei Schminck entschuldigen. Das ist wichtig. Er ist ganz passabel für einen reichen Mann.«
    »Er hat ihr das Ticket nach Hollywood gekauft. Stimmt das?«
    »Ja. Es ging ihm so wie dir: Er mochte sie sehr.«
    »Ha«, sagte er. Dann starrte er das Gras zwischen seinen Schuhen an, machte eine heftige Bewegung mit dem rechten Arm und schlug dabei die Glut seiner Zigarette ab. »Kann ich nicht in den Knast. Ich muss nach Hause.«
    »Wieso musst du nach Hause?«, fragte ich aufgebracht. »Du musst erst einmal hier diese Geschichte in Ordnung bringen.«
    »Geht nicht«, sagte er dumpf. »Geht überhaupt nicht.«
    »Bronski, komm wieder auf den Teppich.«
    »Habe ich dich belogen«, murmelte er.
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