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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort
Autoren: Beauman Ned
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abzufeuern, nur weil er auf dem Weg an die Oberfläche zum Luftholen an etwas angestoßen war. Zum Glück hatte Mordechai im Fallen sein Ruder losgelassen, sonst wäre er vielleicht dumm genug gewesen, es als Waffe einzusetzen. Er hielt so still, wie er konnte, ohne tiefer zu sinken, und gerade als das Knirschen seiner leeren Lungen unerträglich wurde, verschwand der Aal im trüben Wasser, und seine lange Analflosse kräuselte sich wie ein zu einer niedlichen Membran geronnener Schatten. Mordechais gestrickte Schädelkappe wirbelte in ihrem Sog herum und war dann auch verschwunden. Seit er den Halbfisch gesehen hatte, war Mordechai kein Wesen mehr begegnet, das dem Dagon Ry ū jin so offensichtlich verpflichtet war wie dieser lange Verdauungstrakt mit Augen.
    Er ließ sich würgend und keuchend an der Oberfläche treiben, bis er Kraft genug gesammelt hatte, das gestohlene Boot umzudrehen. Der Rumpf war leckgeschlagen, das Ruder war weg, und er hatte sich beim Klettern über die Bordwand den Ellbogen böse aufgeschrammt. Aber die Tempel waren ganz nah. Er verfluchte sich dafür, dass er sich ein so kümmerliches Gefährt ausgesucht hatte, verfluchte den Gondoliere dafür, dass er so pingelig gewesen war, verfluchte die Sonne dafür, dass sie so feist war, und fing an zu paddeln.
    Und da sah er sie. Die einsame Gestalt, die auf dem Dach des nächsten Tempels zu seiner Rechten stand wie ein Volksredner auf der Seifenkiste. Ein Tier, das schon seit mehr als acht mal acht mal acht Generationen nicht mehr auf Gottes Erdboden gewandelt war.
    Ein Affe.
    Mordechai paddelte jetzt, so schnell er konnte, jeder Spritzer der Lauge brannte ihm am Ellbogen. Im Näherkommen konnte er den Affen genauer erkennen. Das Gesicht war kahl, rosa, ohne Schnauze, nur oben auf dem Kopf hatte er schütteren grauen Pelz, und wie ein troodonischer Kantor trug er ein Gewand aus Stoff, das fast seinen ganzen Körper bedeckte. Der Stoff sah durchnässt aus, aber bei Ebbe reichte das Wasser nicht bis ans Dach, also musste der Affe von weiter unten im Tempel hinaufgeklettert sein. Und anstelle eines linken Auges hatte der Affe ein Loch aus rohem Fleisch – auch wenn Mordechai nicht wusste, ob es sich dabei um eine Wunde handelte oder um eine Eigenheit dieser Spezies, ein zusätzliches Sinnesorgan oder eine ergänzende Körperöffnung.
    Der Affe bellte laut, und natürlich ergab dieser Lärm für Mordechai keinen Sinn. Aber als der Bug seines Bootes an die rissige und muschelbesetzte Tempelwand schlug, war er nahe genug, um zu hören, was im Kopf des vorzeitlichen Säugetiers vor sich ging.
    »Ich weiß nicht, wo ich bin«, dachte der Affe. »Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich weiß nicht, wo ich bin.«
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