Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0432 - Sein Todfeind war ein flottes Girl

0432 - Sein Todfeind war ein flottes Girl

Titel: 0432 - Sein Todfeind war ein flottes Girl
Autoren:
Vom Netzwerk:
Als ich sie sah, war mein erster Gedanke: Kein Wunder, daß ihr der Mann weggelaufen ist! Sie war von knochiger Häßlichkeit. Hinter den dicken Brillengläsern wirkten ihre Augen scharf und mißtrauisch. Zu allem Überfluß hatte sie auf dem Kinn eine behaarte Warze.
    »Sie kommen wegen Bill?« fragte sie und zog die Luft durch die Nase.
    Ich nickte und zeigte ihr den FBI-Ausweis. Sie beschnüffelte ihn, als hielte ich eine Stinkbombe zwischen den Fingern. »Treten Sie ein«, sagte sie dann und gab den Weg ins Wohnzimmer frei. »Säubern Sie Ihre Schuhe, bitte.«
    Ich tat ihr den Gefallen. Auf der Fußmatte stand in riesigen Lettern WELCOME, aber weder die Frau noch die Wohnung sahen sehr einladend aus. Nun, schließlich war ich nicht zu meinem Vergnügen hier. Das Wohnzimmer war untadelig sauber. Es war die klinische Sauberkeit eines Operationssaales, bürgerliche Muffigkeit, tiefgekühlt.
    Ich schaute mich um und wußte Bescheid. Hier durfte ein Mann nach Feierabend weder die Füße hochlegen noch eine Kippe im Ascher lassen. Hier herrschte Ordnung. Noch ein Grund mehr für Bill Reading, auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden, dachte ich, aber dann schob ich den Gedanken rasch beiseite. Schließlich hatte Reading fast ein Vierteljahrhundert an der Seite dieser Frau gelebt. Es war nicht einzusehen, weshalb er ausgerechnet im sechsundfünfzigsten Lebensjahr eine unwiderstehliche Sehnsucht nach Freiheit verspürt haben sollte.
    »Setzen Sie sich, bitte«, sagte sie und nahm auf einem hochlehnigen Stuhl am Tisch Platz, kerzengerade und auf der vordersten Kante, als ginge es darum, das Sitzmöbel zu schonen. Ich ließ mich ihr gegenüber nieder und versuchte den penetranten Geruch von Bohnerwachs zu ignorieren, der den Raum erfüllte.
    Mrs. Reading blinzelte mich sauer an. Sie schien genau zu wissen, wie sie auf Männer wirkte. Das veranlaßte sie offenbar, mir mit'.eisiger Kühle zu begegnen. Ich legte mein Notizbuch und einen Kugelschreiber auf den Tisch. »Fangen wir an«, sagte ich.
    »Wissen Sie nicht schon alles?« fragte sie. »Bill ist vorgestern früh zur gewohnten Zeit weggegangen. Abends kehrte er nicht zurück. Er kam überhaupt nicht wieder! Ich rief am folgenden Morgen seine Dienststelle an und erfuhr, daß er nicht im Office gewesen war. Bill hat weder seinen Chef noch mich verständigt. Er ist einfach verschwunden. Wir tappen völlig im Dunkeln!«
    »Haben Sie dann die Polizei benachrichtigt?«
    »Nein — das hat Mr. Gerrit erledigt.«
    Ich nickte. Gerrit war Readings Chef. Er hatte sich direkt an uns gewandt — aus Gründen, die mit Readings wichtiger Stellung zusammenhingen.
    In New York verschwinden täglich tausend Männer — sie gehen morgens weg, ohne äußere Anzeichen von Erregung, mit dem Lunch in der Blechbox, und kehren nicht zurück. Sie werden in einer Vermißtenkartei erfaßt, ohne daß die City Police deshalb in große Aufregung gerät. Manche der Männer tauchen nach wenigen Tagen reumütig wieder auf, andere melden sich Wochen später brieflich aus Südamerika oder Europa, und einige wenige entdeckt man als Opfer eines Verbrechens.
    Bill Reading war Lithograph. Er arbeitete für eine staatliche Behörde und galt als der tüchtigste Mann seines Fachs. Er hatte die Platten für eine Reihe von Kriegs- und Staatsanleihen hergestellt, außerdem fertigte er neue Druckstöcke für die Banknotenproduktion an.
    »Ich brauche Ihnen nicht zu erklären, was das bedeutet«, hatte Mr. High, mein Chef, zu mir gesagt. »Natürlich ist es denkbar, daß sich hinter Readings Verschwinden ganz private und mehr oder weniger harmlose Gründe verbergen Es ist aber ebensogut möglich, daß er entführt wurde. Was ist, wenn eine Fäjscherbande auf die Idee gekommen sein sollte, den besten Mann, den sie bekommen kann, für sich arbeiten zu lassen? Reading bliebe nichts anderes übrig, als sich dem brutalen Zwang einer Gangsterbande zu beugen und genau das herzustellen, was man von ihm fordert.«
    Ich blickte die Frau an. »Benutzte Ihr Mann zur Fahrt ins Büro einen Wagen?« fragte ich.
    »Nein, er fuhr mit der U-Bahn.«
    »Immer mit dem gleichen Zug?«
    »Ja. Bill ging an jedem Morgen zwanzig Minuten vor acht Uhr aus dem Haus. Die Station ist nur zwei Minuten von hier entfernt.«
    »Auf dem Wege dorthin traf er also stets die gleichen Leute, genau wie im Zug.«
    »Das ist anzunehmen.«
    »Gibt es Kollegen oder Bekannte, mit denen er auf der Fahrt zur Arbeit ins Gespräch kam?«
    »Ja — ein Mann namens
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher