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Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Titel: Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)
Autoren: Hannah Arendt
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werden mußte (siehe dazu Rücken, NS-Verbrechen, S. 220 ff.). Die »Zentrale Stelle« hat von ihrer Errichtung bis Ende 1983 rund 12 000 Ermittlungsverfahren eingeleitet, die 600 Hauptverhandlungen zur Folge hatten. In diesen Prozessen wurden von 1959 his 1981 rund 500 Personen rechtskräftig verurteilt. Zwischen Mai 1945 und Ende 1982 wurden von den Staatsanwaltschaften der Bundesrepublik über 88 500 Ermittlungsverfahren geführt; bis Ende 1981 wurden 6465 Personen rechtskräftig verurteilt, davon allerdings 4420 bis einschließlich 1949 (dabei handelte es sich nur um Verbrechen von Deutschen an Deutschen – die Besatzungsmächte hatten sich die Aburteilung von Verbrechen an Nichtdeutschen bis 1950 vorbehalten – also um einen begrenzten Teil von KZ-Verbrechen und um Verbrechen im Zuge der Verfolgung politischer Gegner sowie um Verbrechen der Endphase; siehe dazu die statistischen Angaben bei Rücken, NS-Verbrechen, S. 329 ff.).
    4 Das sogenannte »Eichmann-Kommando« , genau: Sondereinsatzkommando Eichmann (vgl. auch S. 238), war Anfang 1944 im Hinblick auf die beabsichtigte Besetzung Ungarns zusammengestellt worden; es sollte die Deportation der ungarischen Juden in die Vernichtungslager schnellstens organisieren. Von den hier genannten gehörten nur Novak, Hunsche und Krumey zu diesem Kommando. Mit Sicherheit nicht beteiligt war der von H. A. genannte SS-Hauptsturmbannführer Gustav Richter (Berater für Judenfragen bei der deutschen Gesandtschaft in Rumänien), wohl aber ein Leopold Richter, über den nur gesagt werden kann, daß er 1959 in eine staatsanwaltschaftliche Voruntersuchung verwickelt war. Wilhelm Zoepf war – soweit erkennbar – ebenfalls nicht Angehöriger des Kommandos; er war von 1942 bis 1945 Leiter des Referates IV B 4 (Juden) beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei (BdS) in den Niederlanden; in dieser Eigenschaft organisierte er die Deportation der niederländischen Juden in die Vernichtungslager. Zoepf wurde deswegen am 24. 2. 67 wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zu gemeinschaftlichem Mord zu 9 Jahren Zuchthaus verurteilt (mitangeklagt der BdS Wilhelm Harster: 15 Jahre Zuchthaus).
    Franz Novak , zunächst in Österreich unter falschem Namen untergetaucht, wurde 1961 auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Frankfurt verhaftet. Ende 1964 wurde er in Wien zu 8 Jahren Kerker verurteilt; nach einer Prozeßserie aus Revisionen und Rückverweisungen (dabei einmal Freispruch wegen Befehlsnotstand) wurde er schließlich 1972 zu 7 Jahren Kerker verurteilt.
    Dr. Otto Hunsche wurde im Februar 1962 erstmals wegen eines Teilkomplexes der Judendeportationen aus Ungarn angeklagt und im Juli 1962 zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt. Im März 1963 wurde er, zusammen mit Hermann Krumey , wegen Beteiligung am Gesamtvorgang erneut angeklagt. im Februar 1965 wurde Krumey zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt, Hunsche wurde freigesprochen. Dieses Urteil hob der BGH im März 1967 auf. Auf grund der erneuten Hauptverhandlung wurden im August 1969 Hunsehe zu 12 Jahren, Krumey zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt.
    Da laut Strafgesetzbuch die Verjährung dann ruht, wenn eine Strafverfolgung nicht erfolgen kann, setzte die Verjährung nationalsozialistischer Verbrechen, die während der nationalsozialistischen Herrschaft logischerweise nicht verfolgt wurden, erst mit dem 9. Mai 1945 ein. Entsprechend waren Delikte wie Körperverletzung oder Freiheitsberaubung mit einer Verjährungsfrist von 10 Jahren bis 8. Mai 1955 verfolgbar: sie verjährten mehr oder weniger unbeachtet.
    Die nächstschwere Deliktgruppe mit einer Verjährungsfrist von 15 Jahren wie Totschlag, Körperverletzung mit Todesfolge, Freiheitsberaubung mit Todesfolge verjährte mit Ablauf des 8. Mai 1960. Die SPD hatte im März 1960 zwar einen Gesetzentwurf eingebracht, wonach der Beginn der Verjährung für (noch nicht verjährte) NS-Verbrechen auf den September 1949 verschoben werden sollte: sie begründete den Entwurf zutreffend damit, daß eine ungehinderte Strafverfolgung vorher nicht möglich war. Die Regierungsparteien unterzogen sich nicht einmal der Mühe, das Argument zu überprüfen.
    Für die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten Delikte (Mord) war die Verjährungsfrist 20 Jahre und drohte somit am 8. Mai 1965 abzulaufen. Inzwischen war ein Umdenkungsprozeß in Gang gekommen, der möglich machte, daß der Vorschlag der SPD von 1960 nun wenigstens bezüglich der Verjährung von Mord als Kompromiß vom Bundestag angenommen wurde; im März 1965
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