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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht
Autoren: Val McDermid
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gründlich untersucht werden sollen. Chief Constable Sam Haig teilte mit, dass auf Grund neuer Arbeitsweisen der Gerichtsmedizin lange ruhende Fälle mit einiger Hoffnung auf Erfolg jetzt wieder aufgenommen werden könnten. Alte Beweisstücke, die Jahrzehnte in den Archiven der Polizei schlummerten, würden jetzt nach modernen Methoden wie z. B.
    der DNA-Analyse noch einmal untersucht, um zu sehen, ob man zu neuen Ergebnissen kommt. Assistant Chief Constable James Lawson, der stellvertretende Chef der Kriminalpolizei, wird die Ermittlungen leiten. Er sagte dem Courier: »Mordfälle sind nie abgeschlossen. Wir schulden es den Opfern und ihren Familien, die Arbeit fortzusetzen.
    Es ist vorgekommen, dass damals eine Person unter starkem Verdacht stand, wir aber nicht genug Beweismaterial hatten, um sie definitiv zu belasten. Aber mit den neuesten Methoden der Gerichtsmedizin könnte ein einziges Haar, ein Blutfleck oder ein Tropfen Sperma genügen, um eine Verurteilung zu erreichen. Es hat in England in letzter Zeit mehrere Beispiele dafür gegeben, dass Fälle nach zwanzig oder mehr Jahren noch mit Erfolg zu Ende gebracht wurden.
    Eine Gruppe erfahrener Ermittler wird die Aufklärung dieser Fälle zu ihrer vorrangigen Aufgabe machen.«
    ACC Lawson wollte nicht bekannt geben, welche Fälle ganz oben auf der Liste stehen.
    Aber bestimmt dürfte der tragische Tod eines hiesigen jungen Mädchens, Rosie Duff, dazugehören. Die Neunzehnjährige aus Strathkinness wurde vor fast 25 Jahren vergewaltigt, erstochen und tödlich verletzt liegen gelassen. Kein Verdächtiger wurde jemals wegen ihrer brutalen Ermordung verhaftet. Ihr Bruder Brian, 46, der mit seiner Familie noch in Caberfeidh Cottage lebt und in der Papierfabrik von Guardbridge arbeitet, sagte gestern Abend: »Wir haben die Hoffnung, dass Rosies Mörder eines Tages seine gerechte Strafe bekommen wird, nie aufgegeben. Es gab damals Verdächtige, aber die Polizei konnte nicht genug Beweise finden, um sie zu überführen. Es ist traurig, dass meine Eltern gestorben sind, ohne zu wissen, wer diese schreckliche Tat an Rosie verübt hat. Aber vielleicht bekommen wir jetzt die Antwort, die sie damals verdient gehabt hätten.«
     
    Er konnte den Artikel auswendig und betrachtete ihn trotzdem immer wieder gern. Es war ein Talisman, der ihn daran erinnerte, dass sein Leben jetzt ein Ziel hatte. So lange hatte er nach jemandem gesucht, dem er die Schuld geben konnte, und kaum noch auf Vergeltung zu hoffen gewagt. Aber endlich konnte er vielleicht tatsächlich Rache nehmen.
     
    TEIL I
     
    1
    1978, St. Andrews, Schottland
    Es war vier Uhr morgens, mitten im Dezember. Vier verschwommene Schatten schwankten im Schneesturm, den der Nordostwind nach Lust und Laune vom Ural her über die Nordsee trieb. Stolpernd folgten die acht Füße der jungen Männer, die sich selbst die »Laddies fi’ Kirkcaldy« nannten, dem ihnen vertrauten Pfad. Sie hatten die Abkürzung über Hallow Hill gewählt, um zum Fife Park zu kommen, dem modernsten der zur Universität St. Andrews gehörenden Wohnheime, wo ihre permanent ungemachten Betten mit zerwühlten Laken und auf den Boden hängenden Decken auf sie warteten.
    Das Gespräch ging um Dinge, die ihnen genauso vertraut waren wie der Weg. »Ich sag dir, Bowie ist der King«, nuschelte Sigmund Malkiewicz laut, und sein sonst meist unbewegtes Gesicht war nach den vielen Drinks entspannter. Ein paar Schritte hinter ihm zerrte Alex Gilbey die Kapuze seines Parkas enger ums Gesicht und kicherte in sich hinein, denn im Stillen kannte er die Antwort schon genau.
    »Quatsch«, sagte David Kerr. »Bowie ist doch eine Flasche.
    Pink Floyd, die können Bowie jederzeit zeigen, wo’s langgeht.
    Dark Side of the Moon, das ist Spitzenklasse. Bowie hat nichts fertig gekriegt, was da rankommt.« Seine langen dunklen, von den schmelzenden Schneeflocken feuchten Locken hingen schwer herunter, und er strich sie sich ungeduldig aus dem Gesicht, das so traurig wie das eines verlassenen Kindes aussah.
    Und wieder legten sie los. Wie Hexenmeister, die sich mit Zaubersprüchen bekriegen, warfen Sigmund und Davey einander Songtitel, Textzeilen und Fetzen von Melodien in einem Streitritual zu, das sich schon über die letzten sechs oder sieben Jahre erstreckte. Es war ihnen egal, dass die Musik, bei der heute die Fenster ihrer Studentenbuden klirrten, eher von The Clash, The Jam oder The Skids kam. Selbst ihre Spitznamen zeugten noch von ihrer früheren Leidenschaft. Vom
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