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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort
Autoren: Beauman Ned
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1962
    FITZGERALD-ERBEN: KUMMER DER EDLEN IST EINE FÄLSCHUNG
    Ein Anwalt der Erben von F. Scott Fitzgerald erklärte gestern, bei Der Kummer der Edlen, einem angeblich verschollenen Werk des verstorbenen Schriftstellers, handele es sich um eine plumpe Fälschung. In der Erklärung heißt es, in Mr Fitzgeralds Briefen und Tagebüchern finde sich kein Hinweis auf Der Kummer der Edlen , und seine Tochter, Mrs Frances Scott Fitzgerald Lanahan, könne sich nicht daran erinnern, den Titel schon einmal gehört zu haben. Dies steht im Widerspruch zu den Aussagen von Herbert Wolf Scramsfield, der sich selbst als einen früheren Freund Fitzgeralds bezeichnet und in der vergangenen Woche weltweit mit der Mitteilung Aufmerksamkeit erregt hat, er habe das Manuskript seit 1931 gehütet.
    Mr Scramsfield wies von seinem Wohnort Paris aus telefonisch jeden Betrugsverdacht entschieden zurück. »Es war wirklich so, Scott hat mir die Entscheidung überlassen, wann die Welt für dieses Buch bereit sei«, sagte Mr Scramsfield. »Deshalb war es so lange ein Geheimnis. Es schmeichelt mir natürlich, dass jemand glaubt, ich könnte so gut schreiben. Aber das ist lächerlich. Ich habe in meinem ganzen Leben kein Buch geschrieben, und schon gar kein Meisterwerk.«
    Recherchen dieser Zeitung haben jedoch ergeben, dass Mr Scramsfield zu einem früheren Zeitpunkt seiner Laufbahn sehr wohl ein Buch verfasst hat, einen Verführungsratgeber mit dem Titel Frauenzimmer! Und wie man sie flachlegt , der 1930 unter Pseudonym bei der Muscular Press in Los Angeles erschienen ist. Arnold Gingrich, Redakteur der Zeitschrift Esquire , erklärte gestern auf Nachfrage, es sei nicht länger geplant, Auszüge aus dem Manuskript zu veröf-
    »Rupert?«
    Rackenham blickte von der Zeitung auf. Da stand eine Frau ungefähr seines Alters, als hätte sie gerade eine antike Vase fallen lassen.
    »Ja, bitte?«, sagte er.
    »Erkennst du mich nicht?«
    Rackenham lächelte entschuldigend.
    »Du hast geschworen, dass du mir bis ans Ende aller Tage einen Platz in deinem Herzen bewahrst.«
    »Ach. Wirklich?«
    Die Frau brach in Tränen aus. Rackenham suchte in seinen Taschen nach einem sauberen Taschentuch und in seinem Gedächtnis nach einem Namen oder wenigstens einem Kontext. Er konnte nicht anders, er fand sie einfach aufdringlich. Zum Glück akzeptierte sie offenbar nach ein paar Minuten, dass er sie nicht auffordern würde, sich zu ihm zu setzen, aber sie ließ ihn trotzdem erst in Frieden, als er sich ihre Adresse aufgeschrieben und ihr einen langen Brief versprochen hatte. Auch ihr voller Name war ihm nichts als der zarte Hinweis auf ein Glöckchen, das bei ihm klingeln wollte, und so hatte Rackenham, wie das manchmal eben ist, erst eine leise Ahnung, als sie ging. An der Tür warf sie orpheisch einen Blick zurück an seinen Tisch, und dabei konnte man ihr am Gesicht ansehen, dass sie sich schon ihrer Schwäche wegen verfluchte, und dann wandte sie sich wieder ab und zwang sich zum Weitergehen, aber zu schnell, sodass sie mit einem fetten Mann zusammenstieß, der gerade hereinkam, und sich in ihrem schlechten Deutsch bei ihm entschuldigen musste. Der ganze traurige Vorgang versetzte ihn wieder ins Jahr 1932 oder 1934 oder wann immer es gewesen war, und endlich erinnerte er sich wieder an sie. Sie hatte ihn eines Nachts gebeten, sie nackt mit Schnürsenkeln an einen Wäscheständer zu binden, aber dieser war zusammengebrochen, und er hatte seiner Vermieterin einen neuen zahlen müssen.
    Es war noch ein paar Minuten zu früh für seinen Besuch, aber er fand, nachdem er so gestört worden war, könne er auch zahlen. Der Himmel über dem Kurfürstendamm war ein grauer Pflasterstein mit ein paar dunklen Wolken als schmutzigen Stiefelabdrücken; die Spatzen waren wie immer zwischen den Touristen auf Patrouille und suchten nach herrenlosen Schrippen. Am Astor-Kino bog er rechts ab, kam durch einen Durchgang auf einen Hinterhof, der sehr schön hätte sein können, wäre er nicht von einer riesigen Platane verdüstert worden, die offenbar den Ehrgeiz hatte, sich wie ein Gas in jeden Kubikzentimeter verfügbaren Raumes auszudehnen. Er suchte den Eingang, klingelte, und als der Summer ertönte, ging er nach oben.
    »Du wirst einfach nicht älter, Rackenham«, sagte Loeser, als er seinen Besucher hereinbat. »Und das ist nicht als Kompliment gemeint. Es hat etwas Unheimliches.«
    »Wohnst du allein hier?« Rackenham hätte nicht extra fragen müssen – die Eigenfrequenzen
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