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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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gab es eine Blutlache. Der Mann war also woanders erschlagen und dann erst hier abgeladen worden. Aber wo war der Mord geschehen?
    Auf der Stirn und der linken Schläfe des Toten waren mehrere Schläge mit einem scharfkantigen, länglichen Gegenstand ausgeführt worden. Der Mörder musste also ein Rechtshänder sein. Ein Unfall konnte es nicht gewesen sein; dann hätte es nur eine einzige Wunde gegeben. Alles deutete auf einen Mord hin, denn dieser Mann war von vorne – also von Angesicht zu Angesicht – erschlagen worden. Ob es in Notwehr geschehen war oder in voller Absicht, war natürlich nicht zu erkennen.
    In der Wunde fand Ludolf kleine, feine Holzsplitter. Vorsichtig pulte er einen größeren heraus und wusch ihn in einer Pfütze. Es war festes, blankes Holz. Nicht solches, das draußen bei Wind und Wetter gelegen hatte und dessen Oberfläche dadurch morsch und faserig geworden war. Diese Splitter sahen eher wie von einem Möbelstück aus – einem Stuhlbein zum Beispiel.
    Außerdem hatte der Tote noch irgendwelche rötlichen Fussel im Haar, auf den Schultern und den Ärmeln. Ludolf wusste beim besten Willen nicht, was das sein konnte. In den Taschen des Ermordeten war auch nicht mehr zu finden. Was nun?
    »Wie lange soll ich denn noch hier warten?« Der Wirt Balthasar Melmann stemmte seine Hände in den Rücken und wankte in seinem unbeholfenen Gang über den Hof. Seine Laune war während der Untersuchung immer schlechter geworden. »Ich habe Gäste in der Stube sitzen. Die muss ich bedienen. Wollt Ihr, dass die mich ausplündern, nur weil ich nich da bin?«
    »Ich glaube eher, Eure Gäste sind inzwischen alle hier, um zu gaffen.«
    Dabei zeigte Ludolf auf die Menschen, die sich durch den Gang drängelten. Einige der Zuschauer aus der Meute vom Marktplatz mussten ihnen bis hierher gefolgt sein. Hätte der Hauptmann der Stadtwache nicht den Weg versperrt, wäre der Schauplatz innerhalb von wenigen Augenblicken überfüllt gewesen. Aber zum Glück waren inzwischen zwei weitere Wachen eingetroffen.
    Plötzlich kam Unruhe in die Gruppe. Ein Geschiebe und Gedränge entstand. Einige Leute begannen zu fluchen und zu schimpfen. Irgendjemand versuchte, sich rücksichtslos nach vorne durchzuschieben.
    »Junger Herr!«, rief jemand aus der Menge. »Junger Herr!«
    Ein Mann winkte heftig, während Wolfram von Lübbecke ihn mit barschen Worten zurückdrängte. Doch der Mann ließ sich nicht abwimmeln. Er winkte, um auf sich aufmerksam zu machen.
    »Ich muss Euch dringend sprechen!«, schrie er.
    Jetzt erkannte Ludolf den Mann. Es war der Hochzeitsgast von gestern Abend, der Susanna und ihn auf dem Spaziergang angesprochen hatte. Von ihm stammte der Hinweis, dass der Fremde, der mit Bode gesprochen und getrunken hatte, ein Henker gewesen war.
    Sofort rief Ludolf: »Hauptmann, lasst ihn durch. Ich kenne ihn.«
    Wolfram brummte nur etwas, das nicht zu verstehen war, ließ aber den aufdringlichen Kerl durch. Sofort versuchten andere Zuschauer, ebenfalls zu folgen. Zusammen mit dem zweiten Soldaten drängte von Lübbecke die Neugierigen wieder zurück.
    Mit einem breiten Grinsen und stolzgeschwellter Brust kam der Mann auf den Hof. Er fühlte sich anscheinend sehr wohl in seiner Rolle. Alle anderen mussten draußen bleiben, aber er durfte als Einziger ganz nah ans Geschehen, wurde sogar eingeladen, näherzukommen.
    »Sei gegrüßt, Melle«, sagte er in Richtung des Wirts, der langsam näherkam.
    »Gert, was willst du denn hier?«, kam es gereizt zurück.
    Beschwingten Schrittes trat der Neuankömmling an den Toten heran und hockte sich sofort hin.
    »Würdet Ihr bitte hierherkommen? Dort habt Ihr nichts zu suchen!« Ludolf verabscheute diese aufgeplusterten Gockel, die herumliefen, als wüssten sie über alles Bescheid.
    Aber der Mann reagierte nicht.
    »Mein lieber Herr, wenn Ihr versucht, mich an der Nase herumzuführen, wird Euch die Wache liebend gern abführen.«
    Lässig stand der Mann auf und schlenderte zu Ludolf hinüber. »Keine Panik, junger Herr. Ich wollt ja nur mal schauen, ob der auch wirklich tot ist.«
    »Was wollt Ihr von mir? Ist Euch noch etwas eingefallen?«
    Der Mann kratzte sich am Kinn. »Nun ja, vielleicht.« Er zwinkerte mit dem Auge. »Es gibt da ’ne Möglichkeit, meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Na, wie wär’s?« Damit hielt er Ludolf seine hohle Hand hin.
    So einer war das also. Gestern Abend hatte er in seinem Suff vergessen, sich für seinen Hinweis eine Belohnung geben zu
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