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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort
Autoren: Beauman Ned
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Meile weit den Strand hinunter – haben Unterschriften gesammelt. Sie glaubten, die japanischen Piloten würden sich bei den unmittelbar bevorstehenden nächtlichen Luftangriffen an den Lichtern unseres Hauses orientieren. Am Ende haben wir das ganze Haus mit Birkenrinde tapeziert. Nicht ganz, was Gugelhupf sich gedacht hatte. Aber zur Hölle mit Gugelhupf. Wissen Sie, was der die meiste Zeit des Krieges über getrieben hat? Er hat sich einen Job beim Korps für Chemische Kriegführung besorgt und in der Wüste von New Mexico Berliner Mietshäuser nachgebaut, voller Bauhausmöbel-Kopien. Sie haben sie wieder und wieder in Schutt und Asche gelegt, um ihre Brandbomben zu optimieren.«
    Also war Germany City tatsächlich in Amerika errichtet worden, nur um Woche für Woche ausradiert zu werden wie in einer Marter aus der griechischen Mythologie. Ich fragte mich, ob Gugelhupf wohl die Straßen und Plätze nachgebaut hatte, die er am meisten vermisste, damit er sie noch einmal sehen konnte, bevor sie in der Feuerprobe ihr Ende fanden, oder ob er die Straßen und Plätze nachgebildet hatte, die er am wenigsten vermisste – wir alle haben auf unserer inneren Landkarte ein paar markiert, die wir für immer mit Ablehnung und Verzweiflung assoziieren –, und sie in Brand zu setzen war eine heimliche Rache gewesen? Und hatte man Heijenhoort und seine Kollegen für ihre harte Arbeit je mit einer Busreise durch die orange Wüste an den Ort dieses launischen Traums von Heimat belohnt? Mutton und ich haben noch ein paar gehoben – er erzählte mir, dass er jetzt Science-Fiction schreibt –, und dann bin ich meine Frau holen gegangen, die gerade aus der Badewanne kam und sich anzog, und wir sind alle gemeinsam bei einem Chinesen in der Nähe abendessen gegangen. Muttons Anwalt hatte ihm verboten, im Shoreham zu essen, falls die Kellner in Ihrem Auftrag mithörten.
    DER CHEFERMITTLER : Wir beschäftigen keine Kellner.
    DER VORSITZENDE : Aber Telefone abhören tun wir schon.
    DER CHEFERMITTLER : Und Woodkin hat die ganze Zeit für uns gearbeitet.
    MR LOESER : Wirklich?
    DER VORSITZENDE : Für das Protokoll der laufenden Anhörung: Ja, das stimmt.
    DER CHEFERMITTLER : Eine letzte Frage noch, Mr Loeser. Warum sind Sie immer so ein Riesen-Arschloch?
    MR LOESER : Wie bitte?
    DER CHEFERMITTLER : Glauben Sie, das hängt mit Ihren Eltern zusammen?
    MR LOESER : »Das hängt mit meinen Eltern zusammen.« – Mit solchen Einsichten sollten Sie Psychiater werden.
    DER CHEFERMITTLER : Sie denken offenbar nicht gern an sie und erzählen auch nicht sehr viel von ihnen.
    MR LOESER : Weil sie nämlich tot sind.
    DER CHEFERMITTLER : Ja. Der Teleportationsunfall.
    MR LOESER : Das war kein Teleportationsunfall. Bloß ein Verkehrsunfall.
    DER VORSITZENDE : Unfälle sind Anspielungen, genau wie Frauen. Sie wissen doch noch, was Nietzsche über die Französische Revolution gesagt hat, oder? »… bis der Text unter der Interpretation verschwand«. Das ist häufig der Fall.
    DER CHEFERMITTLER : Viele Menschen mussten sterben, damit Sie nach Amerika kommen konnten. Ihre Eltern und die vielen Millionen Juden. Ein ganz schöner Fortschritt nach Lavicinis zwei Dutzend.
    MR LOESER : Sie sagen das, als wären es Menschenopfer gewesen. Aber ich habe niemanden umgebracht, genauso wenig wie Lavicini (abgesehen von diesem einen Mädchen), und es gab da nicht die kleinste kausale Beziehung.
    DER CHEFERMITTLER : Das mag sein. Aber sie sind tot, und Ihnen war das offenbar so egal, als wären es Roboter zum Aufziehen.
    MR LOESER : Ach, werden Sie endlich erwachsen! Wir sind alle Roboter zum Aufziehen.
    DER VORSITZENDE : Mr Loeser, bitte vergessen Sie nicht, dass Sie in diesem Land nur zu Gast sind.
    DER CHEFERMITTLER : Haben Sie die Nürnberger Prozesse in der Zeitung verfolgt?
    MR LOESER : Nur, wenn es gar nicht anders ging. Darf ich jetzt bitte meine Erklärung verlesen?
    DER VORSITZENDE : Ja, Mr Loeser, Sie dürfen jetzt Ihre Erklärung verlesen.
    MR LOESER : Oh, Entschuldigung, ich …
    DER VORSITZENDE : Stimmt etwas nicht?
    MR LOESER : Ich verstehe nicht, was hier steht.
    DER VORSITZENDE : Sie haben es doch selbst geschrieben, oder nicht?
    MR LOESER : Ja, das habe ich auch gedacht, aber …
    DER VORSITZENDE : Was steht dort?
    MR LOESER : Da steht …
    DER VORSITZENDE : Ja?
    MR LOESER : Da steht: »Egon, aufwachen, sonst kommst du zu spät. Zieh dich an, ich rufe dir ein Taxi. Aufwachen, Egon. Hörst du? Aufwachen. Aufwachen.«

10
    BERLIN,
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