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Ebbe und Glut

Ebbe und Glut

Titel: Ebbe und Glut
Autoren: Katharina Burkhardt
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auf die Wange zog. Eine Narbe. Ganz so makellos war dieser Arthur also doch nicht.
    »Egal, wie Sie sich entscheiden, Verschwiegenheit ist mir sehr wichtig. Wenn Sie jetzt aufstehen und gehen, kann ich das verstehen. Sie werden garantiert nie wieder von mir hören. Wenn Sie aber heute oder in den nächsten Tagen zu mir in die Wohnung kommen, bitte ich Sie um absolute Diskretion. Ich erwarte, dass Sie mit niemandem über das sprechen, was zwischen uns passiert. Umgekehrt können Sie sicher sein, dass Ihnen nichts geschehen wird. Ich verlange nichts, was Sie mir nicht freiwillig geben wollen.« Arthur musterte Mia eindringlich, bis sie vor Verlegenheit die Augen niederschlug. »Was denken Sie?«
    Mia war verwirrt. Arthur schien nicht eine Sekunde lang infrage zu stellen, dass sie die Richtige war, um diesen Job auszuüben. Er vertraute ihr gerade ohne zu zögern sein bestes Stück an. Wie absurd. Am liebsten hätte Mia gerufen, Arthur solle nach Hause gehen, er solle weiter in seinen Aufsichtsräten herumsitzen und mit Millionen jonglieren, statt sich mit ihr, einer arbeitslosen Werbetexterin einzulassen. Sie wollte sagen, dass sie sich überfordert fühlte, dass sie Angst vor Arthur und seiner Eleganz hatte, Angst, ihm nicht gut genug zu sein, Angst, sich vor ihm zu blamieren.
    »Können Sie sich das denn mit mir vorstellen?«, fragte sie unsicher.
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über Arthurs Gesicht, ohne seine Augen zu erreichen. »Natürlich kann ich das. Sie sind eine attraktive Frau.« Mia freute sich schon über das Kompliment, als er hinzufügte: »Außerdem bin ich nicht sehr anspruchsvoll, ich habe schließlich keine große Wahl.«
    Mias Freude schlug augenblicklich in Ärger um. Was für ein unverschämter Kerl! Glaubte der, er könne sich alles erlauben, bloß weil er Geld hatte?
    Der Februarwind blies von der Elbe herauf. Mia zog fröstelnd die Schultern hoch. Sie zögerte. Arthurs herablassende Bemerkung ärgerte sie. Andererseits war sie jetzt schon so weit gegangen. War es nicht albern, in letzter Sekunde zu kneifen? Noch dazu bei einem so gut aussehenden Mann?
    »Also gut«, sagte sie entschieden, »wir probieren es mal. Aber ich gehe sofort, wenn ich mich unwohl fühle. Und ich will sechzig Euro für jedes Kommen haben.« Der Doppeldeutigkeit ihres letzten Satzes wurde sie sich erst bewusst, als sie ihn bereits ausgesprochen hatte.
    Arthur runzelte die Stirn. »Wie lange werden Sie wohl alles in allem für Ihren Job brauchen? Zehn Minuten? Eine Viertelstunde? Das macht bei fünfzig Euro also mindestens zweihundert pro Stunde. Finden Sie nicht, dass das schon ein ganz guter Satz ist?«
    »Außergewöhnliche Jobs sollte man auch außergewöhnlich bezahlen«, entgegnete Mia. Die Sache fing an, ihr Spaß zu machen.
    »Einverstanden.« Arthur streckte ihr die Hand entgegen. »Sechzig Euro, keine Fragen und absolute Diskretion.«
    Sie besiegelten ihren Vertrag mit einem festen Händedruck.
    Mia stand auf. »Wollen Sie, dass ich sofort mit der, äh, Arbeit anfange, oder soll ich in den nächsten Tagen wiederkommen?«
    Arthur erhob sich ebenfalls. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne sofort beginnen. Dann sehen wir gleich, ob es auch funktioniert.«
    Mia nickte zustimmend. Die Spannung in ihr wuchs ins Unerträgliche. Sie hatte Ewigkeiten keinen Sex mehr gehabt. Und es war Lichtjahre her, seit sie das letzte Mal Sex mit einem fremden Mann gehabt hatte. Seit damals hatte sich ihr Körper deutlich verändert, und zwar keineswegs zu ihrem Vorteil. Würde sie Arthurs Ansprüchen genügen? Was würde er zu den Speckröllchen auf ihren Hüften sagen? Zu der Orangenhaut an ihren schlaffen Oberschenkeln und den Falten auf ihrem Dekolleté? Nicht, dass sie wirklich dick war, im Gegenteil. Doch in der letzten Zeit hatte ihr Körper eine beunruhigende Tendenz entwickelt, breit und schlaff zu werden. Sie fühlte sich unbehaglich, als sie sich schweigend von Arthur in eins der Häuser führen ließ, die wie Bauklötze am Kai standen.
    Sie fuhren mit dem Aufzug in den vierten Stock hinauf. Natürlich wohnte Arthur in der obersten Etage, das war nicht anders zu erwarten gewesen. Seine Wohnung war ein Traum aus lichtdurchfluteten Räumen auf drei Ebenen. Die sparsame Möblierung mit Antiquitäten und Designermöbeln unterstrich den luftigen Charakter der Wohnung. Jedes Teil hatte genau den richtigen Platz, jedes Bild war mit Bedacht ausgewählt worden und harmonierte perfekt mit seiner Umgebung. Persönliche
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